Soziale Hilfsangebote in der Corona-Krise

Nächstenliebe per Handzettel und Facebook

Soziale Kontakte sollten in der Corona-Krise gemieden werden, dennoch stehen viele Nachbarschaften und Gemeinden näher zusammen als jemals zuvor. Hilfsangebote für Senioren und Einsame sind analog und digital zu finden.

Autor/in:
Rainer Nolte
Medientyp: Bild Hilfenetzwerk Corona  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Medientyp: Bild Hilfenetzwerk Corona / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Corona schweißt zusammen: Politiker rufen zur Solidarität auf, die Kirche wirbt für Nachbarschaftshilfe. "Bitte stehen Sie den schwächeren Menschen und insbesondere auch den älteren Menschen bei", ermuntert Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck. Ein Blick in so manchen Hausflur oder Facebook-Post dürfte den Essener Bischof sicher erfreuen: Dort finden sich zahlreiche Hilfsangebote in der Krise.

Die katholische Propstei Sankt Trinitatis in Leipzig etwa hat eigens eine Telefonnummer eingerichtet. Als Gemeinde wolle man füreinander da sein, zum Beispiel bei Einkäufen für Menschen, die als Hochrisikogruppe nicht in die Öffentlichkeit gehen möchten.

Netzwerke werden aufgebaut

Der Pfarrverband Bonn-Süd ist ebenfalls engagiert. Gemeindereferentin Martina Kampers und die Ehrenamtliche Konstanze Nolte bauen derzeit ein Netzwerk auf: "Wir helfen, Menschen, die Hilfe benötigen, mit Menschen zusammenzubringen, die Hilfe anbieten", erklärt Kampers. In den Sozialen Netzwerken und mit Zetteln an Bäumen hat der Pfarrverband um Helfer geworben. 75 Ehrenamtliche haben sich gemeldet. Allerdings fehlt es noch an Hilfegesuchen.

"Ich habe den Eindruck, dass der Risikogruppe noch nicht klar ist, dass diese Personen Busfahrten und Schlangestehen an Kassen dringend vermeiden sollten", sagt sie. Es sei auch vorgekommen, dass ältere Gemeindemitglieder selber Hilfe angeboten hätten. "Da musste ich erstmal mit dem Missverständnis aufräumen und erklären, dass sie selber ja Supermärkte und Busse meiden sollten", so Kampers.

Gänge zu Supermarkt oder Apotheke

Ähnliches berichten die Jungs vom Chor "Grüngürtelrosen" aus Köln. Statt Chorproben bieten sie die freigewordenen Zeitfenster unter dem Namen "Rosendienst" für Gänge zu Supermarkt oder Apotheke an, wie es in einem Facebook-Post heißt. Beim "Quarantäne-Engel" der katholischen Kirche in Frechen bei Köln klingele das Telefon heiß, postet die Gemeinde. Im Minutentakt riefen hilfsbereite Menschen an.

Hamburg, München, Berlin...der Hashtag #coronahilft trendet bundesweit.

Auch das Nachbarn-Portal nebenan.de verzeichnet laut Geschäftsführerin Ina Remmers eine Vielzahl an Hilfsangeboten. Jedoch sei die Nachfrage nach Hilfe gering, sagte sie in den ARD-Tagesthemen. Dies liege wohl daran, dass das digitale Angebot die älteren Menschen nicht so gut erreiche. Eine Telefonhotline werde nun eingerichtet.

Quarantäne kann für Betroffene nicht nur das Einkaufen unmöglich machen, sondern auch Sorgen bezüglich fehlender sozialer Kontakte auslösen. Darauf reagieren die Schwestern der Congregatio Jesu und stellen jeden Tag "Anregungen für Isolierte" ins Netz. Die Tipps seien leicht umzusetzen und kostenfrei. "Die Anregungen sind fromm oder unterhaltsam; es wird Hinweise auf kulturelle Angebote geben, Herzerwärmendes oder Fröhliches, Angebote zum Lesen oder Anhören, Anschauen oder Knobeln", teilten die Schwestern mit.

Der Verein "Dein Nachbar" macht darauf aufmerksam, dass die Hilfsbereitschaft durch die Verunsicherung der Bürger gedämpft werden könnte, da niemand für die Ansteckung der Nachbarn verantwortlich sein möchte. Deswegen bietet der Verein eine Schulung im Netz an.

Interessierte Bürger könnten an der Online-Fortbildung "Versorgung von hilfsbedürftigen Senioren in Zeiten von Corona" teilnehmen.

Kriminelle Trittbrettfahrer

Bei allen Hilfsangeboten trüben indes kriminelle Trittbrettfahrer die Nächstenliebe. So warnt der Bonner Pfarrverband: "Für Trickbetrüger ist das natürlich auch eine ganz hervorragende Tarnung, um die Hilfsbedürftigkeit gerade alleinstehender und älterer Menschen auszunutzen." Und rät, bei Verdachtsfällen sofort die Polizei zu rufen.

Der Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes, Kriminaloberrat Harald Schmidt, appelliert dabei an die Menschenkenntnis: "Vorsicht, von wem Sie Hilfe annehmen." Er beklagt zudem das Phänomen, dass "falsche Enkel" am Telefon die Panik um das Coronavirus ausnutzten, um ältere Menschen zu betrügen. "Dabei geben sich die Kriminellen als Angehörige aus, die sich mit dem Virus infiziert hätten und nun dringend Geld für die Behandlung benötigten.

Boten holen das Geld persönlich ab", schildert der Kriminaloberrat. Sein Rat: "Übergeben Sie niemals Geld an Unbekannte!"


Quelle:
KNA