Wie der Bordpfarrer auf dem ZDF-Traumschiff Komparse wird

Plauderei mit Silbereisen und eine Kussszene

Volker Keller ist Pastor der Bremischen Evangelischen Kirche. Er war einige Wochen als Bordpfarrer auf dem Traumschiff des ZDF. Dabei hat er nicht nur mit Harald Schmidt und Florian Silbereisen geplaudert. Schließlich wurde er gar Komparse.

Touristen auf einer Kreuzfahrt / © Welcomia (shutterstock)
Touristen auf einer Kreuzfahrt / © Welcomia ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie sind in Miami an Bord der MS Amadea gegangen. Dabei sind Sie zusammen mit Harald Schmidt die Gangway hinauf. Gab es da Kontakt? Unterhält man sich oder geht jeder seiner Wege?

Volker Keller (Pastor der Bremischen Evangelischen Kirche): Der erste Kontakt war eher kurz. "Tach auch" oder so ähnlich. Aber wir haben uns dann drei Wochen lang gut kennengelernt. Er war sehr zugänglich, sehr offen und ich konnte ihn auch für die Mitwirkung an einem Gottesdienst gewinnen. Ich hatte immer meinen Spaß mit ihm und habe von ihm viel gelernt - seine Spontanität zum Beispiel.

DOMRADIO.DE: Das heißt, man kam wirklich ganz nah an die Schauspieler ran? Sind die nicht irgendwie abgetrennt von den normalen Passagieren?

Keller: Nein, das war das Schöne. Die Crew war drei Wochen an Bord und mischte sich unter die Passagiere. Sie besuchten abends auch die Show und saßen im Restaurant mit anderen Leuten zusammen. Man konnte sie ansprechen. Barbara Wussow zum Beispiel war nie verlegen, Antworten zu geben oder mit den Passagieren ins Gespräch zu kommen. Ich hatte den Eindruck, Florian Silbereisen war da etwas reservierter und hat sich ein bisschen mehr zurückgehalten. Aber Harald Schmidt - also erste Klasse - wie nah der den Menschen kommt.

DOMRADIO.DE: Florian Silbereisen hat ordentlich Gegenwind und Kritik dafür bekommen, dass er Kapitän des Traumschiffs geworden ist. Wie war das denn unter den Reisenden? Wurde das auch angesprochen oder war das gar kein Thema?

Keller: Da muss ich ehrlich sagen, dass die Passagiere mehrheitlich der Meinung sind, dass er nicht die richtige Besetzung sei. Dieser Art haben sich vor allem Leute etwas höheren Alters geäußert. Ich glaube, er hat diese Rolle bekommen, um die Jungen anzusprechen. Die Älteren sagen eher, dass ein Kapitän ein würdiger, weiser Mann sein müsse und kein junger Party-Typ mit tätowierten Armen.

Ich glaube, er hat seine Rolle aber ganz gut angenommen. An Bord habe ich einen Gottesdienst mit dem echten Kapitän gefeiert. Zu Herrn Silbereisen habe ich bei einem Treffen danach gesagt, dass gerade der Kapitän bei mir im Gottesdienst war und das Schiff dabei aber ganz schön schwankte. Wir hätten bei dem Gespräch kaum stehen können. Darauf erwiderte er: "Ja, ich war auch nicht auf der Brücke. Wenn beide Kapitäne nicht auf der Brücke sind, dann klappt das eben nicht." Er hat schon die Rolle verinnerlicht, hatte ich den Eindruck.

DOMRADIO.DE: Aber Florian Silbereisen hat jetzt nicht selber Kontakt zu Ihnen gesucht, weil er ein bisschen traurig war, dass er nicht ernst genommen wurde?

Keller: Ich hatte überhaupt nicht den Eindruck, dass er traurig war. Ich hatte vor der Abfahrt sein Titelfoto auf einer Illustrierten mit der Überschrift gesehen: "Er ist so traurig wegen seiner Trennung." Also den Eindruck hat ich an Bord überhaupt nie. Er hat sich sehr wohl gefühlt und hat sich in die neue Situation eingefunden. Die ist ja speziell. Die Crew ist lange an Bord - immer zusammen auf engstem Raum. Da kann keiner ausweichen. Das liegt nicht jedem. Ob es ihm liegt? Ich hatte den Eindruck: Ja. Der Produzent sagte mir auch, er nimmt eigentlich nur Leute mit, die mit dieser speziellen Situation zurechtkommen. Andere, die Störenfriede wären, lässt er gleich zu Hause.

DOMRADIO.DE: Sie selber waren nicht nur Seelsorger an Bord. Sie waren auch Komparse und haben beim Film richtig mitgespielt.

Keller: Das war natürlich eine tolle Gelegenheit, mal zu sehen, wie so ein Film entsteht. Jetzt weiß ich das. Und jetzt weiß ich, dass zwei Minuten im Fernsehen zwei Stunden geprobt werden. Wir Komparsen saßen bei einem Dinner auf dem Deck. Es war ziemlich kalt. Das ist ja der Kolumbien-Film, der in Nordamerika gedreht wurde. Da herrschten kalte Temperaturen. Wir mussten zwei Stunden ausharren. Hinter uns spielte die Szene. Und mancher von uns fragte schon: Wie lange geht das denn hier noch? Die Schauspieler hatten enorm die Ruhe weg. Die kannten das, dass sie zwei Stunden für zwei Minuten im Fernsehen brauchen. So läuft das.

DOMRADIO.DE: Das Traumschiff im Fernsehen lebt von den menschlichen Geschichten, von den Sehnsüchten, Enttäuschungen, die während der Reise passieren. War das denn für Sie im realen Leben an Bord auch so? Wurden sie Zeuge von echten Geschichten oder wurden Sie sogar als Seelsorger eingeweiht?

Keller: Die echten Geschichten gibt es immer. Es gibt viel Glück. Es gibt viel Trauer. Zum Beispiel, wenn eine Witwe mich anspricht und sagt: Das ist jetzt meine erste Kreuzfahrt alleine. Und ich frage: Warum betonen Sie das alleine so? "Ja, weil ich bisher immer mit meinem Mann unterwegs war und er jetzt tot ist." Das ist natürlich auch eine Geschichte, die das Leben schreibt - eine schwierige Geschichte. Denn damit muss sie erst mal fertig werden. Aber sie will eben nicht aus dem Leben aussteigen, sondern will weiterleben und will damit irgendwie zurechtkommen.

Glückliche Geschichten gibt es, wenn Weltreisende berichten, die fünf Monate an Bord waren, was sie alles gesehen haben und dass sie übervoll mit Eindrücken waren. Und wie lange sie sich Zeit nehmen, diese Eindrücke alle zu ordnen: von New York und von Rio de Janeiro und von Grönland und wo sie überall waren. Das war wirklich ein Höhepunkt ihres Lebens.

DOMRADIO.DE: Sie sind häufigerr als Bordseelsorger auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Ist es auf dem Traumschiff etwas Besonderes?

Keller: Die Amadea ist ein sehr schönes Schiff. Es geht da sehr persönlich zu. Die Reederei hat auch den Anspruch, dass es sehr familiär sein soll. Deswegen sind auch immer Pfarrer mit an Bord, um mit den Gästen ins Gespräch zu kommen und als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen.

Die Crew dabeizuhaben, Kontakt zu Harald Schmidt und Barbara Wussow aufzunehmen, war etwas ganz Besonderes. Und natürlich die Komparsen-Rolle.

Die Route war auch schön. Wir sind in Miami eingestiegen und dann die nordamerikanische Küste bis Kanada hochgefahren. Da wurde es dann eiskalt. Denn wir waren vier Tage auf dem Atlantik; vier Tage bei Windstärke acht bis zehn. Zur Erklärung: zehn ist zwei unter Orkan. Die Schauspielerin Nele Kiper sollte in einer Spielszene ihren Kollegen küssen. Es klappte nicht, weil sie immer wieder aus dem Bild fiel. Sie musste sich dann vom echten Arzt ein Antibrechmittel spritzen lassen, um durchzuhalten. Das war doch eine Herausforderung.

DOMRADIO.DE: Wann sehen wir Sie, den Pastor, als Komparsen?

Keller: Nele Kiper versucht Bastian Gruber im Frühstücksrestaurant zu küssen. Volker Keller, der Komparse, sitzt dahinter und nimmt zwei Stunden lang sein Frühstück ein.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Volker Keller auf dem Traumschiff / © N.N. (privat)
Volker Keller auf dem Traumschiff / © N.N. ( privat )

Volker Keller, Harald Schmidt und zwei Besucher auf dem Traumschiff / © N.N. (privat)
Volker Keller, Harald Schmidt und zwei Besucher auf dem Traumschiff / © N.N. ( privat )

Traumschiff-Schauspielerin Barbara Wussow mit Volker Keller bei einem Gottesdienst / © N.N. (privat)
Traumschiff-Schauspielerin Barbara Wussow mit Volker Keller bei einem Gottesdienst / © N.N. ( privat )

"Das Traumschiff" - MS Amadea  / © Dietmar Hasenpusch (dpa)
"Das Traumschiff" - MS Amadea / © Dietmar Hasenpusch ( dpa )
Quelle:
DR
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