Abschlusspressekonferenz der DBK-Vollversammlung

Den "synodalen Weg" weitergehen

Der spannungsvolle Blick richtete sich gen Fulda: Wie lauten wohl die Ergebnisse der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz? Der Vorsitzende, Reinhard Kardinal Marx, trat vor die Kamera und fasste die Resultate zusammen.

Abschlusspressekonferenz Herbstvollversammlung der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Abschlusspressekonferenz Herbstvollversammlung der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Die katholischen Bischöfe haben ihren Willen bekräftigt, den "synodalen Weg" fortzusetzen. "Es gibt keine Stoppschilder aus Rom für den synodalen Weg und wir werden daher weitergehen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Donnerstag vor Journalisten in Fulda. Man werde Rom kontinuierlich informieren. Die Anzahl der Foren werde nicht erweitert.

Der "synodale Weg" soll am 1. Dezember, den 1. Advent, in Frankfurt beginnen. Bischöfe und katholische Laien wollen in einer verabredeten Struktur die Folgen des Missbrauchsskandals, klerikalen Machtmissbrauch, Fragen der katholischen Sexualmoral und die Rolle der Frauen in der Kirche diskutieren.

Vor der Herbst-Vollversammlung hatte der Vatikan Einspruch gegen einen ersten Satzungsentwurf eingelegt. Marx hatte zu Beginn der Vollversammlung der Bischöfe indes klargestellt, es gebe "kein Stoppschild aus Rom". In einem nächsten Schritt muss das Zentralkomitee der deutschen Katholiken der Satzung zustimmen.

Zwar hätten nicht alle Bischöfe die Satzung gebilligt, doch alle hätten in einer zweiten Abstimmung angegeben, den "synodalen Weg" mitgehen zu wollen, sagte Marx. Der "synodale Weg" sei genau der richtige Ort, um auch Gegensätze auszutragen. Es sei der Sinn dieser neuen Institution, dass man einander zuhöre und miteinander spreche. "Wie sehr ersehne ich, dass das endlich geschieht", betonte Marx.

Woelki und Voderholzer gegen das Statut

Zuvor war bekannt geworden, dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gegen das Statut des Reformprojekts "synodaler Weg" gestimmt hat: "Ich konnte der Satzung in dieser Form nicht zustimmen, aber ich will mich dem Gespräch nicht verweigern", schrieb er am Donnerstag auf Twitter."Versuchen wir gemeinsam, die Kirche zu erneuern. Dies muss aber eine Erneuerung im Glauben sein, eine Erneuerung unserer Beziehung zu Christus!"

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hatte bereits am Mittwochabend erklärt, er habe mit Nein gestimmt und werde sich nur unter Vorbehalten am "synodalen Weg" beteiligen.

Voderholzer hatte in seiner Erklärung betont, die thematische Ausrichtung des "synodalen Wegs" gehe an der Realität der Glaubenskrise in Deutschland vorbei. An der Wiege dieses Prozesses stehe zudem eine "Unaufrichtigkeit". Aus den Fällen des sexuellen Missbrauchs den Schluss zu ziehen, dass es bei der Erneuerung um die Themen "Ehelosigkeit", "Machtmissbrauch", "Frauen in der Kirche" und "Sexualmoral" gehen müsse, sei "pseudowissenschaftlich". Dafür fehlten Vergleichsstudien zu anderen Institutionen.

Der Regensburger Bischof hatte zudem erneut sein Bedauern geäußert, dass der von ihm und Woelki vorgelegte Alternativentwurf keine Mehrheit unter den deutschen Bischöfen gefunden habe. Der Bischof fügte hinzu, er werde sich an dem Prozess trotzdem beteiligen, weil er sich nicht den Vorwurf der Dialogverweigerung machen lassen wolle.

Allerdings erwarte er sich nicht viel und behalte sich vor, "nach den ersten Erfahrungen gegebenenfalls ganz auszusteigen".

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, begrüßte das Bekenntnis der Bischofskonferenz. "Der mit überwältigender Mehrheit aller Bischöfe gefasste Beschluss, der in enger Abstimmung mit dem ZdK erarbeiteten Satzung zuzustimmen, ist für den weiteren synodalen Weg eine wichtige Voraussetzung", sagte er. "Er bestätigt uns in unserer Entscheidung, die Einladung der Bischöfe, den synodalen Weg mit uns gemeinsam zu gehen, angenommen zu haben."

Gesamtsumme der Missbrauchsentschädigung noch offen

Die Gesamtsumme der Entschädigungen, die von der katholischen Kirche in Deutschland an Missbrauchsopfer gezahlt werden soll, steht noch nicht fest. Kardinal Reinhard Marx betonte, Berechnungen, wonach 3.000 Opfer je 300.000 Euro Entschädigung erhalten würden und somit insgesamt knapp eine Milliarde Euro ausgezahlt werden müsste, seien derzeit noch nicht verifizierbar.

Beschlossen worden sei ein Systemwechsel hin zu einer umfassenden Entschädigung der Opfer, die dann in Deutschland nach Art und Höhe einmalig wäre, fügte der Münchner Erzbischof hinzu. Um festzulegen, welche Summen am Ende gezahlt werden, müssten die Bischöfe noch zahlreiche Fragen im Detail klären.

Katholische Bischöfe verteidigen Seenotrettung

Die Deutsche Bischofskonferenz setzt ihr Engagement für Flüchtlinge fort und will die Seenotrettung weiter unterstützen. In dem am Donnerstag in Fulda veröffentlichten Bericht zum Ende der Herbstvollversammlung der Bischöfe heißt es, die Grenze Europas dürfe "keine Grenze des Todes sein". Die europäischen Staaten seien verpflichtet, "eine wirksame Seenotrettung zu organisieren - verbunden mit einer Flüchtlingspolitik, die sichere Wege eröffnet".

Wenn Staaten ihrer Verpflichtung zur Seenotrettung nicht nachkämen, sei zivilgesellschaftliches Handeln dringend geboten. Entsprechende Initiativen dürften nicht diffamiert, sondern müssten unterstützt werden. Ziel aller müsse es sein, "das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden". Die Bischöfe würdigten die Ankündigung der Bundesregierung, einen Teil der geretteten Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen.

Nach Angaben der Bischöfe gingen die Gesamtausgaben der katholischen Kirche für Flüchtlingsarbeit leicht zurück, bewegten sich aber weiterhin auf einem hohen Niveau. Wie der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, mitteilte, engagieren sich in der katholischen Kirche derzeit 5.100 Hauptamtliche und 51.000 Ehrenamtliche für Flüchtlinge. 2017 verzeichnet die katholische Kirche 6.400 haupt- und rund 63.000 ehrenamtliche Helfer.

Die Bistümer und kirchlichen Hilfswerke gaben im vergangenen Jahr 125,5 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe aus; das sind 21,5 Millionen Euro weniger als 2017. Für Flüchtlinge im Ausland wurden 83,5 Millionen Euro (2017: 77,6 Millionen Euro) und im Inland einschließlich Sachleistungen 42,0 Millionen (69,4 Millionen Euro) aufgewendet.

Grund für den Rückgang ist nach Angaben von Marx, dass in der Flüchtlingsarbeit zunehmend vorhandene Strukturen griffen und Projekte zur Schaffung von Wohnraum zum Abschluss gekommen seien.

Gegen Kostenübernahme bei Bluttests für Schwangere

Weiter kritisieren die katholischen Bischöfe die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Kassen und Kliniken zu vorgeburtlichen Bluttests. Sie wecke den Eindruck, dass die Anwendung harmlos sei und normalisiere nicht-invasive Tests als Teil der Pränataldiagnostik, erklärten die Bischöfe in Fulda. "Dies täuscht über die schwierigen ethischen und persönlichen Fragen und die gesellschaftlichen Konsequenzen dieser Tests hinweg."

Die Bischofskonferenz befürchtet, dass die Kassenzulassung eine Ausweitung nicht-invasiver pränataler Diagnostik auf andere genetische Störungen und unerwünschte Eigenschaften fördern wird. Die Trennlinie zwischen Diagnostik und Eugenik in der Pränataldiagnostik werde dadurch immer weiter verschwimmen. "Folglich wäre bei jeder Schwangerschaft eine Prüfung vorgeschaltet, bei der die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs immer mitgedacht wird."

Als besonders problematisch werten die Bischöfe die Anwendung der Tests vor der 12. Schwangerschaftswoche. Das erhöhe das Risiko eines "Abtreibungsmechanismus". "Wir lehnen dies aufgrund der Schutzwürdigkeit des ungeborenen Lebens und des Lebens von Menschen mit Behinderung dezidiert ab", betonte der Konferenzvorsitzende, Kardinal Reinhard Marx.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte vergangene Woche entschieden, dass die Kosten für den Bluttest von den Kassen nur bei besonderen Risiken oder zur Abklärung von Auffälligkeiten übernommen werden sollen. Voraussetzung ist eine ärztliche Beratung.

Für Zustimmungslösung bei Organspende

Im Streit um eine Neuregelung der Organspende pochen die katholischen Bischöfe auf eine freiwillige und bewusste Entscheidung des Spenders. "Eine Organspende muss immer von einer freiwilligen Entscheidung getragen sein", erklärte die Deutsche Bischofskonferenz weiter.

"Eine gesellschaftliche Grundentscheidung, dass jeder Mensch grundsätzlich als Organspender anzusehen ist, solange er nicht ausdrücklich widerspricht, entspricht nicht dem christlichen Bild des selbstbestimmten Menschen, der in Freiheit und zugleich in der Verantwortung vor Gott und seinen Mitmenschen über sein Leben und seinen Körper Entscheidungen zu treffen hat."

Die Bischöfe begrüßen zugleich Maßnahmen, die die strukturellen und organisatorischen Probleme im Transplantationsverfahren beheben, Menschen verstärkt mit der Frage der Organspende konfrontieren. Auch verloren gegangenes Vertrauen in die Transplantationsmedizin zurückzugewinnen, sei ein wichtiger Aspekt.

Die Bischöfe unterstützen damit den Gesetzesentwurf, den eine Gruppe um die Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Hermann Gröhe (CDU) sowie weitere Abgeordnete vorgelegt hat. Die Politiker wollen daran festhalten, dass nur derjenige Organspender werden soll, der dem zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Zugleich sollen die Bürger häufiger aufgefordert werden, eine Entscheidung zu treffen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und weitere Abgeordnete streben demgegenüber einen grundlegenden Wechsel an: Künftig soll jeder als potenzieller Organspender gelten, sofern er dem nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen hat.

Hoffen auf Fortschritte in der Ökumene

Den jüngsten Vorstoß evangelischer und katholischer Theologen zu einer Abendmahl- und Eucharistiegemeinschaft von Katholiken und Protestanten hat die Deutsche Bischofskonferenz vorsichtig begrüßt. Im Abschlussbericht ihrer Herbstvollversammlung in Fulda heißt es: "Je näher wir einander auf dem ökumenischen Weg der Annäherung kommen, desto stärker wird die Hoffnung auf eine Gemeinschaft am Tisch des Herrn. Im Zugehen auf den dritten Ökumenischen Kirchentag wird dieser Wunsch noch stärker artikuliert werden."

In dieser Perspektive stehe auch der am 11. September 2019 veröffentlichte Text des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen mit dem Titel "Gemeinsam am Tisch des Herrn", der sich für eine wechselseitige Einladung und Teilnahme von evangelischen und katholischen Christen an Eucharistie und Abendmahl ausspricht und dies als theologisch gut begründet darstellt.

Dazu erklärt die Bischofskonferenz: "Dieses Votum birgt viel Gesprächsstoff und regt dazu an, weiter intensiv an der Fragestellung zu arbeiten und nach tragfähigen Lösungen zu suchen."

Besorgnis wegen Konflikt in der Orthodoxie

Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben sich zudem besorgt über den aktuellen Konflikt innerhalb der orthodoxen Kirchen um die Ukraine geäußert. Zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung erklärten die Bischöfe: "Mit großer Sorge sehen wir den anhaltenden innerorthodoxen Konflikt zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und dem Moskauer Patriarchat, der durch die Situation in der Ukraine ausgelöst wurde. Wir hoffen und beten dafür, dass Wege zur Lösung gefunden werden." Die Deutsche Bischofskonferenz stehe "in bestem Kontakt mit allen in Deutschland vertretenen orthodoxen Kirchen".

Die Spannungen zwischen dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und dem Moskauer Patriarchen hatten sich in den vergangenen Monaten verschärft, nachdem Konstantinopel (Istanbul) gegen den Willen Moskaus ein eigenes Patriarchat für die Ukraine anerkannt hatte. Seither droht zwischen beiden Patriarchaten eine Kirchenspaltung.

 

Quelle:
DR , epd , KNA