Warum katholische Jugendverbandsarbeit wichtig ist

Zusammenkommen, sich ausprobieren, Demokratie lernen

Während der Pandemie ist es auch für die katholischen Jugendverbände schwer, Gemeinschaft zu feiern und Kinder und Jugendliche zu erreichen. Dabei ist das enorm wichtig, finden Michael Leyendecker vom dsj und Lisi Maier vom DBJR.

Ein Junge mit Mund-Nasen-Schutz spielt Fußball / © sportoakimirka (shutterstock)
Ein Junge mit Mund-Nasen-Schutz spielt Fußball / © sportoakimirka ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Das Besondere ist: Sie beide – als Vorsitzende von DBJR und dsj – vertreten dadurch quasi fast alle Kinder und Jugendliche in Deutschland. Und Sie kommen selbst beide aus der katholischen Jugendverbandsarbeit, oder?

Michael Leyendecker (Neuer Vorsitzender der Deutschen Sportjugend dsj): Ja, das stimmt. Ich komme aus der DJK, wir sind selbst im Katholischen Sportverband in Deutschland, also die DJK-Sportjugend im DJK-Sportverband. Und der prägt natürlich schon mit seiner wegweisenden Arbeit, die man jetzt auch in der DSJ tut, mit den christlichen Werten, die man mitbekommt, und mit denen man von klein auf sozialisiert wird.

DOMRADIO.DE: Lisi Maier, spielt denn bei Ihrer Arbeit der kirchliche und der christliche Hintergrund, den Sie mitbringen, eine Rolle?

Lisi Maier (Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings DBJR): Ich selbst komme aus der Kolping-Jugend und bin sozusagen mit der katholischen Soziallehre in meinen Jugendjahren aufgewachsen. Ich würde schon sagen, dass diese Themen auch in Aushandlungsprozesse, die wir im Deutschen Bundesjugendring haben, beispielsweise auch mit den Gewerkschaften, eine große Rolle spielt und, dass man dort auch gewisse Partnerschaften inhaltlicher Art eingehen kann. Zum Beispiel bei der Sontagsallianz oder eben der Arbeit für den freien Sonntag oder auch im internationalen Kontext, wenn es um Fragen der Versöhnungsarbeit geht.

DOMRADIO.DE: Als Vertreterin und Vertreter der Kinder und Jugendlichen, die in Ihren Verbänden sind, wie erleben Sie es da? Ist Jugendarbeit heute noch wichtig? Wie aktuell ist diese Arbeit?

Leyendecker: Ich glaube, die Kinder- und Jugendarbeit oder die Jugendarbeit im Verein ist wichtiger denn je. Denn wo sonst können Kinder und Jugendliche sich ausprobieren, mit anderen Leuten zusammenkommen, aus anderen sozialen Kreisen, und dann Demokratie lernen auf der untersten Basis? Ich glaube, das ist wichtiger denn je. Und das - das muss man ganz klar sagen -für weniger als einen Latte Macchiato im Monat. Die Durchschnittskosten für Kinder im Sportverein sind zurzeit unter drei Euro. Also ein möglichst günstiges Angebot mit maximalem Effekt.

DOMRADIO.DE: Heute ist der sechste Dezember, also Nikolaustag. Der Heilige hat sich für Kinder eines armen Vaters eingesetzt, so wie die Legende es erzählt. Wie groß ist die Armut von Kindern und Jugendlichen in Deutschland 2020?

Maier: Erst im Oktober diesen Jahres wurde der Jugendarmutsmonitor 2020 veröffentlicht. Der macht deutlich, dass ein Viertel derjenigen, die in Armut leben, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zum 25. Lebensjahr sind. Insbesondere die Altersgruppe zwischen 15 und 25 ist am stärksten von Armut betroffen. Zum einen deshalb, weil sie zwischen Schule und Ausbildung oder zwischen Ausbildung und Beruf ins Straucheln kommen, weil sie dort mit Problemen konfrontiert werden. Oder eben, weil sie auch aus armen Familien kommen.

DOMRADIO.DE: Wie könnte das Leben von den Kindern und jungen Menschen unserer Gesellschaft besser gemacht werden? Wo müsste Sankt Nikolaus heute seine guten Taten tun?

Leyendecker: Ich glaube, Sankt Nikolaus könnte einmal in der Politik ganz klar dafür sorgen, dass auch Politiker auf der Bundesebene, auf der Länderebene und in Kommunen die Kinder und Jugendarbeit noch stärker schätzen. Und eventuell auch ermöglichen, dass Kinder und Jugendliche völlig kostenfrei in Vereinen und Verbänden Sport treiben oder Kinder- und Jugendarbeit erleben dürfen, ohne dass die Kosten bei den Vereinen hängenbleiben.

DOMRADIO.DE: Und wir müssen lernen, mit der Corona-Pandemie umzugehen. Im Sommer war es leichter für Kinder und Jugendliche, sich zu treffen. Inzwischen läuft es eher auf digitalem Wege. Was ist Ihr Geheimrezept, damit das nicht völlig untergeht und Zukunft hat?

Maier: Zum einen ist es so, dass gerade natürlich ganz viele digitale Angebote stattfinden, um auch Kontakt zu den Jugendlichen und den Mitgliedern in den Verbänden und Vereinen zu gewährleisten. Auf der anderen Seite sehen wir beide, dass es auch wichtig ist, deutlich zu machen: Junge Menschen brauchen auch Präsenzangebote.

Die brauchen auch Angebote, wo sie sich miteinander treffen können, miteinander Demokratie bilden können, miteinander Sport treiben können oder Bewegung haben. Und für uns ist es an dieser Stelle schon sehr wichtig, dass es diese Angebote auch gibt. Michael heute vorhergesagt habe, dass es diese kostengünstigen Angebote gibt. Es gibt ganz viele Vereine und Verbände, die sogar kostenlose Angebote haben, an denen Jugendliche und junge Erwachsene teilnehmen können. Wir haben ganz viele offene Jugendtreffs.

Doch leider ist es so, dass in einigen Bundesländern, jetzt auch seit Dezember oder vorher schon im November, diese Angebote nicht offen sind. Man hat leider im Frühjahr feststellen müssen, dass der Lockdown schon dazu geführt hat, dass gerade die Jugendlichen und die Kinder, über die wir vorher gesprochen haben, gefährdet sind, abgehängt zu werden, wenn wir Ihnen nicht niederschwellige Angebote zu Kinder- und Jugendarbeit schaffen, sowohl im digitalen als auch im Präsenzangebot.

Also die armen Kinder und Jugendlichen. Oder Kinder und Jugendliche aus Familien, die keine Laptops zu Hause haben, wo kein ordentliches Homeschooling stattfinden kann, wo keine gute Anbindungen an ein digitales Netz da sind.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Quelle:
DR