Bischöfe präsentieren neues Dokument über Weltmission

"Evangelisierung heißt auch Selbstkritik"

Am zweiten Tag ihrer Herbstvollversammlung haben die deutschen Bischöfe ein neues Schreiben zur Verkündigung und Globalisierung präsentiert. Im Dokument beantworten sie auch die Frage: Was heißt eigentlich Mission oder Evangelisierung?

Pressekonferenz zum neuen Missionswort / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pressekonferenz zum neuen Missionswort / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Evangelisierung und Globalisierung" - so lautet der Titel eines neuen Dokuments, das die deutschen Bischöfe auf ihrer Herbstvollversammlung vorgestellt haben. Anlass der Veröffentlichung ist der von Papst Franziskus ausgerufene außerordentliche Monat der Weltmission im Oktober 2019.

Das Bischofswort knüpft an zwei frühere Worte der Deutschen Bischofskonferenz an, die im zurückliegenden Jahrzehnt vorgelegt wurden: zum einen "Zeit zur Aussaat. Missionarisch Kirche sein" (2000), ein Dokument, das den Blick auf die Situation in Deutschland richtet, zum anderen "Allen Völkern Sein Heil. Die Mission der Weltkirche" (2004). Das neue Bischofswort analysiert die globalen Entwicklungen der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit und fragt nach deren Bedeutung für die Weiterentwicklung der christlichen Mission.

Vor Journalisten erläuterten der Vorsitzende der Kommission Weltkirche, Erzbischof Ludwig Schick, die Professorin Margit Eckholt von der Universität Osnabrück sowie Professor und Jesuitenpater Michael Sievernich den Begriff Mission und was er für die Kirche von heute bedeute. 

Verkündigung gilt auch heute noch

"Der Aufruf Jesu, das Evangelium 'bis an die Grenzen der Erde' (Apg 1,8) zu verkünden, galt vor 2.000 Jahren – und er gilt heute. Selbstgenügsamkeit und Selbstbezüglichkeit sind der Kirche zu keiner Zeit gestattet", erklärte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche, Erzbischof Ludwig Schick, bei der Präsentation des neuen Missionswortes. Die Kirche habe den Auftrag, "Gottes Sorge für alle Menschen in jeder geschichtlichen Stunde zu bezeugen". Sie könne die Menschen mit der Botschaft des Glaubens jedoch nur erreichen, wenn sie die heutige Weltsituation, die Lebenswelten und die prägenden kulturellen Entwicklungen begreife und berücksichtige.

Das neue Bischofswort lege dar, dass die aktuelle weltgesellschaftliche Situation durch eine fortschreitende Globalisierung, das heißt eine Vernetzung aller Lebenssphären (z. B. Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur), durch Migration und weltumspannende Informations- und Kommunikationstechnologien charakterisiert sei. Auf der religiösen Ebene werde das Zeitalter durch Pluralisierung und Differenzierung ebenso wie durch Säkularisierung und Fundamentalismus bestimmt.

Schick: Kirche als globalen Akteur gestalten

Mission, so der Bamberger Erzbischof, habe im Laufe der Kirchengeschichte stets eine Übersetzung der Frohen Botschaft bedeutet: eine Übersetzung der Schriften in die verschiedenen Sprachen, aber auch eine Übersetzung in die kulturellen Kontexte hinein.

Angesichts der Globalisierung sei es heute notwendig, die Kirche stärker als globalen Akteur und als weltweites Netzwerk zu gestalten: "Um die Chancen zu nutzen, die die heutige Situation für die Verbreitung des Glaubens bietet, ist es erforderlich, dass wir uns als Kirche immer mehr und intensiver als globale Gebets-, Solidar- und Lerngemeinschaft vollziehen. Auch in Deutschland dürfen wir der Gefahr eines kirchlichen Provinzialismus nicht erliegen, sondern müssen – sehr viel zupackender noch als in der Vergangenheit – am Netz der Weltkirche mitknüpfen."

Dies sei eine Aufgabe der Amtsträger und der Missionare, ebenso aber auch jedes einzelnen Christen. Erzbischof Schick verwies in diesem Zusammenhang auf die Vielzahl von internationalen Partnerschaften zwischen Diözesen und Kirchengemeinden und auf Dienste wie die "Missionare auf Zeit", die von jungen Leuten übernommen würden. Auch die Unterstützung der kirchlichen Hilfswerke sei ein Teil der globalen Netzwerkbildung in der Weltkirche.

Das neue Bischofswort unterstreiche, wie Erzbischof Schick betonte, die Einheit von Glaubensverkündigung und sozialem Auftrag in der christlichen Mission: "Das Mühen um Frieden und Gerechtigkeit ist Teil der kirchlichen Mission, es gehört zur Verkündigung des Reiches Gottes."

Eckholt: "Kirche ist immer konkret vor Ort und in der Welt"

Margit Eckholt, Professorin an der Universität Osnabrück, hob die im Bischofswort beschriebene zentrale Wechselbeziehung von Ortskirche und Weltkirche im Zeitalter der Globalisierung hervor: "Kirche ist immer konkret, 'vor Ort', aber genau hier ist die 'Welt' präsent. Wir schließen uns nicht in unseren ‚Kontexten‘ ab, wir nehmen immer mehr wahr, was sich an anderen Orten ereignet, wir sind herausgerufen, Verantwortung über unsere Ortskirche hinaus wahrzunehmen."

Professorin Eckholt spannte einen Bogen zum Missionsverständnis von Papst Franziskus, das im Wort der deutschen Bischöfe ausdrücklich bekräftig werde. So akzentuiere das Dokument ein Verständnis von Evangelisierung, in dem sich die mystische und politische Dimension des Evangeliums verbinden: Zum einen bedeute es das "Eintreten für Menschenwürde, für Gerechtigkeit und Frieden und Kritik an jeglicher Form von ‚Gleichgültigkeit‘ angesichts des Leidens der anderen".

Außerdem meine Evangelisierung im Sinne von Papst Franziskus auch "Selbstkritik, aufzubrechen aus unseren Egoismen, mit Hochachtung Glaubenden anderer christlicher Konfessionen und anderer Religionen zu begegnen, gemeinsam auf den je größeren Gott hin zu wachsen – im Dienst am guten Leben und der 'Sorge für das gemeinsame Haus'".

Sievernich: Kirche kann auf Wandel reagieren

Der emeritierte Professor und Jesuitenpater Michael Sievernich erläuterte anhand der Etappen der christlichen Missionsgeschichte, wie es der Kirche bei allen Brüchen gelungen sei, Übersetzungsprozesse des Evangeliums in die unterschiedlichen Kulturen zu gestalten. Vor dieser Aufgabe stehe die Kirche auch im Zeitalter der Globalisierung.

Er beschrieb die Kirche als "lernendes Sozialsystem, das auf Wandel reagieren und sich daher selbst reformieren kann, ohne an eine bestimmte Kultur oder Politik gebunden zu sein". Der Erfolg der missionarischen Bemühen werde aber in hohem Maße davon abhängig sein, "dass die Mitglieder der Teilkirchen in aller Welt mit der Aufgabe der Evangelisierung bei sich selbst anfangen, also Selbstevangelisierung betreiben."


Quelle:
DBK