Bei Zeremonie für Dangarembga ging es auch um rechte Verlage

Ungewöhnliche Verleihung des Friedenspreises des Buchhandels

Erstmals in der Geschichte des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels erhielt nun eine schwarze Preisträgerin die Auszeichnung: Die Schriftstellerin Tsitsi Dangarembga. Doch bei der Zeremonie ging es nicht nur um sie.

Autorin Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe, Preisträgerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels / © Thomas Lohnes (dpa)
Autorin Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe, Preisträgerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels / © Thomas Lohnes ( dpa )

Es war eine der ungewöhnlichsten Verleihungen des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche. Nicht nur, weil erstmals in rund 70 Jahren eine schwarze Preisträgerin ausgezeichnet wurde: die Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga (62) aus Simbabwe. Sondern auch, weil bei dieser würdevollen Zeremonie plötzlich die Debatte um rechte Verlage bei der Buchmesse den Raum ergriff.

"Kein Platz für Fremdenfeindlichkeit"

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) begrüßte zunächst das Publikum in der am Sonntag trotz Corona vollbesetzten Paulskirche mit den Worten: "Es ist fast wieder ein Stück Normalität. Sie sitzen zusammen, Sie sind geimpft." Dann fuhr er fort, dass ihm etwas große Sorgen mache: Es sei schlimm zu lesen, "dass Autorinnen Angst haben, nach Frankfurt zu fahren, weil sie hier auf rechtsradikale Verlage und Autoren treffen könnten". Unter anderen hatte die Autorin Jasmina Kuhnke ihren Auftritt bei der Buchmesse kurzfristig wegen der Präsenz des Jungeuropa-Verlags abgesagt. Der Verlag wird der Neuen Rechten zugeordnet.

Natürlich sei die Meinungsfreiheit - mit der die Buchmesse-Veranstalter den Messestand des Verlages gerechtfertigt hatten - wichtig, so Feldmann. "Aber die Würde des Menschen ist das größte Gut unserer Verfassung", betonte er. "Im kommenden Jahr will ich, dass alle diese Autorinnen sich sicher fühlen, nach Frankfurt zu kommen, sich geborgen, geschützt, willkommen fühlen." In Frankfurt sei "kein Platz für Fremdenfeindlichkeit, kein Platz für Antisemitismus, kein Platz für Islamophobie, kein Platz für Rassismus, kein Platz für Bedrohung, kein Platz für Erniedrigung - dafür haben wir in Frankfurt keinen Platz, kein Verständnis, keine Toleranz!", sagte er unter Applaus.

"Weithin hörbare Stimme Afrikas"

Danach ging "ungeplant", wie es hieß, die schwarze Frankfurter Stadtverordnete Mirrianne Mahn (Grüne) mit auf die Rednerbühne und sagte: "Rechtsradikale Ideologien, menschenverachtende Ideologien sind keine Meinungsfreiheit." Sie fügte hinzu: "Das Paradox ist, dass wir hier in der Paulskirche - der Wiege der Demokratie - einer schwarzen Frau den Friedenspreis verleihen, aber schwarze Frauen auf genau dieser Buchmesse nicht willkommen waren, weil nicht dafür gesorgt wurde, dass sie sich sicher fühlen."

Der Friedenspreis wird seit 1950 an eine Person aus Literatur, Wissenschaft und Kunst vergeben, die in hervorragendem Maß "zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat". Zu den Preisträgern zählen Navid Kermani, Jürgen Habermas, Amos Oz, Siegfried Lenz, Frere Roger Schutz und zuletzt Amartya Sen.

Die Jury des mit 25.000 Euro dotierten Preises würdigte Dangarembga als eine weithin hörbare Stimme Afrikas in der Gegenwartsliteratur. Sie verbinde in ihrem künstlerischen Werk ein einzigartiges Erzählen mit einem universellen Blick.

Neue Gedanken zur Lösung der Klimakrise

Dangarembga warb in ihrer Dankesrede für eine grundlegende Änderung des Denkens und eine "neue Aufklärung" zur Lösung der Klimakrise und von gesellschaftlichen Problemen. "Die Erkenntnisse der vergangenen Jahre und Jahrhunderte reichen nicht aus. Sie haben uns nicht gerettet", sagte sie. Sie sei der Überzeugung, dass "wir alle auf diesem Planeten heute dringend eine neue Aufklärung brauchen". "Wir müssen neue Gedanken entwickeln", forderte sie, "um einen Paradigmenwechsel zu bewirken".

Dies müsse geschehen, "während unsere Ozeane verschmutzen, die Ozonschicht dünner wird, sich das Klima wandelt, Temperaturen und Meeresspiegel ansteigen, trotz wissenschaftlichen Fortschritts Krankheiten wüten, Hunger herrscht und schwarze Körper im Meer ertrinken". Es gehe darum, Denkmuster zu verändern. "Unsere Entscheidung, was und wie wir denken, ist letztlich eine Entscheidung zwischen Gewalt oder Frieden fördernden Inhalten und Narrativen."

Die Laudatio hielt die Halbschwester des früheren US-Präsidenten Barack Obama, die kenianische Germanistin und Soziologin Auma Obama. Sie sagte, Dangarembga sei "gegen alle Widerstände" zu einer Stimme für die Stimmlosen geworden. "Bestimmt hättest du manchmal am liebsten aufgegeben, Tsitsi, und der Versuchung nachgegeben, einfach ein normales, gewöhnliches Leben zu führen", sagte Obama. "Aber du bist nicht gewöhnlich."


Quelle:
KNA
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