Wiener Konferenz zu Antisemitismus will Judenfeindlichkeit vorbeugen

Allianz gegen Gleichgültigkeit

Mit einem Grußwort des Papstes hat am Sonntagabend in Wien eine große internationale Konferenz über Antisemitismus begonnen. Die bis Donnerstag dauernde Konferenz ruft dazu auf, gegen Judenhass vorzugehen.

Mann mit Kippa / © Fredrik von Erichsen (dpa)
Mann mit Kippa / © Fredrik von Erichsen ( dpa )

Zur Bekämpfung von Hass gegen Juden brauche es besondere Verantwortung, die Erinnerung an den Holocaust und gegenseitige Nähe, hieß es in einer Botschaft von Papst Franziskus an die Konferenzteilnehmer im Wiener Rathaus.

"Gleichgültigkeit lähmt und hindert, das Richtige zu tun", so Franziskus in seinem vom Sekretär der Päpstlichen Kommission für die Beziehungen zum Judentum, Norbert J. Hofmann, verlesenen Grußwort. Es gelte deshalb, eine "Kultur der Verantwortung, der Erinnerung, der Nähe" und eine Allianz gegen jedwede Form von Gleichgültigkeit zu schaffen.

Antisemitismus –"beängstigender Teil der Gegenwart"

Die Vertreibung und Ermordung der Juden während des Nationalsozialismus habe in der österreichischen Gesellschaft eine "riesige Leere" hinterlassen, erinnerte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Die Rede musste wegen einer Grippeerkrankung des Staatsoberhaupts ebenfalls verlesen werden. Antisemitismus sei auch heute Thema und die Feindseligkeit gegenüber Minderheiten "ein beängstigender Teil der Gegenwart". Die Lehre aus dem Holocaust sei die bedingungslose Anerkennung von Menschenrechten und der Würde des Menschen, so Van der Bellen.

Der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), Moshe Kantor, prangerte die wachsende Zahl antisemitischer Übergriffe in Europa an. Der steigende Antisemitismus sei eine der zentralen Herausforderungen der heutigen Zeit. Judenhass dürfe keinen Platz im öffentlichen Raum haben, betonte Kantor, zumal die "Geißel des Antisemitismus" nicht nur Auswirkungen auf Juden habe, sondern auch die Grundfesten offener und demokratischer Gesellschaften zerstöre.

Teilnehmer rufen zum Handeln auf

Die Eröffnungsrede zum Kongress hielt der Philosoph Bernard-Henri Levy. Antisemitismus habe sich zu von einem Phänomen des rechten Rands zu einer in Politik und öffentlicher Gesellschaft verbreiteten Gefahr entwickelt. Levy verwies dazu unter anderem auf sein Heimatland Frankreich, wo heute wieder Menschen ermordet würden, weil sie Juden sind.

Die bis Donnerstag dauernde Konferenz versteht sich laut Veranstaltern als "direkter Handlungsaufruf" angesichts eines "weltweit zunehmenden Antisemitismus seit der Shoah vor 70 Jahren" und will Antisemitismus nicht nur erforschen, "sondern der Judenfeindlichkeit in Gegenwart und Zukunft vorbeugen". Organisiert wird der Kongress von der Universität Wien in Kooperation mit der New York University, der Tel Aviv University und dem "European Jewish Congress".

Die rund 150 Vortragenden kommen aus den USA, Kanada, Israel, Lateinamerika, Australien sowie aus verschiedenen europäischen Staaten. Im Rahmen mehrerer sogenannter "Leadership Talks" werden laut Programm auch Bundeskanzler Sebastian Kurz, SPÖ-Chef Christian Kern, die Antisemitismus-Beauftragte der EU, Katharina von Schnurbein und der Vorsitzende der Jewish Agency, Natan Sharansky, mit den Konferenzteilnehmern zusammentreffen.


Quelle:
KNA
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