Zum Auftakt des Karlsfestes in Aachen

"Die ganze Stadt nimmt daran teil"

Jedes Jahr am letzten Sonntag im Januar feiert das Bistum Aachen das sogenannte Karlsamt. Was es damit auf sich hat und warum das über die ganze Stadt Aachen hinaus bedeutsam ist, verrät Dompropst Manfred von Holtum.

Aachener Dom / © Henning Kaiser (dpa)
Aachener Dom / © Henning Kaiser ( dpa )

DOMRADIO.DE: Warum wird Karl der Große in Aachen so groß gefeiert? 

Manfred von Holtum (Dompropst am Aachener Dom): Einmal müssen wir die politische Bedeutung Karls des Großen bedenken. Gerade der Aachener Vertrag, den Präsident Macron und Frau Bundeskanzlerin Merkel in der vergangenen Woche unterzeichnet haben zeigt, dass Karl der Große der Begründer Europas gewesen ist und hier ein großes einheitliches politisches Reich geschaffen hat. Zum anderen aber müssen wir auch die religiöse Bedeutung des Kaisers sehen. Die zeigt sich fast zeichenhaft in unserem Aachener Dom, den Karl der Große selbst gegründet und errichtet hat.

DOMRADIO.DE: Karl der Große wurde im 12. Jahrhundert auch heiliggesprochen, aber offiziell anerkannt ist es nicht. Was hat es damit auf sich?

von Holtum: Karl der Große ist damals auf die Veranlassung des Kölner Erzbischofs Rainald von Dassel heilig gesprochen worden. Es war sicherlich insofern eine politische Heiligsprechung, als damit auch die "Staufische Reichsidee" religiös erhöht werden sollte. Gleichzeitig aber hat man sicherlich auch die Bedeutung Karls des Großen in religiöser Hinsicht würdigen wollen, denn man muss bedenken, dass der Kaiser durchaus ein sehr tief frommer Mensch gewesen ist - trotz seiner grausamen Feldzüge und mancher persönlicher Ungereimtheiten, die wir heute im Christlichen nicht vorfinden wollen. Aber er hat eben in den letzten acht Jahren seines Lebens die Zeit von Weihnachten bis Ostern hier in Aachen zugebracht und hat jeden Morgen und jeden Abend in seiner Kaiserloge am Stundengebet der Chorherren teilgenommen.

Ich glaube, von daher dürfen wir aus gutem Grund ihn als Heiligen verehren, wie es auch in Osnabrück, in Frankfurt am Main und insbesondere in Frankreich geschieht - an den Stellen, wo Karl der Große besonders gewirkt hat. Es ist ganz interessant, dass er in Frankreich noch viel stärker als Heiliger verehrt wird als in Deutschland.

DOMRADIO.DE: Das Karlsfest findet jedes Jahr in Aachen statt. Welche Bedeutung hat dieses Fest für die Stadt?

von Holtum: Es ist ein über die Kirche hinausgehendes städtisches Fest. Wir sehen es eindrucksvoll an der Kaiserlaudes, die im Pontifikalamt zweimal gesungen wird. Wir sehen es auch darin, dass der Stadtrat, der Oberbürgermeister an diesem Gottesdienst teilnimmt, die Karlsschützen ihr Patronatsfest im Krönungssaal des Rathauses feiern, wo wiederum die kirchlichen Vertreter teilnehmen. Der Oberbürgermeister gibt einen Empfang, die Karlswurst wird an die Bevölkerung verteilt und es werden ganz viele kostenlose Veranstaltungen auf dem Markt und im Rathaus stattfinden. All' das zeigt, dass die ganze Stadt an diesem bedeutenden Ereignis teilnehmen möchte.

DOMRADIO.DE: Vor kurzem feierte der Aachener Dom 40 Jahre Weltkulturerbe. Der Dom hat eine ganz große Bedeutung, wenn wir über Karl den Großen sprechen, oder?

von Holtum: Das ist richtig. Karl der Große hat die Idee, das himmlische Jerusalem hier in einem Bauwerk zu verwirklichen, realisiert. Und er hat sicherlich als der Bauherr dieser Kirche auch die Architektur maßgeblich mitbestimmt. Von daher gesehen ist der Aachener Dom zu Recht das erste Weltkulturerbe 1978 in Deutschland gewesen. Wir haben dieses Ereignis sehr angemessen gefeiert und ich glaube, dass die Bevölkerung hier ganz guten Anteil daran genommen hat. Und die Menschen gesehen haben, was wir hier für ein kostbares Welterbe in unserer Stadt besitzen.

Das Gespräch führte Julia Reck.


Dompropst Manfred von Holtum neben einem Modell des Aachener Doms / © Julia Steinbrecht (KNA)
Dompropst Manfred von Holtum neben einem Modell des Aachener Doms / © Julia Steinbrecht ( KNA )
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