Katholikentag will klimaneutrales Großereignis sein

Können Katholiken Klimaschutz?

Slow-Food und fairer Catwalk, Hochbeete und Bienenboxen, Öko-Toiletten und ein Insektenhotel mit Wildblumenwiese. Der Katholikentag will klimaneutral sein. Politisch überkorrekt - oder ein wichtiger Beitrag zum Glaubensfest?

Autor/in:
Gottfried Bohl
Hochbeet auf dem 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig / © Harald Oppitz (KNA)
Hochbeet auf dem 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig / © Harald Oppitz ( KNA )

Das Klima in der katholischen Kirche? "Prima", sagen die einen - "stinkt zum Himmel" sagen andere. Sicher spielt auch das eine Rolle beim Treffen von mehr als 50.000 Katholiken in Leipzig, wenn etwa über Traditionalisten und Reformer diskutiert wird oder über Fans und Gegner von Papst Franziskus. Doch das Klima ist auch in anderer Hinsicht Thema: Der Katholikentag hat das ehrgeizige Ziel, ein klimaneutrales Großereignis zu sein.

"Natürlich geht es bei so vielen Leuten nicht ohne CO2-Verbrauch, Müll und andere Beeinträchtigungen", räumt Geschäftsführer Martin Stauch ein: "Aber was nicht zu vermeiden ist, wird wenigstens ausgeglichen."

Erdgas-Dienstwagen und Bio-Produkte

Was heißt das konkret? Das fing bei den Vorbereitungen an: etwa mit Recyclingpapier, biologisch abbaubarem Füllmaterial und CO2-neutralem Versand des Programmhefts und anderer Materialien. Dazu Erdgas-Dienstwagen, Ökostrom und weitgehend vegetarische Verpflegung bei Sitzungen - mit saisonalen und fair gehandelten Bio-Produkten aus der Region, so weit irgend möglich. Das gilt auch während des Katholikentags für die Verpflegung der 2.000 Helfer.

Weiter geht es bei Merchandising-Produkten im Katholikentagsshop. Auch die sollen unter menschenwürdigen Bedingungen und ohne zu viel Treibhausgase hergestellt und fair gehandelt sein. "Dabei wünschen wir uns, dass die Politik endlich auch zu verlässlichen Labels und Zertifikaten bei Textilien kommt", betont Stauch.

Diese Lobbyarbeit, so der Organisationschef, gehört zu den erklärten Zielen des Katholikentags, seit er 2008 begonnen hat, klimaneutraler zu werden. "Damals haben Dienstleister uns noch komisch angesehen, wenn wir etwa nach energiesparenden Scheinwerfern gefragt haben oder nach Öko-Toiletten, bei denen Überreste nicht chemisch vernichtet, sondern kompostiert werden."

Inzwischen sei das Angebot deutlich größer geworden. Ähnlich bei den Caterern, die bessere Chancen haben, den Zuschlag zu erhalten, wenn sie vorwiegend regionale Bio-Proukte verarbeiten. "Der Katholikentag und andere Groß-Nachfrager können da einiges bewegen", so Stauch.

Diskussionspodien zu Klimawandel, Slow-Food oder Artenvielfalt

Klimaneutralität schlägt sich natürlich auch im Programm nieder. Nicht nur auf Diskussionspodien zu Klimawandel, Slow-Food oder Artenvielfalt, sondern auch ganz praktisch vor Ort auf einem eigenen Bio-Markt oder in Schulprojekten mit Steingarten, Bienenbox und Insektenhotel mit eigener Wildblumenwiese.

Beim "fairen Catwalk" zeigen Frauen und Männer "Mode ohne schlechtes Gewissen" als schicke Alternative. Außerdem haben Schüler vor dem Bahnhof ein mobiles Hochbeet errichtet als Beispiel dafür, was jeder Einzelne für mehr Artenvielfalt tun kann - Nachmachen dringend gewünscht.

Nicht zuletzt investiert der Katholikentag einiges dafür, die trotz aller Bemühungen anfallenden Treibhausgase zu kompensieren. Dazu dienen Ausgleichszertifikate bei der von Misereor mitgetragenen Klima-Kollekte. Die fördert etwa den Aufbau von Photovoltaikanlagen in Dörfern der Dalits, der ärmsten Kaste in Indien. Dadurch können Lungen und Luft schädigende Gaslampen durch Solarlampen ersetzt werden. Zudem erhalten die Kinder der Dalits die Chance auf bessere Bildung.

Klimarechner auf der Katholikentags-Homepage

Auch die Teilnehmer und Besucher können sich hier beteiligen - durch Spenden oder indem sie einen Ausgleich für die Treibhausgase zahlen, die sie durch Anreise und Aufenthalt verursachen. Ein Klimarechner auf der Katholikentags-Homepage spuckt entsprechende Zahlen auf Knopfdruck aus.

Aber was hat das mit Kirche und Glauben zu tun? Kritiker bemängeln einen Hang zu politischer Korrektheit, der eher zu Grünen-Parteitagen als zu einem Fest des Glaubens passe. Eine Kritk, die Stauch mit dem Hinweis auf den Papst beantwortet:

Franziskus gilt als ein Mahner im Kampf gegen den Klimawandel - spätestens seit "Laudato si", der ersten Papstenzyklika, die der Bewahrung der Schöpfung gewidmet ist. Die Pflicht zum Schutz der Umwelt als Teil der katholischen Lehre. Zumindest, wenn man den Papst ernst nimmt - aber die Debatte betrifft wieder das binnenkirchliche Klima.


Quelle:
KNA