Über die Rolle von Frauen in Führungspositionen der katholischen Kirche

"Pack Dir an die eigene Nase!"

Frauen in der Kirche haben viele Möglichkeiten - davon ist Bernadette Schwarz-Boenneke überzeugt. Die Leiterin der Abteilung für Schule/Hochschule im Erzbistum Köln appelliert an Frauen, sich klar zu positionieren.

Frauen in Spitzenpositionen (dpa)
Frauen in Spitzenpositionen / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was haben Sie gedacht, als Sie von dem Plan der Bischöfe gehört haben, der katholischen Kirche bis 2023 eine Frauenquote von 30 Prozent zu verordnen?

Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke (Hauptabteilungsleiterin Schule/Hochschule im Erzbistum Köln): Ich bin froh! Ich bin froh, dass das Thema auf der Agenda ist und bleibt. Denn ich glaube einfach, dass wir das weiter zu einem politischen Thema machen müssen. Kirche ist ein großer Arbeitgeber und sollte deshalb auch prüfen, welche Entwicklungsmöglichkeiten sie immer noch hat für Frauen, wo es weiter Potenziale gibt. Und ich bin auch davon überzeugt, dass es da weiter eine Leitungsentscheidung braucht. Kardinal Woelki hat ja, als er in Köln angefangen hat, ganz bewusst gesagt, er möchte Frauen in Führungspositionen bringen. Dankenswerterweise bin ich eine von ihnen.

DOMRADIO.DE: Sie sind eine von immer noch sehr wenigen Hauptabteilungsleiterinnen in katholischen Verwaltungen. Fühlen Sie sich da manchmal nicht ziemlich alleine?

Schwarz-Boenneke: Nein. Und zwar, weil ich noch mal genauer hinschaue, in welchen Bereichen Frauen sitzen. Ich bin ja für den Bildungsbereich zuständig. Wenn ich mir da die Bundesebene anschaue, dann stelle ich einfach das fest, was ich auch in anderen Bereichen feststelle: Bildung ist Frauenthema. Da sind wir deutlich mehr als in anderen Bereichen.

Wenn ich mir meine Kollegin Petra Dierkes anschaue, in der Seelsorge. Ich glaube, da sieht es nochmal anders aus. Und dass wir mit ihr eine Seelsorge-Hauptabteilungsleiterin haben, ist nochmal ein klares Statement. Wenn ich mir die Situation in unserem Generalvikariat anschaue, dann haben wir zum Glück gute Netzwerke von Frauen auf verschiedenen Führungsebenen, wo wir uns auch regelmäßig zum Austausch treffen - seien es Netzwerktreffen, sei es aber auch dass Mentoring-Programm der Bischofskonferenz. Insofern merke ich einfach, dass da eine Sensibilität auch unter uns Frauen da ist, noch mal klar zu kriegen: Was heißt für uns eigentlich, weibliche Führungskraft zu sein und wie vernetzen wir uns da?

DOMRADIO.DE: Sie haben ja auch außerkirchliche Erfahrungen, waren schon in der freien Wirtschaft tätig und können jetzt auch vergleichen. Würden Sie denn sagen, dass Frauen es in der katholischen Kirche schwerer haben als anderswo?

Schwarz-Boenneke: Ich habe im Wissenschaftsbereich und im Stiftungsbereich gearbeitet. Und ich erlebe da ähnliches wie Frau Dr. Qualbrink in ihrer Doktorarbeit zu Frauen in kirchlichen Führungspositionen beobachtet hat. Sie hat festgestellt, dass es einen gläsernen Deckel gibt, dass männliche Netzwerke bei der Nachbesetzung von Stellen in Kirche funktionieren, dass Frauen sich weniger strategisch aufstellen und dass für Frauen weiter das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie relevant ist. Das sind die vier Punkte, die Sie herausgearbeitet hat. Das beobachte ich im wissenschaftlichen Bereich und im wirtschaftlichen Bereich genauso.

Insofern würde ich sagen: Wir haben hier einfach ein bleibendes gesellschaftliches Thema. In Kirche und jetzt gerade auch für mich, in meiner Verantwortungsposition, heißt es einfach: Pack Dir an die eigene Nase! Appell an mich selber und Appell an alle Führungskräfte: Wir müssen das eigene Verhalten nochmal reflektieren.

Ein Beispiel: Ich hatte in den letzten Tagen eine Gremiumssitzung. Dort haben sich ein Mann und eine Frau präsentiert. Bei der Frau war klar, ihre Fachlichkeit ist brilliant. Aber sie hat sich einfach nicht so gut verkauft wie der Mann. Das ist stereotyp, aber es fällt halt immer wieder auf. Da kann ich einfach nur sagen: Appell an mich als Führungskraft, nochmal genauer hinzuschauen und zu fragen, auf welcher Basis entscheide ich eigentlich. Aber auch Appell an Frauen, die sich entwickeln und entfalten wollen, sich gut und klar zu positionieren und dann auch ein bisschen forscher aufzutreten, als man das sonst machen würde.

DOMRADIO.DE: Aber bis auf weiteres bleiben Frauen ja von Weiheämtern ausgeschlossen und damit automatisch auch von den höchsten Entscheidungsposten. Macht sich die katholische Kirche damit als Arbeitgeberin nicht irgendwie unattraktiv für gut qualifizierte, ehrgeizige junge Frauen, die sie ja gerade auch beschrieben haben, die sich da auch zeigen sollten?

Schwarz-Boenneke: Das Thema Weihe von Frauen und die Frage von Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung ist für uns in Kirche gerade ein unglaublich virulentes Thema. Es brennt uns ja allen unter den Nägeln. Ich würde nur gerne wirklich nochmal dafür werben, den Blick auf die Bereiche zu richten, wo wir jetzt schon Möglichkeiten haben.

Ich bin davon überzeugt, dass die noch nicht bekannt genug sind. Und ich bin auch davon überzeugt, dass wir noch lange nicht wirklich das ausgeschöpft haben, was wir ausschöpfen könnten. Deshalb wäre mein Appell: Ja, das Thema ist virulent, gerade in unserer Kirchenkrise aktuell. Aber, lasst uns bitte darüber nicht die Bereiche aus dem Blick verlieren, in denen tatsächlich Luft nach oben ist und wir noch viel mehr tun können - und zwar jetzt selbst und unabhängig von anderen.

Das Interview führte Carsten Döpp. 


Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke / © privat (privat)
Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke / © privat ( privat )
Quelle:
DR
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