Erzbischof Schick rät zu sehr begrenzten Sanktionen gegen Syrien

Gebetsaufruf für den Frieden

Sanktionen gegen Syrien sind nach Ansicht des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick nur begrenzt sinnvoll. Sie müssten sehr differenziert erfolgen und sorgfältig in ihren Wirkungen abgewogen werden, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz am Rande ihrer Frühjahrsvollversammlung. Vernünftig wäre es etwa, ausländische Konten von Mitgliedern der regierenden Baath-Partei einzufrieren.

 (DR)

domradio.de: Zu Beginn der Bischofskonferenz sagte Erzbischof Robert Zollitsch, man sehe zurzeit keine Perspektive für einen friedlichen Weg zu geordneten Verhältnissen in Syrien. Sind Sie da ähnlich pessimistisch?

Erzbischof Schick: Wir bitten und beten und rufen dazu auf, dass der Krieg möglichst bald ein Ende hat und wieder alle friedlich miteinander leben können. Natürlich sind unsere Schwestern und Brüder uns besonders nah, die Christen, die jetzt zwischen die Fronten geraten. Syrien ist ein Land, das verhältnismäßig viele Christen hat. Ungefähr zehn Prozent in Syrien sind Christen. Leider Gottes sind sie schon in den letzten Jahren, Jahrzehnten unterdrückt und verfolgt worden und viele sind schon ausgewandert. Jetzt beginnt noch einmal eine sehr, sehr schwierige Phase. Wir hoffen, dass bald Frieden in Syrien wieder einkehrt.



domradio.de: Was auf keinen Fall passieren darf, ist ja das, was im Irak geschehen ist. Dort sind die Christen zwischen die Fronten geraten und dann geflohen, weil sie fliehen mussten. Besteht die Gefahr, dass ähnliches in Syrien passiert?

Erzbischof Schick: Leider Gottes muss man diese Frage mit "Ja" beantworten. Es gibt einen Kampf zwischen der Partei von Assad und von den Muslimbrüdern. Die Christen gehören zu keinem der beiden Partner und es ist einfach die Gefahr, dass sie zwischen die Fronten geraten und sie letztlich von beiden verfolgt werden.



domradio.de: Die Christen haben also auch keine Machtfunktion inne. Könnten Sie da nicht auch eine besondere Vermittlerrolle zwischen den Aufständischen und den Truppen Assads spielen?

Erzbischof Schick: Die Christen haben den Auftrag, Frieden zu stiften zwischen allen Menschen - unabhängig von Religion und Rasse und Parteizugehörigkeiten - das haben die Christen auch in Syrien immer getan. Im Augenblick ist die Lage so, dass sie machtlos sind. Christentum kann sich auch dann entfalten, wenn eine gewisse Basis an Frieden da ist. Die ist im Augenblick in Syrien nicht vorhanden, aber wenn sie wieder vorhanden ist, wenn die Waffen schweigen, dann könnten die Christen auch ihre friedensstiftende Botschaft und ihr friedenstiftendes Handeln wiederaufnehmen.



domradio.de: Nun gibt es in Syrien einzelne Einrichtungen, ich denke da auch an ein Kloster in der Nähe von Damaskus, das kann auch als Unterschlupf und Fluchtpunkt für Verfolgte in diesem Bürgerkrieg dienen.

Erzbischof Schick: Die christlichen Einrichtungen in Syrien sind für alle offen und helfen den Menschen, die eben in den Kriegswirren um ihr Leben, um ihren Leib fürchten müssen.



domradio.de: Der UN-Menschenrechtsrat hat nun Kurs auf eine neue Resolution zu Verurteilung des syrischen Regimes genommen. Wie notwendig und wichtig ist so eine Verurteilung?

Erzbischof Schick: Der UN-Menschenrechtsrat könnte einen wichtigen Baustein für die Rückkehr zum Frieden setzen. Man kann nur hoffen, dass dieser Baustein auch wirklich zum Erfolg führt. Ja zu allem, was zum Frieden in Syrien beiträgt.



domradio.de: Ja zu allem - auch zu weiteren Sanktionen, die auch immer die Bevölkerung treffen?

Erzbischof Schick: Man kann schon ein "Ja" zu Sanktionen sagen, aber sie müssen sehr, sehr differenziert sein, wenn zum Beispiel jetzt bestimmte Konten von Baath-Parteimitgliedern eingefroren werden, dann ist eine Sanktion vernünftig, aber einfach irgendwelche Wirtschaftssanktionen, nichts mehr hinliefern oder irgendwelche Güter nicht mehr akzeptieren, das trifft oft die ärmste Bevölkerung. Sanktionen nur nach wirklich reiflicher, reiflicher Überlegung.



domradio.de: In Libyen gab es eine massive militärische Unterstützung der Aufständischen durch die NATO, die auch zum Erfolg führte. Wäre so etwas in Syrien auch denkbar?

Erzbischof Schick: Ich glaube in den augenblicklichen Wirren in Syrien ist ein Eingriff von außen nicht hilfreich, sondern würde die ganze Situation noch verschärfen, denn längst nicht alle sogenannte Supermächte, ich sage jetzt Russland und China, sind für einen militärischen Einsatz. Wahrscheinlich würden sie dann auch die anderen unterstützen, das könnte Öl ins Feuer gießen.



domradio.de: Nun sagten Sie bereits, die katholischen Bischöfe sorgen sich um die Christen in Syrien, aber allgemein herrscht große Sorge um die Menschen im Land. Sprechen Sie darüber auch zwischen den verschiedenen Sitzungen?

Erzbischof Schick: Wir sprechen darüber, wir informieren uns ständig, aber wir nehmen das alles auch ins Gebet und in unsere Fürbitten. Bischofskonferenz ist zunächst einmal eine Zusammenkunft der Bischöfe, in der verschiedene Themen, die die Kirche angehen in Deutschland, aber auch darüber hinaus besprochen werden. Aber wir sind auch immer eine Zusammenkunft, die betet und da gehört jetzt das Gebet um Frieden für Syrien an erste Stelle.



Das Interview führte Johannes Schröer (domradio.de)