Kardinal Marx für schnelleren Atomausstieg

Grenzen der menschlichen Macht

Mit Blick auf die Atom-Katastrophe in Japan hat sich Erzbischof Reinhard Marx für einen baldigen Ausstieg aus der Kernkraft ausgesprochen. "Wir brauchen neue und schnellere Ausstiegsszenarien. Die Phase, in der die Kernenergie noch als Brückentechnologie dient, sollte so kurz wie möglich sein." Auch der DBK-Vorsitzende Erzbischof Zollitsch bezeichnete die Kernenergie angesichts der Reaktorkatastrophe in Japan als "nicht zukunftsfähig".

 (DR)

Am Rande der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe in Paderborn sprach sich Zollitsch für einen geordneten Rückzug aus der Kernenergie aus. Auch der Münchner Erzbischof Marx sagte, die Atomenergie biete keine dauerhafte Perspektive für die Energieversorgung. Die schreckliche Katastrophe in Japan führe vor Augen, dass neu darüber diskutiert werden müsse, "wo die Grenzen der menschlichen Macht liegen", unterstrich der katholische Theologe.



Dialog über die Zukunft der Kernenergie in Deutschland

Die katholische Kirche will sich an der Suche nach einem neuen Energiekonsens beteiligen. Bundesumweltminister Röttgen (CDU) hat angesichts der Katastrophe in Japan zum Dialog über die Zukunft der Kernenergie in Deutschland aufgerufen. An der Diskussion sollten "die wichtigsten gesellschaftlichen Gruppierungen", unter ihnen auch die Kirchen, teilnehmen. Die Kirche könne "insbesondere ethische Aspekte einbringen", sagte der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten. Zugleich betonte er, dass die Kirche auch auf den Sachverstand der Wissenschaftler und die Erkenntnisse der zuständigen Aufsichtsbehörden angewiesen sei.



"Als katholische Kirche haben wir auch einen Blick auf die Weltkirche", sagte Jüsten. "Deshalb beziehen wir in unsere Beurteilung auch die schrecklichen Erfahrungen ein, die die Menschen derzeit in Japan machen müssen, und unter denen auch unzählige Menschen bei früheren Atomkatastrophen leiden mussten."

Kardinal Höffner warnte bereits vor einem rücksichtslosen Ausbau der Kernenergie

Richtschnur bei der Beurteilung blieben die Aussagen des kirchlichen Lehramts, so Jüsten. Nach wie vor beachtlich sei in diesem Zusammenhang die Aussage des damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, des Kölner Kardinals Joseph Höffner, der in den 1980er-Jahren vor einem rücksichtslosen Ausbau der Kernenergie warnte. Dabei habe Höffner sowohl auf die unmittelbare Gefährdung durch die Kernenergie hingewiesen, als auch auf die bis heute völlig ungeklärte Entsorgung der radioaktiven Abfälle.



Auf das ungelöste Problem der Endlagerung wies auch Kardinal Marx hin. Die Nutzung der Kernenergie berge technische Risiken, die offenbar nicht beherrschbar seien. Über das Ausmaß der Katastrophe in Japan zeigte sich der Kardinal tief erschüttert. Marx rief zu Spenden und zum Gebet für die Opfer auf.