Altenheime als Zeitbomben in Corona-Krise

Immer mehr Infizierte und Tote

Die Hiobsbotschaften häufen sich. In immer mehr Altenheimen in Deutschland gibt es Corona-Infektionen und Tote. Die Pflegeverbände warnen vor einem Flächenbrand. 

Autor/in:
Von Christoph Arens
Eine Frau in einem Caritas-Altenzentrum in Köln  / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Frau in einem Caritas-Altenzentrum in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )

Experten warnen vor einen Flächenbrand. Die rasante Ausbreitung des Corona-Virus bringt immer mehr Menschen in deutschen Pflege- und Altenheimen in Lebensgefahr. 12 Tote in einem Wolfsburger, 12 Tote in einem Würzburger Pflegeheim, mehr als 20 Infizierte in einer Seniorenresidenz im ostthüringischen Triptis.

Hiobsbotschaften aus Altenheimen

Auch in anderen Einrichtungen steigt die Zahl der Ansteckungen - bei Bewohnern und Pflegekräften. Auch die Hiobsbotschaften über zahlreiche Tote in italienischen und spanischen Heimen bestätigen die bedrohliche Situation. 

Die Heime als Zeitbomben: Seit Wochen warnen Patientenschützer und Pflegeverbände, dass die Politik sich zwar intensiv um Krankenhäuser und Medizin kümmere, die besonders gefährdeten alten und pflegebedürftigen Menschen in Heimen und häuslicher Pflege und ihre 600.000 Pflegekräfte aber allein lasse. Allein in den 11.700 vollstationären Pflegeheimen werden über 800.000 Pflegebedürftige betreut. 

Schutzausstattung fehlt

"Dort, wo potenzielle Krankenhausfälle verhindert werden können - in der ambulanten und stationären Langzeitpflege - lässt man die Pflegenden allein und ohne ausreichende Schutzausstattung", kritisierte etwa der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) in der vergangenen Woche. "Der Schwerpunkt des Nachschubs für Schutzausrüstung lag offenbar bisher bei den Krankenhäusern und Arztpraxen."

Gefährliche Orte: Pflegeheime

Ein Teil der Schwierigkeiten, die jetzt aller Voraussicht nach auf das Gesundheitswesen zukämen, sei hausgemacht und von den Entscheidungsträgern zu verantworten. "Die Nachrichten von infizierten Pflegebedürftigen und Pflegekräften sowie von Verstorbenen sind bedrückend", sagte auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Es fehle an Atemschutzmasken, Desinfektionsmittel und Schutzkleidung. "Doch nichts geschieht, um diese Misere schnell zu beseitigen." Insofern seien Pflegeheime derzeit "ein hochgefährlicher Ort" für Mitarbeiter und Bewohner. 

Brysch forderte von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), zusammen mit dem Robert-Koch-Institut Schutzpläne für Alten- und Pflegeheime zu verabschieden. Wenn es in der Pflege zu einem Flächenbrand komme, könne auch die Intensivmedizin die vielen betroffenen Menschen nicht mehr retten. 

Mehr Tests gefordert

Wichtig sind aus Sicht der Patientenschützer auch vermehrte Tests. Beim Auftreten von grippeähnlichen Symptomen eines Bewohners oder einer Pflegekraft müssten sofort alle im Heim getestet werden. Wird das Corona-Virus nachgewiesen, müsse das Gesundheitsamt mit der Heimaufsicht das medizinische Management übernehmen. Notwendig sei eine Taskforce aus Krankenhausärzten und niedergelassenen Medizinern vor Ort. "Es kann nicht sein, dass in einer solchen Situation jeder Pflegebedürftige von seinem eigenen Hausarzt betreut wird. Da ist Chaos programmiert", erklärte Brysch. 

Hilfspaket für Pflegesektor

Dass die Politik den Pflegesektor zumindest im Blick hat, zeigt das vergangene Woche von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Corona-Hilfspaket. Danach soll die Pflegeversicherung etwa den zusätzlichen Aufwand der Pflegeheime durch die Isolierung von Menschen, das Einrichten von Schleusen und für mehr Desinfektionen zu 100 Prozent übernehmen. Dies gilt etwa auch für zusätzliche Personalkosten, wenn bei einem Pflegedienst mehrere Mitarbeiter an Corona erkranken und der Normalbetrieb nicht aufrechtzuerhalten ist. 

Fraglich bleibt aber, ob etwa Pflegeheime überhaupt über Räume verfügen, um Erkrankte zu isolieren, ob sie Schutzkleidung erhalten und ob sie Arbeitskräfte finden, die erkranktes Personal ersetzen können. Die Märkte sind leergefegt. 

Pflegekräfte auf Honorarbasis

Die Bundespflegekammer forderte deshalb, dass auch freiberufliche Pflegekräfte auf Honorarbasis in Heimen und Pflegediensten eingesetzt werden können. Es gebe im Moment viele Selbstständige, die Seminare geben und denen die Aufträge wegbrechen, hieß es. Auch Pflegende, die in einem anderen Beruf arbeiten und die gerade in Kurzarbeit geschickt wurden, würden dringend im Gesundheitswesen gebraucht.


Quelle:
KNA
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