Hundetrainer Rütter gibt Tipps in der Corona-Krise

Auch Vierbeiner wollen beschäftigt sein

Nicht nur für Hundebesitzer bringt die Corona-Krise jede Menge Veränderung mit sich. Auch die Vierbeiner kriegen das mit. Der Hundetrainer Martin Rütter erklärt im Interview, worauf man nun besonders achten sollte.

Auch Hunde wollen beschäftigt sein / © Aleksey Boyko (shutterstock)
Auch Hunde wollen beschäftigt sein / © Aleksey Boyko ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Nehmen wir mal den Fall, dass ein Hund normalerweise öfter alleine ist. Jetzt ist aber immer einer da. Kann ich ihm das Alleinsein nach der Krise wieder angewöhnen?

Martin Rütter (Hundetrainer): Ja, das ist wirklich eine gute Frage. So sollte man auch denken, denn die meisten Leute freuen sich darüber, dass sie jetzt 24 Stunden Zeit mit ihrem Hund verbringen können. Die Krise kann ja von heute auf morgen wieder vorbei sein, so hoffen wir alle. Dann muss man den Hund tatsächlich wieder ans Alleinsein gewöhnen.

Deshalb ist einer der wichtigsten Ratschläge, die gemeinsame Zeit mit dem Hund zu genießen, aber ihn nicht den ganzen Tag in den Mittelpunkt zu stellen. Man sollte dem Hund stattdessen eine gewisse Normalität vorleben.   

DOMRADIO.DE: Ganz normal Gassi gehen darf man noch, in Deutschland jedenfalls. In Griechenland beispielsweise sieht das anders aus. Da darf man sich mit dem Hund nur noch 400 Meter vom Haus entfernen. Was heißt das für den Hund? Kann man das verallgemeinern?

Rütter: Ja, das kann man verallgemeinern. Der Hund ist ein Lauftier und er braucht Bewegung und will diese auch bekommen. Wir reden von einem gesunden Hund. Was viele Leute vergessen, ist, das der Hund auch Beschäftigung braucht. Man kann Bewegung ein Stück weit durch Beschäftigung ersetzen. Das ist genauso wie bei Menschen: Ich bin gerne aktiv und draußen, aber eine Stunde Chinesischvokabeln können mich genauso anstrengen wie zwei Stunden Tennis.

Man muss dem Hund also zu Hause kleine Denksportaufgaben geben wie zum Beispiel Futter verstecken und ihn aktiv zum Suchen animieren. Das ist eine Beschäftigung für etwa eine Viertelstunde.

DOMRADIO.DE: Da muss er sich konzentrieren. Das kennt man ja auch von sich selbst, dass man Kalorien verbrennt, wenn man sich geistig anstrengt. Muss man denn das Futter reduzieren, wenn der Hund jetzt weniger rauskommt?

Rütter: Man sollte auch das "Futter" beim Menschen reduzieren. Beim Hund heißt Futter reduzieren nicht Volumen verkleinern. Füttert man ihm nur die Hälfte seines gewöhnlichen Futters hat er Hunger. Man sollte besser ein Futter mit wenig Kalorien und weniger Rohproteinen auswählen.

Verringert man die normale Futterration, sollte man sie beispielsweise mit Salatgurken auffüllen. Die mögen Hunde gerne und da sie zu einem hohen Prozentanteil aus Wasser bestehen, hat der Hund das Gefühl satt zu sein. Er ist aber nicht so vollgestopft mit Nahrung.

DOMRADIO.DE: Das ist ähnlich wie beim Menschen, oder?

Rütter: Ja. Genauso ist das mit der Sozialstruktur. Hunde können einen echten Lagerkoller bekommen. Für den Hund kann diese Zeit sehr anstrengend und nervig werden, wobei ich glaube, dass sie eher glücklich über die Situation sind, da sie jetzt viel mehr Zeit mit dem Menschen verbringen können.

DOMRADIO.DE: Stichwort Sozialstruktur: Menschen rotten sich ja auf der Hundewiese genauso zusammen wie die Vierbeiner drumherum. Die Hundewiese ist bei uns noch nicht verboten. Erwarten Sie, dass das gestrichen wird?

Rütter: Ich erwarte das auf jeden Fall und vor allem, weil die Leute sich falsch verhalten. Wenn man auf Abstand bliebe, würde die Politik da cool bleiben. Aber es ist ja wirklich absurd.

Ich wohne etwas außerhalb von Köln und kann von meinem Garten aus direkt in den Wald gehen. Hier sind wahrliche Volksaufläufe. So viele Menschen habe ich hier noch nie gesehen. Teilweise sind es auch große Gruppen, Menschen, die sich draußen zum Grillen verabreden. Und so lange auf ein vernünftiges Benehmen nicht geachtet wird, wird es auch weitere Maßnahmen geben.

DOMRADIO.DE: Es gibt sogar schon Berichte darüber, dass Leute sich Hunde ausborgen, damit sie eine Rechtfertigung dafür haben, warum sie auf die Straße gehen müssen anstatt zu Hause zu bleiben. Einige ziehen sogar Plastikhunde hinter sich her. Aber wenn man jetzt wirklich in Quarantäne ist und jemanden braucht, der mit dem Hund rausgeht, worauf sollten Hundebesitzer achten, wenn sich die freundliche Nachbarsschülerin anbietet?

Rütter: Bei einer Nachbarin oder Schülerin, die noch nicht volljährig ist, würde ich das vorher mit der Haftpflichtversicherung abklären. Nicht jede Versicherung greift, wenn man den Hund in andere Hände gibt. Und wenn es die zwölfjährige Nachbarin ist, kann das mit der Haftpflichtversicherung wirklich heikel werden.

Ich habe ja in meiner Sendung jeden Tag Gäste, auch Sänger wie Mark Forster oder Fußballspieler wie Toni Kroos. Und jeder sagt ja etwas anderes. Aber die Tierärztin sagt, dass es keine Übertragung des Coronavirus vom Menschen zum Hund gibt. Bei der Übergabe muss man allerdings aufpassen. Das bedeutet auch, mal die Leine abzuwaschen oder zu desinfizieren oder sich nicht zu drücken, um dem anderen Danke zu sagen.

DOMRADIO.DE: Wenn man seinen gerade fünf Monate alten Hund ganz in Ordnung erzogen hat und ihn nun mehrfach täglich in fremde Hände geben muss, muss man darauf achten, dass die Chemie stimmt und entsprechende Anweisungen mitgibt?

Rütter: Im Idealfall ziehen alle bei der Erziehung an einem Strang, aber das ist ja in keiner Familie so. Meist ist die Frau konsequenter als der Mann. Wenn das jeden Tag passiert, nimmt der Hund irgendwann das Frauchen ernst und das Herrchen nicht. Besuch, der alle paar Tage kommt, kann nicht viel falsch machen. Er kann weder etwas kaputt machen, noch den Hund erziehen. Man sollte ein paar Grundspielregeln mitgeben, aber auch nicht zu pedantisch sein.

DOMRADIO.DE: Sie haben gerade Ihre Sendung erwähnt, die Sie jeden Tag von 18:30 Uhr bis 19:30 Uhr auf Facebook und Instagram machen. Dort haben Sie auch Gäste, unter anderem Pfarrer Franz Meurer, der mit DOMRADIO.DE eng verbunden ist. Der hat aber, glaube ich, gar keinen Hund.

Rütter: Nein, wir werden auch gar nicht über Hunde reden. Die Sendung hat zwar einen hohen Tieranteil, aber wir reden über alle Themen, die Menschen gerade bewegen. Er ist ein Gast, der sich vor allem um die Obdachlosen kümmert.

Pfarrer Meurer und ich hatten einmal eine große Aktion zusammen, wo wir einen Stammzellenspender gesucht haben. Da haben wir über 3.000 Menschen aktiviert, in die Kirche zu kommen. Pfarrer Meurer werde ich fragen: Wie geht die Kirche mit der Situation um? Was wird sich da verändern? Was kann die Kirche zur gesellschaftlichen Veränderung beitragen? Das ist das Konzept der Sendung. Wir plaudern einfach über alles. Da kann es sein, dass ein Gast mir ein Lied vorsingt oder Pfarrer Meurer mir erzählt, wie es momentan in der Kirche aussieht.

Das Interview führte Uta Vorbrodt. 


Quelle:
DR