Eine Würzburger Theologin engagiert sich als Krankenschwester

Nächstenliebe mit einem mulmigen Gefühl

Angesichts von Corona wird jede helfende Hand derzeit in den Krankenhäusern gebraucht. Die Würzburger Pastoralassistentin Aline Welzbach kennt den Job und packt seitdem wieder mit an - ein Beispiel, das ansteckt.

Autor/in:
Christian Wölfel
Symbolbild Krankenhaus / © VILevi (shutterstock)

"Es ist schwer auszuhalten, dass ich Kinderkrankenschwester bin und in den Krankenhäusern so dringend Personal gesucht wird." Alina Welzbach ist 28 Jahre alt und Pastoralassistentin in der Pfarreiengemeinschaft Würzburg-Ost. Doch nun griff die junge Frau zum Telefon, und fragte in der Uniklinik Würzburg nach, ob ihre Hilfe gebraucht würde. Dort hatte sie schon während des Theologie-Studiums in der gynäkologischen Notaufnahme gearbeitet. Die Klinik sagte sofort ja, ihr Vorgesetzter beim Bistum Würzburg auch. Nun ist sie dreimal im Monat wieder in ihrem alten Beruf - quasi im Nebenjob auf 450-Euro-Basis.

"Gelebte Nächstenliebe"

"Hier im Krankenhaus wird ganz konkret gelebte Nächstenliebe spürbar", sagt die Theologin, die auf der Geburtsstation aushilft. Welzbach hatte nach dem Abitur und einem Freiwilligen Sozialen Jahr zunächst eine Pflegeausbildung gemacht. Dabei entdeckte sie auch ihre Leidenschaft für die Theologie. Erst seit September 2019 war mit dem Job in der Klinik Schluss, als sie in der Pfarreiengemeinschaft anfing. Doch seitdem hat sich angesichts der Corona-Pandemie im Krankenhaus viel verändert. Security-Mitarbeiter stehen am Eingang, Hygiene-Vorschriften werden überwacht, Mundschutz ist während der ganzen Schicht Pflicht.

"Im persönlichen Gespräch läuft viel über Gestik und Mimik - gerade bei Patientinnen, die nicht so gut Deutsch sprechen", erzählt Welzbach. Doch jetzt ist der Mund verdeckt. "Wie wertvoll ist ein aufmunterndes Lächeln, wenn es keine passenden Worte gibt, doch genau das geht zurzeit etwas verloren - auch wenn natürlich meine Augen mitlächeln."

Sorge bei Patienten und Personal

Alles andere als normal ist auch die Lage auf der Geburtenstation, die einen eigenen Bereich für Mütter mit Corona-Verdacht hat. Doch auch für alle anderen Schwangeren ist die Situation nicht leicht, wie Welzbach erzählt. Bei der Geburt darf zwar der Partner noch dabei sein, danach aber herrscht ein strenges Besuchsverbot. Gerade bei Kaiserschnitten sei das schwierig für die Frauen, da sie länger in der Klinik bleiben müssen und sich zunächst nicht so gut bewegen können. Umso wichtiger sei derzeit das Pflegepersonal, also auch sie selbst als Ansprechpartnerin.

Dazu kommen die Sorgen der Eltern, wenn zwar die Mutter entlassen, das Kind aber noch in der Klinik bleiben müsse. Und die Furcht, sich selbst anzustecken. Das gilt auch für das Personal, wie die Theologin berichtet. Sie sei mit einem mulmigen Gefühl in den alten Beruf zurückgekehrt. "In Krankenhäusern ist die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung höher als im Homeoffice."

Vorbild für andere

Von zu Hause arbeitet Welzbach derzeit, wenn sie nicht in der Klinik ist. Es gilt, neue Möglichkeiten zu finden, mit den Gläubigen in Kontakt zu bleiben. Darüber ist sie auch mit ihrem Ausbildungskurs im Austausch. "Ich habe erzählt, dass ich jetzt in der Klinik aushelfe. Da war dann gleich Interesse da, wie so etwas arbeitsrechtlich geht." Viele aus dem Kurs hätten ebenfalls das Bedürfnis sich einzubringen. Ihr Beispiel war für andere ein Anstoß: Ein Kollege weiß über Bekannte vom Bedarf an Erntehelfern in der Landwirtschaft, ein anderer will bei der Tafel anklopfen.

Es gehe darum, gerade als Vertreter der Kirche praktische Hilfe zu leisten - auch wenn der Grat schmal sei angesichts des Aufrufs, soziale Kontakte zu vermeiden, räumt Welzbach ein. Sie selbst erlebt gerade, wie viele sich in den Kliniken engagierten, etwa Medizinstudenten. Ist die Krise also doch so etwas wie eine Chance, wie mancher Kirchenvertreter derzeit predigt?

Als Theologin sehe sie das durchaus. "Es werden neue Formate entwickelt. Die Jugend organisiert Einkäufe." Als Pflegekraft empfinde sie anders. "Viele in der Klinik fragen sich, ob wir der Krise gewachsen sind. Es herrscht ein angespanntes Gefühl. Da finde ich es etwas schwierig, von einer Chance zu sprechen." Wenn Corona helfen könne, die Bedeutung mancher Berufe deutlich zu machen, wäre schon etwas gewonnen. "Ich weiß nicht, ob sich etwas ändert. Doch es wird deutlich welche systemrelevanten Berufe unterbezahlt sind."


Quelle:
KNA