Leipziger erteilen Legida an deren Jahrestag klare Absage

"Den Nährboden entziehen"

Zum zweiten Jahrestag plant Legida an diesem Montag in Leipzig eine Kundgebung. Ein breites Bündnis will sich dem entgegenstellen. Die Legida-Anhänger seien weniger geworden, sagt Pfarrer Christian Wolff. Er sieht aber neue Gefahren. 

Archivbild: Legida-Kundgebung in Leipzig - Gegendemonstration 04.04.2016  / © Sebastian Willnow (dpa)
Archivbild: Legida-Kundgebung in Leipzig - Gegendemonstration 04.04.2016 / © Sebastian Willnow ( dpa )

domradio.de: Legida feiert sozusagen Geburtstag - vor genau zwei Jahren haben ihre Anhänger zum ersten Mal ihre rechtspopulistischen Meinungen lautstark auf die Leipziger Straßen getragen. Wie haben sich diese Legida-Montags-Demos seitdem entwickelt?

Pfarrer Christian Wolff (Evangelischer Pfarrer und Initiator der Initiative "Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt"): Vor zwei Jahren sind 35.000 Leipziger Bürger gegen die Legida-Demonstranten auf die Straße gegangen, um von vornherein klar zu machen, was wir hier in Leipzig wollen: Nämlich ein friedliches Zusammenleben in einer pluralistischen Stadtgesellschaft und insbesondere eine menschenwürdige Aufnahme der Flüchtlinge. Uns standen damals etwa 4.000 Leute gegenüber, die sich den fremdenfeindlichen Parolen von Legida angeschlossen hatten. Dank des Engagements vieler Gruppen in der Stadtgesellschaft ist es uns gelungen, Legida sehr stark zu dezimieren, so dass sich zuletzt im Dezember nur noch ein Häuflein von 150 Menschen unter Legida-Parolen versammelt hat. In den zwei Jahren waren nach und nach mehr Bürgerinnen und Bürger gegen Legida unterwegs.

domradio.de: Wenn es im Dezember noch 150 Legida-Anhänger waren, was erwarten Sie für heute – an Legidas zweitem Geburtstag?

Wolff: Das ist etwas albern mit diesem Geburtstag. Aber politisch ist es doch nicht ungefährlich, weil es nicht nur um Legida geht. Legida hat ja - genau wie Pegida und Co. auch - mit der AfD inzwischen eine Partei, der sie sich anschließen können. Deren fremdenfeindliche, demokratiefeindliche Ideologie ist gefährlich für unsere Gesellschaft und für Europa. Deswegen bleibt es so wichtig, dass möglichst viele Menschen dem ein klares Signal entgegen setzen.

domradio.de: In Leipzig haben sich ganz unterschiedliche Bürger zu einem breiten Anti-Legida-Bündnis zusammengeschlossen. Wer ist dabei?

Wolff: Die Kirchen sind dabei – sowohl der Superintendent von evangelischer Seite als auch der Propst von katholischer Seite haben sich angekündigt. Zudem sind die Gewerkschaften dabei. Heute Abend spricht der Betriebsratsvorsitzende des BMW-Werks Leipzig. Außerdem machen viele Kulturschaffende mit, wie etwa der Direktor des Gewandhauses. Außerdem haben sich viele Stadträte angeschlossen, Politikerinnen und Politiker von SPD, Grünen, Linke und FDP, aber auch mehrere Hochschuldirektoren; die Rektorin der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) wird beispielsweise sprechen. Der Rektor der Handelshochschule hat seine Studierenden aufgerufen, an der Demonstration teilzunehmen. Denn alle wissen genau: Selbst wenn sich zahlenmäßig nur wenige auf die Straße begeben, um Legida zu unterstützen – ihre fremdenfeindlichen Parolen fallen doch bei zu vielen Menschen auf einen Nährboden. Dem wollen wir etwas entgegensetzen.

domradio.de: Ihre Aktion ist von zwei Friedensgebeten eingerahmt - vor der Demo das traditionelle Friedensgebet in der Nikolaikirche, zum Abschluss dann ein weiteres Friedensgebet in der Thomaskirche. Wie wird der Abend ablaufen?

Wolff: Es geht los mit dem Friedensgebet in der Nikolaikirche, was ja traditionell immer montags um 17 Uhr stattfindet. Danach werden wir einen Demonstrationszug durch die Leipziger Innenstadt zum Waldplatz machen. Dort ist eine große Kundgebung geplant. Außer den Genannten wird auch ein syrischer Flüchtling sprechen und die Pfarrerin der Thomaskirche.

domradio.de: Dort kommen sehr unterschiedliche Menschen zusammen…

Wolff: Das Entscheidende ist, dass wir dieses Klima in unserer Stadt erhalten, in dem wir in aller Unterschiedlichkeit und auch bei vielen Meinungsverschiedenheiten an zentralen Punkten klar die Stimme erheben. Diese zentralen Punkte haben wir benannt: Es geht um unsere Demokratie, es geht um den sozialen Zusammenhalt und es geht um ein plurales, also vielfältiges Zusammenleben. Dieses muss gestaltet werden und erhalten bleiben. Mit Blick auf die schrecklichen, von Flüchtlingen begangenen Verbrechen kann ich auch nur sagen: Dass so etwas geschieht, unterstreicht nur, wie wichtig es ist, bei unseren Grundüberzeugungen zu bleiben und uns nicht auf diese Ebene der Gewalt und des Terrors ziehen zu lassen.

Das Gespräch führte Uta Vorbrodt


Pfarrer Christian Wolff (epd)
Pfarrer Christian Wolff / ( epd )
Quelle:
DR