Schäuble würdigt jüdische Zuwanderung nach Wiedervereinigung

"Antisemitismus ist und bleibt unerträglich"

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat die Zuwanderung von Juden vor allem aus Osteuropa nach der Wiedervereinigung gewürdigt und als "Erfolgsgeschichte" bezeichnet. Er sprach von einem "Grund zum Feiern und dankbar zu sein".

Männer mit Kippa / © Markus Nowak (KNA)
Männer mit Kippa / © Markus Nowak ( KNA )

Schäuble äußerte sich bei einer Veranstaltung zum Thema "30 Jahre jüdische Zuwanderung: Erfolge und Herausforderungen".

Die Zuwanderung sei auch ein Grund, "ein bisschen stolz" zu sein für die jüdischen Gemeinden, die deutsche Politik und vor allem die inzwischen mehr als 200.000 Juden, die nach Deutschland gekommen seien.

Allerdings lasse sich diese "Erfolgsgeschichte" nicht unbeschwert feiern, beklagte der Bundestagspräsident. Nicht nur wegen der NS-Vergangenheit, sondern vor allem wegen des Antisemitismus der deutschen Gegenwart.

Wolfgang Schäuble / © Filip Singer (dpa)
Wolfgang Schäuble / © Filip Singer ( dpa )

"Unser aller Problem"

Antisemitismus "ist und bleibt unerträglich", so Schäuble; er sei "ein Problem, mit dem wir uns niemals abfinden dürfen". Ihm müsse mit allen Mitteln des Rechtsstaates, öffentlicher Ächtung und mehr Bildung und Aufklärung entgegentreten werden.

Antisemitismus sei "unser aller Problem". Schäuble ermutigte zu mehr Austausch zwischen Juden und Nichtjuden, damit Antisemitismus nicht alles bleibe, was man in Deutschland vom Judentum kenne.

Herausforderungen für die Einwanderer

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, betonte, dass mit der Zuwanderung nach der Wiedervereinigung wieder neues Leben in die jüdischen Gemeinden gekommen sei.

Felix Klein / © Werner Schüring (KNA)
Felix Klein / © Werner Schüring ( KNA )

Zugleich betonte er die Herausforderung für die Einwanderer in ein Land, das mit der Schoah sowohl die eigenen jüdischen Landleute als auch Juden in ganz Europa verfolgt, verbannt und ermordet habe.

Die oft aus Osteuropa kommenden Juden seien auf jüdische Gemeinden getroffen, die nicht selten andere Vorstellung und Traditionen hatten. Viele hätten sich in der alten Heimat nicht getraut, ihre jüdische Identität überhaupt zu zeigen.

So hätten viele von ihnen erstmals die Synagoge am Sabbat besucht oder Pessach gefeiert. Er zollte "Respekt und Anerkennung" für die "gewaltigen Leistungen" der Integration. Die Zuwanderer seien inzwischen angekommen, so Kleins Fazit.

Chancen der Zuwanderung

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sah "das große "Plus" in der Zuwanderung vor allem aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion in der Stärkung der bestehenden jüdischen Gemeinden sowie in Neugründungen in Deutschland. "Wir hätten nur noch wenig jüdische Gemeinden und ein kaum erkennbares jüdisches Leben in Deutschland, so Schuster.

Seinerzeit seien viele jüdische Gemeinden überaltert gewesen. Kleinere und mittelgroße Gemeinden hätten angesichts der demografischen Entwicklung kaum eine Überlebenschance gehabt.

Für die Zuwanderer sei wiederum das Hauptproblem die Nichtanerkennung von Berufsabschlüssen gewesen. So hätten viele nicht weiter in ihren erlernten Berufen tätig sein können. Gleichzeitig habe es aber auch falsche Erwartungen vonseiten der Zuwanderer gegeben.

Quelle:
KNA