Polizei überrascht von Zahl der Gegendemonstranten

"Ode an die Freude" als Protestmusik

Rund 1.700 Menschen haben am Montagabend in Leipzig gegen den zweiten Jahrestag der fremdenfeindlichen "Legida"-Bewegung demonstriert. Ein Bündnis aus Initiativen, Gewerkschaften, Parteien und Kirchen hatte zu Protestveranstaltungen aufgerufen.

Leipzig: Proteste gegen Legida  / ©  Sebastian Willnow (dpa)
Leipzig: Proteste gegen Legida / © Sebastian Willnow ( dpa )

Die Teilnehmerzahlen wurden von der Forschungsgruppe "Durchgezählt"über den Kurznachrichtendienst Twitter bekanntgegeben.  In der Nikolaikirche fand zudem ein Friedensgebet statt, mit dem ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und für eine offene, vielfältige und tolerante Gesellschaft gesetzt werden sollte. Der Leipziger "Pegida"-Ableger "Legida" konnte Schätzungen zufolge rund 400 Anhänger mobilisieren. Die Polizei war mit mehreren Hundert Beamten im Einsatz.

Bei dem Friedensgebet wandte sich der Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche, Bernhard Stief, gegen "rassistische und fremdenfeindliche Töne in unserem Land". Zugleich betonte er: "Wir wollen nicht übersehen, wenn uns aktuelle Ereignisse zu denken geben." Dazu zählte der Pfarrer zahlreiche Kriege auf der ganzen Welt. An der Veranstaltung in der Nikolaikirche nahmen unter anderem die frühere sächsische Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer (parteilos), der Rektor der Handelshochschule in Leipzig, Andreas Pinkwart, und der Propst der katholischen Gemeinde St. Trinitatis, Gregor Giele teil. Ein weiteres, sehr kleines Friedensgebet gestaltete am späten Abend in der Thomaskirche Pfarrer Martin Hundertmark.

"Häufchen Elend"

"Nach knapp zwei Jahren ist von 'Legida' nicht viel mehr als ein Häufchen Elend übrig, auch weil es in Leipzig zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen rassistische Umtriebe gibt", sagte Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) auf der Kundgebung des Bündnisses "Leipzig nimmt Platz". Ein Grund zum Feiern sei dies aber nicht. Auch in Leipzig habe sich einiges verändert in den letzten zwei Jahren. "Die Leipziger Neonaziszene ist inzwischen gut vernetzt in die rassistischen Bewegungen hinein", sagte Nagel.

Von der Zahl der Gegendemonstranten zeigten sich Polizei und Ordnungsamt unterdessen überrascht. "Wegen wesentlich höherer Teilnehmerzahl" mussten Protestteilnehmer kurzfristig eine andere Route nehmen, twitterte die Polizei. Gleich mehrere Gegendemonstrationen führten zum Waldplatz unweit der Leipziger Innenstadt. "Legida" startete direkt in der Nähe mit einer Demonstration, die auch am jüdischen Zentrum Leipzigs, dem Ariowitsch-Haus, vorbeikam. Diese Routenführung hatte vorab zu Kritik an der Stadtverwaltung geführt. Auch die Erlaubnis der Behörde, die Band "Kategorie C" bei "Legida" auftreten zu lassen, die der rechtsextremen Hooliganszene zugeordnet wird, wurde kritisiert. Bewohner des Waldstraßenviertels, durch das "Legida"-Anhänger marschierten, ließen aus Protest Beethovens"Ode an die Freude" aus ihren Fenstern erklingen.

Hohes Polizeiaufgebot

Die "Legida"-Kundgebung sowie die Gegenproteste fanden unter einem hohen Polizeiaufgebot statt. Mehrere hundert Beamte waren mit Hubschraubern, Räumpanzern, Wasserwerfern und der Reiterstaffel im Einsatz. Im vergangenem Jahr war es zum ersten "Legida"-Jahrestag im linksalternativen Stadtteil Connewitz zu heftigen Randalen gekommen.

Dabei hatten vermutlich vor allem rechte Randalierer Geschäfte und Häuser angegriffen. Zudem wurden fünf Polizisten bei den Ausschreitungen verletzt. Die Randale hatten bundesweit für großes Aufsehen gesorgt. Vor zwei Jahren hatte die erste «Legida»-Kundgebung stattgefunden. Am 12. Januar 2015 waren etwa 2.000 bis 3.000 Teilnehmer der fremdenfeindlichen Bewegung durch die Leipziger Innenstadt marschiert.


Quelle:
epd