Marx sieht Verantwortung und Einsatz füreinander gefragt

"Lassen wir uns nicht gegeneinander aufhetzen"

Zum Jahreswechsel ruft der Münchner Kardinal Reinhard Marx zu einer größeren Wertschätzung des Lebens auf. Zugleich warnt er davor, sich nicht gegeneinander aufhetzen zu lassen "weder in unserem Land noch zwischen den Nationen".

Reinhard Kardinal Marx / © Lennart Preiss (dpa)
Reinhard Kardinal Marx / © Lennart Preiss ( dpa )

Wenn dieses Leben "nicht nur ein Geschenk für uns, sondern auch für kommende Generationen sein soll", müsse das Verantwortungsgefühl für das "gemeinsame Haus unserer Erde" mit Blick auf den Klimawandel größer werden, sagt Marx laut Redemanuskript in seiner Silvesterpredigt im Münchner Liebfrauendom.

Nach den Worten des Kardinals gilt es, den Blick für die Probleme der Weltgemeinschaft zu schärfen und sich für das Leben aller, besonders der Schwachen einzusetzen. Die "Achtung vor dem Leben aller, vom ersten Augenblick des Daseins an bis zur Stunde des Sterbens", sei eine wesentliche Grundlage des Miteinanders. Zum Schutz des Lebens gehöre untrennbar "die Möglichkeit zur Teilhabe aller".

Marx sorgt sich um wachsende soziale Ungleichheit

Die weltweit wachsende soziale Ungleichheit mache ihm Sorgen, erklärt Marx. Bei weitem nicht alle Menschen seien gut durch die weiter andauernde Corona-Krise hindurchgekommen. Einigen gehe es materiell besser als vorher, andere hätten ihre Existenzgrundlage verloren. Marx' Worten zufolge kann eine Gesellschaft jedoch nur wirklichen Zusammenhalt finden, wenn sie "darauf achtet, dass diese Gräben, diese Spannungen überwunden" werden. Mit Blick auf die neu gewählte Bundesregierung sagt der Erzbischof von München und Freising, diese habe "hier einen großen Auftrag".

Die Pandemie habe "nicht nur viele erkranken lassen", sondern auch viele "herausgefordert im Dienst an den Kranken", so Marx. In den Familien, in den Schulen, in den Betrieben sei die Situation angespannt. Zunehmend werde der Wunsch spürbar, "endlich wieder in die Zeit vor der Pandemie zurückzukehren". Im Leben gebe es jedoch "nur einen Weg nach vorne, mit den Erfahrungen der Vergangenheit, mit unseren verlorenen Hoffnungen, mit neuen Sehnsüchten, mit unserem Leiden, mit unserem Versagen, das wir uns oft nicht eingestehen".

Ausblick auf 2022

2022 werde sich vor dem Hintergrund der Pandemie-Erfahrungen zeigen, "ob diese zwei Jahre die Gesellschaft und uns alle trotz aller bitteren Erfahrungen weitergebracht" hätten, gibt der Kardinal zu bedenken. Die Welt möge unvollkommen sein und bleiben, aber es gebe die Sehnsucht nach Heilung. Jesus Christus ermuntere zu einem Aufbruch, für jeden persönlich, aber auch für den Weg der Kirche. Doch eine Kirche, "die sich einschließt, die bei sich bleibt und sich einrichtet in der Gemeinschaft mit dem Herrn, ist nicht in seinem Sinne. Er rüttelt uns auf und klopft von innen an die Tür, um sie zu öffnen und aufzubrechen. Gehen wir mit ihm."


Quelle:
KNA