Der Karsamstag liegt zwischen Trauer und Hoffnung

Die Zwischenzeit nutzen

Wenn ein Mensch gestorben ist, scheint die Welt stillzustehen. Warum sich nicht auch selbst einmal der Stille nach Karfreitag stellen, auch wenn der Samstag zu den letzten Erledigungen vor den Ostertagen einlädt.

Autor/in:
Kerstin-Marie Berretz OP
Betende Ordensfrauen / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Betende Ordensfrauen / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Der Karsamstag ist ein Tag "dazwischen": Die Kreuzigung ist vorbei, der Herr ist tot und liegt im Grab. Natürlich wissen wir, dass der Tod nicht das letzte Wort hat und wir uns schon bald über die Nachricht freuen können, dass Jesus auferstanden ist und lebt.

Aber am Karsamstag ist davon noch nichts zu spüren und zu hören.

Zwischen Trauer und Hoffnung

So ist der Tag ausgespannt zwischen Tod und Leben, verharrt im nicht mehr und noch nicht. Er steckt noch voller Trauer über den Tod und gleichzeitig voller Hoffnung, dass das eben doch nicht das Ende ist.

An diesem Tag wird keine Eucharistie gefeiert und die Kommunion nur in Notfällen gespendet. In den wenigsten Kirchen finden Gottesdienste statt, an einigen Orten werden vielleicht Trauermetten gebetet.

Das Leben geht weiter

Gleichzeitig geht das Leben weiter. Nach der öffentlichen Ruhe mit den geschlossenen Geschäften und den untersagten Tanzveranstaltungen an Karfreitag sind am nächsten Tag die Läden wieder geöffnet, und zumindest auf den Straßen geht alles wieder seinen samstäglich-gewohnten Gang. Die Menschen kaufen noch mal frische Sachen ein, letzte Eier werden gefärbt und die Wohnung dekoriert.

Für viele Menschen ist der Karsamstag einfach ein ganz Tag, den man zwischen den Feiertagen gut für die letzten Erledigungen vor den zwei freien Tagen nutzen kann. Oder an dem man über das lange freie Wochenende etwas besonders Schönes unternimmt.

Feierliche Gebete in Klöstern

Dennoch gibt es Orte, an denen die Stille länger anhält und es noch etwas andauert, bis wieder Normalität Einzug halten wird. So wird in vielen Klöstern die Liturgie an diesem Tag besonders feierlich gebetet. Die Trauermetten zu Beginn des Tages verdeutlichen, dass der Alltag noch nicht wieder da ist und dass Jesus am Kreuz wirklich gestorben ist. So ist dann auch der Tagesablauf geprägt von Stille und Einfachheit. Zwar wird auch im Kloster alles für das große Fest der Auferstehung vorbereitet, aber alles eben ein bisschen zurückhaltender als beispielsweise an den Tagen vor Weihnachten.

Aber man muss keinem Orden angehören, um den Karsamstag etwas bewusster zu begehen. So kann der Tag einen Anstoß bieten, einen Blick auf die eigenen Verluste der letzten Zeit zu werfen. Ohnehin sollte man nach keiner Trauererfahrung gleich wieder so tun, als sei alles normal. Vielmehr kann und muss man sich die Zeit nehmen, damit die Seele der Trauer nachgehen kann. Um einen herum mag das Leben ganz normal weiter gehen, aber für einen selber mag es gut sein, eine Zeit einzulegen, in der man sozusagen die Luft anhält und erst einmal schaut, was eigentlich genau passiert ist. Warum nicht an Karsamstag?

Es braucht die Zwischenzeit, um auf das zu schauen, was man gerade verloren hat - den Job, ein Familienmitglied, einen langgehegten Traum. Und es ist gut, sich davon in Ruhe zu verabschieden.

Zeit nutzen

So, wie in vielen Kirchen der Karsamstag auch dazu genutzt wird, Dinge zu tun, die man das ganze Jahr nicht tun kann, also etwa den Tabernakel einmal gründlich zu reinigen, kann man die Zeit dazwischen nutzen, um bewusst etwas zu tun, was vorher nicht möglich war. Man kann Dinge aussortieren, die man nun nicht mehr braucht, sich darüber klar werden, welche Konsequenzen die neue Situation für den Alltag hat oder noch einmal darüber nachdenken, was die schönsten Momente vor dem Verlust waren.

Dann kann im nächsten Schritt folgen: nach vorne zu blicken. So, wie man spätestens am Karsamstag damit beginnt, Ostereier zu färben, weil ja klar ist, dass Ostern kommen wird, so kann man auch für sich selber damit beginnen, wieder nach vorne zu denken.

Ostern macht uns deutlich, dass der Tod nicht das Ende bedeutet und dass auch ein Verlust nicht bedeutet, dass das Leben vorbei ist - so schmerzlich er auch sein darf.

Und auch wenn nach dem Tod eines lieben Menschen, einer Trennung, einer Kündigung das Leben nicht sofort weitergehen kann und die Zeit dazwischen länger als ein Tag dauert, so darf doch irgendwann der Moment kommen, ab dem man einen Blick nach vorne wagt. Zuerst vielleicht noch ganz zaghaft und vorsichtig, dann aber auch mit Mut und Hoffnung, dass ein neuer Tag anbricht, an dem das Leben mit all seiner Herrlichkeit und Kraft wieder aufstrahlt. Denn bei aller Trauer bleibt die eine Botschaft: Das Grab ist leer, der Held erwacht - Halleluja!

Karwoche

Die letzte Woche vor Ostern wird auch als Karwoche bezeichnet. Das Wort "Kar" stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet "Trauer", "Klage" oder "Kummer". Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag: In Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem versammeln sich die Gläubigen zur Segnung der Palmen - in Deutschland meist Buchsbaumzweige - und ziehen dann in einer Prozession zum Gotteshaus.

Karwoche / © Felix Kästle (dpa)
Karwoche / © Felix Kästle ( dpa )
Quelle:
KNA