Kirchenvertreter kritisieren Rekrutierung von Minderjährigen

Junge Deutsche an den Waffen

Soldaten unter 18: In der Bundeswehr wurden 2017 mehr als 2.000 Minderjährige an der Waffe ausgebildet. Kirchenvertreter und Linke kritisieren diese Praxis - und erinnern daran, dass der Einsatz von Kindersoldaten international geächtet ist.

Soldatin in der Bundeswehr / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Soldatin in der Bundeswehr / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

In der Bundeswehr wächst die Zahl der Soldaten unter 18. Wie aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Linken hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, waren im vergangenen Jahr 2.128 Soldaten bei Dienstantritt noch nicht volljährig, darunter 448 junge Frauen. Die Bundeswehr bildete damit so viele Minderjährige an der Waffe aus wie nie zuvor.

Seit Aussetzen der Wehrpflicht ist diese Zahl laut Bundesregierung kontinuierlich gestiegen: Im Jahr 2011 waren 689 Soldaten unter 18, 2016 gab es in den Reihen der Bundeswehr 1.907 Minderjährige. Auch nach dem Absolvieren ihrer sechsmonatigen Probezeit waren demnach im vergangenen Jahr 90 Soldatinnen und Soldaten noch nicht volljährig.

Kritik von Kirchenvertretern

Die Linke und Kirchenvertreter kritisierten diese Entwicklung. Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink sagte dem epd, die Ausbildung Jugendlicher zu Soldaten sei brisant, weil es die Idee der Parlamentsarmee zumindest infrage stelle, wenn Menschen ohne Wahlrecht Soldaten würden. Er betonte: "Kindersoldaten darf es bei der Bundeswehr nicht geben." Eine sinnvolle Alternative könne sein, Schulabgänger in ein Soziales Jahr zu schicken.

Der Vorsitzende der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), Christoph Münchow, nannte die Entwicklung "erschreckend". "Es grenzt schon an Doppelmoral, wenn in Deutschland gegen den Einsatz von Kindersoldaten in Afrika oder Asien protestiert wird, aber die Bundeswehr gleichzeitig Minderjährige als Soldaten rekrutiert", sagte er dem epd.

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), äußerte im Radioprogramm SWR Aktuell Verständnis dafür, dass die Bundeswehr Jugendliche nicht verlieren wolle, "wenn sie sich nach der Schule bewerben und eben noch nicht 18 sind". Allerdings betonte er zugleich: "Das muss die Ausnahme bleiben."

Die Linken-Abgeordnete Evrim Sommer warf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor, keine Skrupel zu haben, die Nachwuchsgewinnung immer weiter vorzuverlegen. Solange Deutschland selbst Minderjährige für militärische Zwecke rekrutiere, könne es andere Staaten dafür nicht glaubwürdig kritisieren. "Die Bundesregierung gefährdet damit ihre eigenen Bemühungen zur internationalen Ächtung des Einsatzes von Kindersoldaten", erklärte Sommer.

UN-Kinderrechtskonvention

In der UN-Kinderrechtskonvention heißt es in Artikel 38 zwar: "Vertragsstaaten nehmen davon Abstand, Personen, die das fünfzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zu ihren Streitkräften einzuziehen." Allerdings heißt es in einem etwas vager formulierten Zusatzprotokoll, dass das Mindestalter auch für die freiwillige Rekrutierung weiter angehoben werden solle, da Personen unter 18 ein spezieller Schutz zustehe.

Darüber hinaus wird der Begriff Kindersoldaten in den sogenannten Pariser Prinzipien, zu denen sich neben Deutschland mehr als 100 Länder bekennen, folgendermaßen definiert: Es handele sich dabei um Kinder, die Streitkräften und bewaffneten Gruppen angeschlossen sind - somit jede Person unter 18, die in irgendeiner Art in einer Streitkraft oder bewaffneten Gruppe tätig ist, sei es als Kämpfer oder auch als Koch, Träger, Bote, Spion oder für sexuelle Zwecke.

Das Verteidigungsministerium hebt in der Antwort auf die Linken-Anfrage die Freiwilligkeit bei der Ausbildung der Jugendlichen hervor und erklärt, dass alle minderjährigen Soldatinnen und Soldaten innerhalb der sechsmonatigen Probezeit ihren Dienst jederzeit und ohne Angaben von Gründen widerrufen können.

Eine Ministeriumssprecherin wies zudem darauf hin, dass die Mehrheit der Schulabgänger nicht volljährig sei. Geeignete Bewerber würden zudem frühestens mit 17 Jahren und dann nur mit Zustimmung der Sorgeberechtigten eingestellt. Bis zu ihrer Volljährigkeit unterlägen sie einem besonderen Schutz und würden zum Beispiel nicht zu Wachdiensten oder Auslandseinsätzen herangezogen.


Quelle:
epd