Blasiussegen und Ascheritus in Corona-Zeiten

"Das ist ein bisschen ungewohnt"

Wie werden angesichts anhaltender Beschränkungen der Blasiussegen Anfang Februar und das traditionelle Aschenkreuz am Aschermittwoch aussehen? Der Theologe Alexander Saberschinsky erklärt, was in diesem Jahr "ungewohnt" ist.

Junge Frau mit Aschekreuz / © Bob Roller (KNA)
Junge Frau mit Aschekreuz / © Bob Roller ( KNA )

DOMRADIO.DE: Eigentlich passt der Blasiussegen perfekt in die Zeit gerade. Schließlich soll er die Menschen vor Halskrankheiten und anderem Bösen bewahren. Der Gedenktag kommt bald, am 3. Februar. Aber ganz allgemein: Wie soll ein Segen so etwas überhaupt leisten?

Prof. Dr. Alexander Saberschinsky (Theologieprofessor und Referent für Liturgie in der Hauptabteilung Seelsorge des Erzbischöflichen Generalvikariats Köln): Man könnte ja fast meinen, der Blasiussegen sei für die Corona-Pandemie gemacht. So nach dem Motto: Segnen statt impfen. Wenn man nochmal auf die Segensformulierung schaut, dann sieht man, wie das jetzt eigentlich andocken kann. Da heißt es nämlich wörtlich, "auf die Fürsprache des heiligen Blasius bewahre Dich der Herr vor Halskrankheiten und allem Bösen". Ja, und Corona – eine Atemwegsinfektion – das scheint wunderbar zu passen.

Nur: Was machen wir, wenn es nicht funktioniert? Ich würde mal davon ausgehen, dass auch nach dem Blasiussegen die Infektionszahlen jetzt nicht drastisch nach unten gehen wegen des Blasiussegens. Ich möchte daher einfach mal einen Vergleich heranziehen aus dem zwischenmenschlichen Bereich. Wenn mir da jemand "alles Gute" wünscht und ich dann hinterher doch Pech habe, dann gebe ich ihm ja nicht die Schuld dafür. Jetzt könnte man natürlich sagen, vom lieben Gott erwarten wir aber ein bisschen mehr als von anderen Mitmenschen. Aber das heißt ja nicht, dass er der bessere Virologe ist.

Um was es eigentlich beim Blasiussegen geht, das erklärt so ein bisschen die Nähe zu dem Fest "Darstellung des Herrn". Das ist ja genau am Tag vorher, am 2. Februar, traditionell früher auch Lichtmess genannt. Auch die Kerzensymbolik ist wichtig: Der Blasiussegen wird ja in Gestalt von zwei gekreuzten Kerzen dann auch noch gespendet. An "Darstellung des Herrn" feiern wir eigentlich die Nähe Gottes zu den Menschen, der ja an Weihnachten auch ganz selber konkret Mensch geworden ist, um uns nahe zu sein.

Dieser Christus, in dem Gott Mensch geworden ist, will uns als Licht der Welt auch persönlich ganz nahe sein. Das spricht mir eigentlich dieser Segen zu. Und er will uns nahe sein in schweren Stunden, auch in Krankheit. Das jetzt hier die Halskrankheiten erwähnt werden, das hängt mit der Legende des heiligen Blasius zusammen. Und er will uns auch in der Corona-Krise nahe sein. Das heißt nicht, dass er uns einfach alles erspart, aber es heißt, dass er uns nahe ist in allen Situationen, auch in den schwersten.

DOMRADIO.DE: Wie sollen denn Priester den Blasiussegen gerade jetzt spenden? Geht das überhaupt coronakonform?

Saberschinsky: Darüber muss man tatsächlich kritisch nachdenken. Aber das haben wir auch seitens des Erzbistums getan – und es geht. Der Blasiussegen selber kann ja ab dem Vorabend des Gedenktages gespendet werden. Ab dem Vorabend würde heißen 2. Februar. Und es geht dann auch am Sonntag danach ab der Vorabendmesse – also ab Samstagabend. Er muss allerdings grundsätzlich jedem einzeln gespendet werden, gerade weil es um diese persönliche Zusage der Nähe Gottes geht.

Da gibt es entweder die gute Möglichkeit, dass man in der Kirche eine schützende Plexiglasscheibe hat, wie sie manche auch schon von der Kommunionausteilung kennen. Wo die nicht gegeben ist, muss der Segen nicht ausfallen. Nur dann muss man noch umso mehr auf Hygiene und Abstand achten und alle Beteiligten müssen vor allen Dingen bei dem Sprechen des Segens eine Mund-Nasenbedeckung tragen – und wenn es irgendwie geht, natürlich diese mit dem höheren Schutzgrad. Dann empfehlen wir außerdem seitens des Erzbistums, diesen Segenszuspruch, den ich eben zitiert habe, gemeinsam für alle zu sprechen und dann den Einzelsegen zu erteilen mit diesen zwei gekreuzten Kerzen und natürlich dem segnenden Kreuzzeichen. Also es geht, man muss sich nur ein bisschen darauf einstellen.

DOMRADIO.DE: So geht also der Corona-Blasiussegen. Schauen wir noch einen Schritt weiter. Karneval rückt auch in den Blick, fällt in diesem Jahr fast ganz aus. Der Aschermittwoch am 17. Februar allerdings nicht. Da wird ja normalerweise immer das Aschenkreuz ausgeteilt. Was steckt dahinter für eine Vorstellung?

Saberschinsky: Es ist richtig, der Aschermittwoch fällt natürlich nicht aus, denn die Karnevalszeit gibt es ja wegen der Fastenzeit und nicht die Fastenzeit wegen des Karnevals. Was das Aschekreuz soll, das erklärt sich von dem Sinn der Fastenzeit her. Da ist nämlich die Idee, sich auf dem Weg auf Ostern zu – das ist ja die Vorbereitungszeit auf Ostern – noch einmal neu auf Gott auszurichten. Mit anderen Worten gilt es dort, wo man die falsche Richtung gegangen ist, umzukehren. Das entspricht ja genau einer der Formulierungen, die beim Austeilen der Asche benutzt werden. Da heißt es nämlich: "Bekehrt euch" – das ist dieses Umkehren. "Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium!" Das wird dann begleitet von dem Ascheritus.

Asche ist da zu dieser Umkehr ein sehr passendes Symbol, weil man ihr traditionell eine läuternde und reinigende Kraft zuschreibt, weil sie ein Produkt ist, das aus einer Verbrennung hervorgeht. Außerdem ist Asche immer ein Zeichen der menschlichen Vergänglichkeit. Das passt ganz gut zu der anderen Formulierung, die bei der Austeilung der Asche gesprochen werden kann. Da heißt es nämlich: "Bedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehrst." Das ist harter Tobak. Das geht natürlich zurück auf Genesis 3,19 und die Vertreibung aus dem Paradies. Und schließlich ist Asche auch immer ein Symbol der Trauer und Buße und passt deswegen als Zeichen-Handlung – also bestreuen mit Asche – immer sehr gut zu diesem Umkehrritus, der bewusst an den Anfang der Fastenzeit gesetzt ist.

DOMRADIO.DE: Normalerweise, wenn gerade nicht Corona ist, dann teilen Priester das Aschenkreuz aus, also zeichnen dem Gläubigen ein Kreuz auf die Stirn. Jetzt hat die Vatikan-Liturgie-Kongregation für die Pandemie sogar einen extra Erlass veröffentlicht. Auch Sie im Erzbistum Köln haben sich damit beschäftigt, wie in diesem Jahr das Austeilen des Aschenkreuzes aussehen kann.

Saberschinsky: Letztes Jahr waren wir noch alle ganz überrascht, wie das jetzt geht. Das waren ja dann eher die Osterfeiertage, aber dieses Jahr haben wir natürlich ein bisschen vorgedacht. Die Frage ist tatsächlich: Wie geht das Austeilen der Asche? Bei uns hat sich in Deutschland sehr stark dieses Bezeichnen der Stirn mit einem Aschekreuz etabliert. Das ist so verbreitet, dass wir eigentlich landläufig meinen, das sei die einzige Möglichkeit. Dabei ist das gar nicht die einzige Möglichkeit. Und das muss nämlich genau in diesem Jahr wegfallen. Der Ascheritus fällt nicht aus, aber das Bezeichnen der Stirn mit dem Aschekreuz geht in diesem Jahr nicht. Aufgrund der Infektionsgefahr will man natürlich den Körperkontakt vermeiden. Konkret ist es dann einfach so geregelt, dass diese Formulierung, die dazu gesprochen wird, die ich ja schon zuvor zitierte "Kehrt um.." oder "Bedenke Mensch, dass zu Staub bist...", diese Formulierung wird einmal für alle Mitfeiernden, für alle Anwesenden gesprochen. Danach reinigt sich der Priester die Hände, setzt eine Maske auf und legt dann denjenigen, die zu ihm herantreten, die Asche auf. So ist die Formulierung in diesem römischen Dokument. Das sieht dann konkret so aus: Der Priester nimmt die Asche und lässt sie jetzt auf das Haupt eines Jeden fallen, ohne nochmal etwas dabei zu sagen wegen der Aerosole.

Das ist ein bisschen ungewohnt, dieses Bestreuen mit Asche, dieses aufs Haupt fallen lassen. Das entspricht aber sogar mehr dem, was im Messbuch steht. Da ist nämlich die Rede davon, dass der Priester die Asche auflegt. Von einem Bezeichnen der Stirn mit einem Kreuz ist da gar nicht die Rede. Abgesehen davon bringt eigentlich diese nur auf den ersten Blick ungewohnte Handlung eigentlich noch einmal viel besser das zum Ausdruck, um was es geht. Die Redewendung, die wir alltagssprachlich zum Beispiel benutzen, heißt ja auch: Asche auf mein Haupt. Und da steckt genau das eigentlich drin, um was es geht. Für die meisten Gläubigen wird das aber ungewohnt sein. Ich denke, deswegen muss man das nicht nur im Gottesdienst, sondern idealerweise schon im Vorfeld des Gottesdienstes kommunizieren, dass es dieses Jahr anders laufen muss, um dann im Gottesdienst Irritationen zu vermeiden. Aber ich glaube, man kann auch gut erklären, warum das nicht nur hygienisch notwendig ist, sondern auch theologisch durchaus Sinn macht, das so zu gestalten. Das Aschekreuz und der Ascheritus müssen also nicht ausfallen, es läuft nur ein bisschen anders.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Prof. Alexander Saberschinsky / © Tomasetti (DR)
Prof. Alexander Saberschinsky / © Tomasetti ( DR )

Figur des Heiligen Blasius / © Katharina Ebel (KNA)
Figur des Heiligen Blasius / © Katharina Ebel ( KNA )

Asche auf einem Tablett / © Harald Oppitz (KNA)
Asche auf einem Tablett / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR