Kunst-Nachlass von Kardinal Meisner findet viele Liebhaber

Vom "Mitbietfieber" gepackt

Nach der ersten Benefizauktion im Mai wurde jetzt der zweite Teil von Kardinal Meisners Kunstsammlung versteigert. Die Stücke fanden großes Interesse bei Bietern aus aller Welt – und auch bei unserem Kollegen Johannes Schröer.

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Johannes Schröer
Versteigerung Nachlass Kardinal Meisner / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Versteigerung Nachlass Kardinal Meisner / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

"Und zum dritten, der Zuschlag für den thronenden Johannes Paul II. geht an die Nummer 48", Henrik Hanstein holt aus und schlägt den feinen, weißen Auktionshammer auf den Tisch. Peng. Etwas kommt unter den Hammer, heißt es ja auch im Volksmund.

Aber dieses geflügelte, despektierlich klingende Wort will zur Auktion, die an diesem Donnerstag im Haus Lempertz stattfindet, so gar nicht passen. Versteigert wird der Nachlass von Joachim Kardinal Meisner. Vor einem Jahr ist er gestorben und hat in seinem Testament verfügt, dass seine umfangreiche Kunstsammlung zugunsten der gemeinnützigen Kardinal-Meisner-Stiftung verkauft wird. Und das macht der Chef des Auktionshauses Lempertz sehr würdevoll.

Versteigerung mit Wehmut

Schließlich schwingt bei dieser Versteigerung viel Wehmut mit. Da ist die kleine goldene Tischglocke mit den Evangelisten, mit der der Kardinal immer zu Tisch geläutet hat. Oder die vielen Gänse, große und kleine – der Kardinal hat Gänse gesammelt –, die nun in alle Welt fliegen. Auch online kann man mitbieten und so geht eine barocke Madonna nach New York. "Kardinal Meisner liebte die barocke Kunst", erklärt der Auktionator, "das hat mit seiner Kindheit in Schlesien zu tun. Dort wird der Barock sehr verehrt."

Gleich zu Beginn hat Henrik Hanstein erzählt, dass er mit dem Kardinal gut befreundet gewesen sei, dass ihm diese Auktion am Herzen liege, und dass das Auktionshaus für den guten Zweck in diesem Fall auf alle Gewinne verzichte. Und genau deshalb kommen die knapp 600 kleinen Kunstschätze auch nicht unter den Hammer, sondern werden respektvoll und mit viel Würde in alle Welt geschickt.

"Der Nepomuk, der böhmische Brückenheilige, ist einer der Lieblingsheiligen von Kardinal Meisner gewesen", der Auktionator schaut die fein verzierte Skulptur liebevoll an bevor er die Gebote einholt. Auch andere Heilige begleitet er mit netten Worten auf den Auktionstisch. Und so erzielen die Liebhaberstücke Preise, die fast immer über dem Schätzwert liegen. Eine kostbare russische Ikone geht für 11.000 Euro weg, eine Putte mit leuchtend rotem Kardinalshut findet für 6.000 Euro eine neue Heimat. Aber auch die vielen Menschen, die gekommen sind, um sich ein preisgünstiges Andenken an den Kölner Kardinal zu sichern, kommen auf ihre Kosten.

Vom Mitbietfieber gepackt

Mich lächelt von der Seite ein Christusknabe an, er schaut so glaubens- und vertrauensvoll, er streckt ein flammendes Herz in die Höhe, will er zu mir? Ich hole mir eine Auktionsnummer – und dann, dann wird der Christusknabe aufgerufen. Das geht schnell, ich biete, werde überboten, biete erneut, ein Online-Bieter mischt sich ein, auch das noch, das lasse ich nicht zu, schaue den Christusknaben an, er nickt, ich biete weiter, der Auktionator sieht in meine Richtung, dann werde ich wieder überboten, von wegen, ich hebe wieder meine Karte, mein Herz klopft – Pause, Stille, und dann knallt der weiße Hammer auf den Tisch. Aufgeregtes Ausatmen. Du kommst zu mir, nicke ich dem Jesus zu – einen Herrgottswinkel werde ich ihm einrichten, er soll es gut bei mir haben – den Kardinal nicht allzu sehr vermissen.

Aber ich kann meinem Glück nicht lange nachhängen, denn die Auktion ist schon beim übernächsten Kunstwerk. Eine geschnitzte Madonna gibt es für 60 Euro oder eine Damentasche für 90 Euro. Hoppla, eine schmuckvolle Damentasche im Nachlass von Kardinal Meisner? Wie kommt die denn dahin? Ja, das bleibt wohl auf ewig sein Geheimnis.


Johannes Schröer / © Ide Lödige (DR)
Johannes Schröer / © Ide Lödige ( DR )
Quelle:
DR