Bedford-Strohm hält am Lob für die Kanzlerin fest

"Humanitäre Entscheidung"

Merkels Flüchtlingspolitik verteidigt: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hat seine Zustimmung zum Kurs der Kanzlerin bekräftigt.

Ehrenamtliche mit afghanischen Flüchtlingen / © Maja Hitij (dpa)
Ehrenamtliche mit afghanischen Flüchtlingen / © Maja Hitij ( dpa )

Die massenhafte Aufnahme von Flüchtlingen aus Ungarn Ende 2015 sei eine "humanitäre Entscheidung" der Kanzlerin gewesen, sagte Bedford-Strohm am Donnerstag bei einem Podiumsgespräch mit dem Soziologen Hans Joas im Rahmen der "Osnabrücker Friedensgespräche". Damals hätten sich die Flüchtlinge massenweise auf den Weg gemacht. Die Lager der Auffangländer seien überfüllt und die Versorgung nicht sichergestellt gewesen. In der Situation habe Merkel das Richtige getan.

Zudem bekräftigte er seine Forderung an die Bundesregierung, derzeit keine abgelehnten Asylbewerber nach Afghanistan abzuschieben. Er sage nicht, dass es grundsätzlich keine Abschiebungen geben dürfe, sagte Bedford-Strohm: "Aber Menschen dürfen nicht in Gefahr geschickt werden."

Kritik an christlichem Mäntelchen

Der bayerische Landesbischof diskutierte mit dem Berliner Religionssoziologen Hans Joas über die Auswirkungen der vor 500 Jahre begonnenen Reformation auf die heutige Gesellschaft. Joas warf Bedford-Strohm vor, er positioniere sich in der Flüchtlingspolitik zu einseitig. Die Kirchen hätten sich in migrationspolitischen Fragen falsch verhalten. Sie hätten dem "Wir schaffen das" der Kanzlerin ein "Mäntelchen der Christlichkeit" umgehängt.

Bedford-Strohm hielt dagegen, Christen seien geradezu verpflichtet, sich für Schwache und Notleidende einzusetzen. Dabei gehe es nicht darum, sich an die Seite eines einzelnen Politikers zu stellen: "Aber diesmal war es richtig." Die Flüchtlinge in den Lagern in Jordanien, Libanon und der Türkei seien in großer Not gewesen und im Stich gelassen worden. "Da können 500 Millionen Europäer doch nicht einfach sagen, eine Million Flüchtlinge sind uns zu viel." Die evangelische Kirche werde deshalb in ihrem Engagement für Flüchtlinge nicht nachlassen.

Luther polarisiert

Vor 500 Jahren habe schon Martin Luther zur Einmischung in die Politik und zum Dienst am Nächsten aufgerufen, betonte der Bischof. Die vom Reformator propagierte radikale Liebe zu Christus sei stets auch eine radikale Liebe zur Welt: "Freiheit heißt immer auch, sich für Menschen in Not zu engagieren." Viele Menschen strebten heute allein nach Erfolg und Reichtum, ihre "Götter" seien Schönheit und Schlankheit, Ruhm und Macht. Viele resignierten dann aufgrund ihres Versagens, manche gingen daran zugrunde. Mit Luthers Erfahrung aber könnten sie lernen, dass sie schon wertgeschätzt sind und nichts tun müssten, um Gott zu gefallen.

Der Katholik Joas warf der evangelischen Kirche vor, sie projiziere im Nachhinein zu viel in die Reformationsgeschichte hinein. "Luther hatte nicht die Demokratie im Sinn." Auch sein Freiheitsbegriff sei ein anderer gewesen als das, was die Menschen heute unter Freiheit verstünden. Die Reformation sei nicht der Ursprung sämtlicher westlicher Werte. "Wir kommen zu unseren Grundwerten aus unseren ganz verschiedenen religiösen, aber auch nichtreligiösen Traditionen."


Quelle:
KNA , epd