Papst sieht Religionen vor großen Aufgaben - Assisi-Treffen hier als Video

"Nie wieder Gewalt! Nie wieder Krieg! Nie wieder Terrorismus!"

Mit einem energischen Aufruf des Papstes für Frieden und Gerechtigkeit und ist am Donnerstagabend das Friedenstreffen in Assisi zu Ende gegangen. In einem Appell stellten die 300 Teilnehmer aus zwölf Weltreligionen klar, dass Gewalt und Terrorismus dem Geist der Religion widersprechen, dass Dialog, Respekt und Solidarität das Zusammenleben von gläubigen Menschen bestimmen müssen und dass Glaubende auch mit Humanisten gemeinsam für den Aufbau einer besseren Welt kooperieren sollen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Vor der Kulisse der Basilika San Francesco verlasen die Oberhäupter christlicher Kirchen und Vertreter der Weltreligionen nacheinander die zwölf Punkte der "feierlichen Verpflichtung auf den Frieden". Jugendliche überreichten jedem Religionsführer eine brennende Lampe. Mit Beginn der Dämmerung glich der säulengerahmte Vorplatz der zum Weltkulturerbe zählenden Basilika einem Lichtermeer.



Das Zeremoniell ähnelte dem historischen Gipfel, zu dem Johannes Paul II. am 27. Oktober 1986 in die mittelitalienische Franziskus-Stadt eingeladen hatte. Aber Assisi 2011 war mehr als nur ein bloßes Jubiläumstreffen. Die veränderte Weltlage hat den Friedensauftrag von Christen und Religionen vor neue Fragen und Herausforderungen gestellt. Mit dem Ende des Ostblocks sei die Welt nicht friedlicher geworden, sagte Benedikt XVI. Der Unfriede habe neue und erschreckende Gesichter. Dazu gehöre der Terrorismus, der vielfach religiös motiviert sei. Dazu gehört auch die Gewalt infolge der Abwesenheit Gottes in der Gesellschaft. Denn die Feinde der Religion betrachteten diese als eine Hauptquelle der Gewalt in der Menschheitsgeschichte, und forderten ihr Verschwinden - mit nicht weniger aggressiven Mitteln.



Frage nach dem wahren Wesen der Religion

Benedikt XVI. verband mit seiner Analyse der veränderten Weltlage auch Überlegungen zu den Herausforderungen, die sich daraus für die Religionen ergäben. Christen wie Muslime, Juden, Buddhisten oder Hindus müssten sich die Frage nach dem wahren Wesen der Religion stellen. Sie müssten sich mit Blick auf die Gewalt fragen, ob es überhaupt ein gemeinsames Wesen der Religion gebe. "Kennen wir Gott, und können wir ihn neu der Menschheit zeigen, um wirklichen Frieden zu stiften?", fragte der Papst.



Für ihre Klärung erhofft Benedikt XVI. sich Hilfe auch von Agnostikern, die zwischen Religion und Antireligion stehen, die aber auf der Suche nach Wahrheit, nach Sinn und nach Grundorientierung sind. Daher hatte der Papst auch einige Nichtglaubende eingeladen, mit denen der Vatikan seit geraumer Zeit im Dialog über Letzte Dinge steht.



Insofern war Assisi 2011 mehr als nur ein "Remake" der früheren interreligiösen Treffen. Benedikt XVI. hat das gemeinsame Friedensanliegen feierlich bekräftigt. Er hat zugleich die Fragestellung erweitert und das Treffen damit auf Grundfragen der Religion erweitert.



Keine Religionsvermischung

Zugleich bemühte sich der Friedensgipfel, jeden Verdacht einer Religionsvermischung zu vermeiden. Es gab kein gemeinsames Gebet verschiedener Religionen. Die Delegierten beteten und meditierten still für sich. Und die Idee von einem gemeinsamen "Friedensgebet" wurde durch "Pilgern" ersetzt. Dieses Bild verdeutlicht noch präziser das gemeinsame Anliegen: dass die Religionen zum Frieden hin gemeinsam "unterwegs" sind.



Als Kardinal stand Joseph Ratzinger der Idee von Assisi zunächst zurückhaltend gegenüber, er sah die Vorbehalte von Gläubigen, die sich um eine Religionsvermischung sorgten und auch von Traditionalisten. Dass er nach Assisi eingeladen hat, gerade in einem Moment, in dem der Vatikan wieder im Dialog mit den Piusbrüdern ist, gilt als klares Signal, dass er den Gedanken von Assisi fortsetzen und in seinem Sinn prägen will. Sein Auftreten in Assisi lässt vermuten, dass er sich wohlfühlte. Bleibt abzuwarten, welche Signale vom Friedensgipfel ausgehen: Für die Politiker, für die Krisenherde der Welt, aber auch für die Ökumene und für den interreligiösen Dialog - und auch für die Piusbrüder.