Weihnachts-Mitmachaktion der Jerusalemer Dormitio-Abtei

Mit dabei in Bethlehem

Weihnachten in Bethlehem, dem Geburtsort Jesu Christi zu verbringen, ist für viele ein zeitliches oder finanzielles Problem. Einen indirekten Weg ganz nah dabei zu sein, bieten die Mönche der Dormitio-Abtei in Jerusalem. Doch wie geht das?

Mönche in der Geburtskirche in Bethlehem / © Andrea Krogmann (KNA)
Mönche in der Geburtskirche in Bethlehem / © Andrea Krogmann ( KNA )

domradio.de: Sie haben für Christen eine Möglichkeit gefunden, indirekt in der Weihnachtsnacht in Bethlehem dabei zu sein und eine besondere Aktion ins Leben gerufen, die auch in diesem Jahr wieder angeboten wird. Dazu muss man nur seinen Namen und gegebenenfalls ein Gebetsanliegen bei Ihnen hinterlegen. Sie verschriftlichen die gesammelten Werke auf einer Rolle. Und diese Rolle wird dann schließlich in der Weihnachtsnacht zu Fuß auf einer Pilgerschaft von Jerusalem nach Bethlehem gebracht. So weit richtig?

Pater Nikodemus Schnabel (Prior Administrator der Dormtio-Abtei in Jerusalem): Ja. Unsere Aktion heißt "Ich trage Deinen Namen der Heiligen Nacht nach Bethlehem". Tatsächlich ist diese Aktion mittlerweile über die Jahre gewachsen. Das fing ursprünglich einmal ganz klein an. Wir sind nach der Mitternachtsmesse von circa halb drei bis halb fünf Uhr morgens zu Fuß die rund zehn Kilometer nach Bethlehem unterwegs. Wir versuchen, diese Strecke möglichst in gut zwei Stunden zu bewältigen, wobei zu dieser Uhrzeit der ein oder andere auch ein bisschen langsamer unterwegs ist. Um fünf Uhr wollen wir die Laudes am Geburtsstern selbst beten. Das ist der Ort, an dem man den Weihnachtsort schlechthin für sich alleine hat. Die Besucher des Mitternachtsgottesdienstes sind dann nämlich schon im Bett und die Besucher des Frühgottesdienstes sind noch nicht wach. Wir haben dort immer das Morgenlob der Mönche mit unseren Studenten und Pilgern gemeinsam gebetet.

Weihnachten ist nun aber auch eine hochemotionale Nacht. Manche Leute sind vielleicht zum ersten Mal allein, weil ihr Partner oder ihre Partnerin gestorben ist. Andere haben vielleicht auch Angst vor der Familie, weil man sich nur einmal im Jahr sieht und fürchtet, dass im Familienkreis unangenehme Themen angesprochen werden. Für viele steht auch perspektivisch das letzte Jahr gemeinsam mit der Familie an, weil junge Leute das Studium in einer anderen Stadt oder gar im Ausland beginnen. Das sind alles Dinge, die die Menschen bewegen und man fragt uns, ob man für sie beten könne. Das machen wir natürlich gerne, denn es ist unsere Hauptberufung, zu beten. Deshalb haben wir gesagt, dass wir diese Anliegen gerne mitnehmen. Wir haben ja die alte biblische Vorstellung, dass der Name für den Menschen, für die Person steht.

Dann haben wir schließlich angefangen und uns eine Rolle genommen, auf die wir Namen drauf geschrieben haben. Wir legen diese Rolle, die zunächst bei uns in der Dormitio nach der Mitternachtsmesse gesegnet wird, auf den Geburtsstern nieder und beten dort das Morgenlob für alle Menschen, die mit ihrem Namen auf der Rolle stehen mit ihrem jeweiligen Anliegen. Man darf auch Namen von Verstorbenen drauf schreiben. Diese Frage bekommen wir immer wieder gestellt. Es entscheidet jeder selber über den Namen und das Gebetsanliegen. Wir glauben ja, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, deshalb sind alle herzlich willkommen. Letztes Jahr hatten wir tatsächlich über 65.000 Namen. Das zeigt uns einfach, dass wir scheinbar ein Bedürfnis getroffen haben.

domradio.de: Wie kann man sich das vorstellen? Eine Rolle mit 65.000 Namen ist doch schon relativ schwer, oder?

Pater Nikodemus: Nicht nur das, die ist auch relativ groß. Wir haben früher die Rolle komplett ausrollen können, um sie zu segnen. Inzwischen können wir das gar nicht mehr. Unsere Kirche ist zu klein. Wir können nur noch rund ein Drittel entrollen. Die ist auch ordentlich schwer, aber man kann sie noch tragen. Ich glaube, sie wog so sechs Kilogramm im letzten Jahr. Sie geht aber auf unserem Weg nach Bethlehem immer rum. Keiner muss sie alleine tragen. Auch das ist eine schöne Sache, dass jeder einmal diese Rolle tragen darf.

Für viele ist es mittlerweile eine Tradition geworden. Manch einer ist sogar extra deswegen zu Weihnachten zu uns gekommen, um das einmal selbst zu erleben. Für mich gehört diese Tradition inzwischen zu Weihnachten dazu. Das ist für mich eigentlich Weihnachten - in der Nässe und Kälte in den frühen Morgenstunden nach Bethlehem zu gehen und zu wissen, so viele Menschen mit ihren Sehnsüchten mittragen zu können und für sie beten zu dürfen.

domradio.de: Was passiert mit der Rolle hinterher?

Pater Nikodemus: Die Rolle wird gut aufgehoben. In der Weihnachtszeit selbst befindet sie sich vor dem Altar, betet quasi immer mit. Nach der Weihnachtszeit wandert sie in den Kapitelsaal. Das ist der Raum der Mönche - unser Parlament sozusagen, wo wir intern konferieren oder geistliche Zusammenkünfte haben. Dort liegt sie dann unter unserer großen Bibel. Mittlerweile ist sie nicht mehr alleine, weil es jedes Jahr eine neue Rolle gibt. Wir haben eine kleine Rollensammlung, kann man sagen. Ich glaube Weihnachten ohne diese Rolle wäre für uns Mönche kaum mehr vorstellbar.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Pater Nikodemus Schnabel (KNA)
Pater Nikodemus Schnabel / ( KNA )
Quelle:
DR