Weihnachten im Heiligen Land

Eingerahmt von Juden und dem Muezzin

Weihnachten im Heiligen Land ist nach Außen hin nicht sichtbar, es gibt nicht einmal Tannenbäume. Stattdessen haben Juden den Heiligabend für sich entdeckt, berichtet Pater Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei in Jerusalem.

Pater Nikodemus Schnabel vor der Jerusalemer Dormitio-Abtei / © Debbie Hill (epd)
Pater Nikodemus Schnabel vor der Jerusalemer Dormitio-Abtei / © Debbie Hill ( epd )

domradio.de: Wird es bei Ihnen einen Christbaum geben?

Pater Nikodemus Schnabel (Prior Administrator der Dormtio-Abtei in Jerusalem):  Das ist eine schwierige Frage, weil Nordmanntannen oder Blaufichten hier im Land nicht zu haben sind. Es gibt Koniferen, die aber nicht ansatzweise so schön sind wie richtige Nadelbäume. Es gibt tatsächlich aber einen kleinen Nadelbaumwald für die christlichen Einrichtungen hier im Land. Und jetzt am Sonntag war die Möglichkeit, da einige Bäume zu schlagen und abzuholen. Wobei die immer sehr begrenzt sind, das heißt pro Person bzw. pro Mönch darf man zwei Bäume mitnehmen. Das heißt, wir haben schon die Bäume, wir stellen sie aber tatsächlich erst am 24. auf und schmücken sie dann. Also wir haben jetzt noch ganz klar Adventszeit, in der der große Adventskranz in unserer Kirche hängt. Der dominiert alles und die Christbäume kommen erst an Heiligabend zum Zuge.

domradio.de: Gelingt Ihnen die Zeit der Besinnung im Advent?

Pater Nikodemus: Ja, schon, denn wer wirklich Advent erleben will, dem empfehle ich das Heilige Land, weil es hier keine Weihnachtsmärkte gibt, keine entsprechende Straßenbeleuchtung. Die Christen machen im Land zwei Prozent aus. Das heißt, für die Juden und die Muslime spielt Weihnachten keine Rolle. Also da, wo eigentlich alles angefangen hat, wird Weihnachten relativ still gefeiert. Tatsächlich rotieren wir aber schon etwas, denn wir haben schon seit Jahren eine Weihnachtsaktion. Da geben wir die Möglichkeit, dass wir Namen und Gebetsanliegen von Leuten einsammeln und die in der Heiligen Nacht nach Betlehem auf den Geburtsstern legen. Und da kommen aktuell ganz, ganz viele Namen herein, nicht zuletzt wegen des Anschlags in Berlin am Montagabend. Das heißt, da haben wir alle viel zu tun, aber das ist ein angenehmer Stress, weil es um das Gebet geht, darum, für die Leute da zu sein. Das machen wir gerne.

domradio.de: Wie kommen die Gebete zu Ihnen?

Pater Nikodemus: Per Homepage - einfach durchklicken. Da gibt es einmal die Möglichkeit, ein Online-Formular auszufüllen, außerdem kann man eine E-Mail schreiben; und das nehmen tatsächlich sehr, sehr viele wahr. Und das ist auch eine schöne Verbindung, dass wir durch diese Gebete eine Brücke schlagen zwischen dem deutschsprachigen Raum, wo wir Mönche ja fast alle herkommen, und dem Heiligen Land hier. Das ist quasi eine Brücke über das Mittelmeer und zu Gott hin - dafür sind wir ja Mönche.

domradio.de: Wie werden Sie den Heiligen Abend begehen?

Pater Nikodemus: Wahrscheinlich so, wie viele es sich nicht denken. Er hat natürlich Internationales, also sehr viel Gebet und ein schönes Essen. Um 20 Uhr ist die Christmette mit den Christen. Um Mitternacht haben wir eine Vigil, einen Gottesdienst, mit vielen Lesungen, Gesängen, Weihrauch. Und dieser Gottesdienst ist außergewöhnlich gut besucht, das ist in Deutschland ja auch der Fall. Nur bei uns kommen da fast nur Juden. Wir haben ungefähr 1.000 Juden, die an unserem Gottesdienst teilnehmen. Da sind vielleicht noch 100 Christen dabei und das ist sehr, sehr spannend. Denn die Juden erleben, dass die ganze Welt Weihnachten feiert, nur hier im Land interessiert es keinen. Da haben viele die Neugier, deutsche Weihnachten mit "Stille Nacht, Heilige Nacht", Weihrauch, Gesänge, Christbäume zu erleben. Also diese Vigil ist wirklich überlaufen.

Nach diesem Mitternachtsgottesdienst gibt es Frühstück für alle, so gegen zwei Uhr, und dann gehen wir innerhalb von zwei Stunden die zehn Kilometer nach Betlehem, mit dieser erwähnten Namensrolle und legen dann diese Rolle in Betlehem nieder. Witzig ist dann, dass wir meistens vom Muezzin empfangen werden, das heißt mein Weihachten besteht immer darin, erst mit Juden Weihnachten zu feiern und dann von Muslimen in Betlehem empfangen zu werden. Und dann legen wir die Rolle auf den Geburtsstern nieder, das ist gegen 5 Uhr morgens. Zu diesem Zeitpunkt gehört uns wirklich der Ort von Weihnachten ganz alleine. Denn die, die noch in Betlehem Weihnachten gefeiert haben, sind schon im Bett, die Frühaufsteher sind noch nicht wach. Da haben wir wirklich den heiligsten Ort an Weihnachten für uns und beten da das Morgenlob der Kirche. Das ist unser Weihnachten. 

Das Interview führte Daniel Hauser.


Quelle:
DR