Adveniat ruft zu Solidarität mit Lateinamerika auf - domradio.de überträgt Pontifikalamt am Sonntag ab 10 Uhr

"Dein Reich komme"

Unter dem Leitwort "Dein Reich komme" startet das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat am Sonntag seine bundesweite Weihnachtsaktion. domradio.de überträgt das Pontifikalamt ab 10 Uhr mit Joachim Kardinal Meisner im Kölner Dom, zu dem zahlreiche Bischöfe und Delegationen aus Lateinamerika erwartet werden. Über das Gebot der Nächstenliebe spricht Adveniat-Geschäftsführer Prälat Bernd Klaschka.

 (DR)

domradio.de: Seid genau 50 Jahren hilft Adveniat mit vielen Projekten in Lateinamerika. Was überwiegt bei Ihnen, die Freude über die erbrachten Spenden und Hilfen aus Deutschland oder die Trauer darüber, dass Hilfswerke wie Adveniat immer noch notwendig sind?

Prälat Klaschka: Wer ein Jubiläum von 50 Jahren feiert, der blickt zurück. Ich blicke in großer Freude zurück auf das, was Adveniat in den vergangenen 50 Jahren in Lateinamerika an Hilfestellungen bereitstellen konnte. Es hat sich in diesen 50 Jahren eine intensive Partnerschaft zwischen der Kirche in Lateinamerika und der Kirche hier in Deutschland entwickelt. Wir haben erfahren, dass wir alle eine Kirche bilden. Das ist eine Erfahrung, die bereichert. Wir konnten in den vergangenen Jahren mehr als 200.000 Projekte in der Kirche Lateinamerikas fördern und diese Förderung spiegelt sich auch wider in dem Verhalten der Menschen, der Kirche Lateinamerikas. Sie betrachten uns als Geschwister. Wenn man erfährt, ich komme nach Lateinamerika und komme im Grunde genommen nach Hause, dann ist das eine große Erfüllung. Auf der anderen Seite empfinde ich aber auch die Herausforderung, die auf uns als Adveniat-Hilfswerk zukommen wird, nicht zu sehr Trauer, sondern vielmehr als Herausforderung uns den Situationen zu stellen, die die Kirche in der Zukunft in Lateinamerika haben wird. Denn wir sind weiterhin auch fest an der Seite der Kirche in Lateinamerika, an der Seite der Armen in Lateinamerika.



domradio.de: Im Moment läuft in der katholischen Kirche eine große Debatte darüber, dass vorallem der Glaube gestärkt werden muss. Der Papst warnte bei seinem Deutschlandbesuch vor "lauen Christen". Droht mit einer solchen Diskussion das konkrete Handeln, das Helfen der Christen, in den Hintergrund gedrängt zu werden?

Prälat Klaschka: Ich glaube, das eine ist so wichtig wie das andere. Wenn der Papst von "lauen Christen" spricht, kann ich mir vorstellen, dass er sich nicht nur darauf bezieht, dass man die Inhalte des Glaubens nicht präsent hat. Genauso gut kann man ein "lauer Christ" sein, wenn man nicht hilft, wenn man nicht das Gebot Jesu Christi, das Gebot der Nächstenliebe in die Tat umsetzt. Das Kerngebot Jesu heißt: Liebe Gott aus ganzem Herzen mit aller Kraft und liebe den Nächsten wie Dich selbst. Diese beiden Gebote gehören zusammen und sind nicht voneinander zu trennen. Wer also an Gott glaubt, muss auch ein tatkräftiges Zeugnis christlicher Nächstenliebe geben. Deswegen gehört beides für mich zusammen und ich bin sehr froh und dankbar, dass die Christen hier in Deutschland durch tatkräftige Hilfe, durch Solidarität den Ärmsten der Armen nicht nur in Lateinamerika, sondern in vielen Teilen der Welt helfen. Das ist für mich auch Zeugnis und Ausdruck eines gelebten Glaubens.



domradio.de: Die Adveniat-Jahresaktion ist vor kurzem am ersten Adventssonntag in Brasilien in einem Armenviertel eröffnet worden. Es war sicherlich ein besonderer Moment in der Geschichte des Hilfswerks. Wie haben Sie den Gottesdienst dort und vorallem die Menschen vor Ort erlebt?

Prälat Klaschka: Zum ersten Mal hat Adveniat in Lateinamerika die Weihnachtsaktion in einer Favela in Sao Paolo eröffnet. Es gibt mehr als hundert dieser armen Viertel in der Großstadt Sao Paolo. In dem Viertel leben mehr als 100.000 Katholiken. Sie haben nur eine kleine Kirche zur Verfügung, einen Priester, der sie begleitet. Ich habe die Menschen dort als sehr dankbar erlebt und auch gespürt, dass sie mit Freude diesen Gottesdienst aufgenommen haben und dass sie stolz waren, dass wir von der bischöflichen Aktion Adveniat in dieses Armenviertel gegangen sind, um mit ihnen unsere Eucharistie zu feiern. Ich sage "unsere Eucharistie", damit meine ich, dass wir uns in der Eucharistie alle gemeinsam finden in unserem Glauben. Außerdem ist es uns auch gelungen, dass ganz konkrete Maßnahmen in diesem Stadtteil durch die Präfektur in Sao Paolo realisiert worden sind. Es wurden Straßen geteert. Es sind Straßenlaternen eingerichtet worden, die auch die Sicherheit der Bewohner in dieser Favela erhöhen. Ein sehr schmutziger Bach wurde gesäubert, so dass auch die Lebensqualität dieser Menschen in der Favela etwas verbessert wurde. Ich denke, wenn wir das Zeugnis unter den Ärmsten der Armen geben zu feiern, dann ist das auch der Ort, an dem Adveniat seine Hilfe realisiert. Das wurde, glaube ich, auch deutlich in der Fernseh-Übertragung, das ist der Ort an dem Adveniat gebraucht wird und ich freue mich auch darüber, dass die Ärmsten der Armen uns mit einer solchen Offenheit empfangen haben und es in Deutschland sichtbar wurde, hier wirkt Adveniat. Das ist das beste Zeugnis, war wir uns vorstellen können.



domradio.de: "Dein Reich komme" so heißt das Motto der Adveniat-Aktion 2011. Auf was freuen Sie sich in der Zeit bis Weihnachten am meisten?

Prälat Klaschka: Ich freue mich in der Zeit bis Weihnachten am meisten auf die Begegnungen, die ich noch mit Gästen aus Lateinamerika haben werde, zum Beispiel mit Bischof Cappio, der durch sein ganz konkretes Leben ein beherztes Beispiel gibt, wie Kirche, wie Glaube gelebt werden kann, wie man sich für die Armen einsetzen kann, wie man aber auch prophetisch Stimme der Armen sein kann hier in unserer Welt. Ich freue mich auch darauf, dass die Mitarbeiter beim bischöflichen Hilfswerk Adveniat sich so eingesetzt haben und vielleicht auch etwas in den letzten Tagen vor Weihnachten mehr zu Ruhe kommen und ich freue mich insbesondere auch auf das Weihnachtsfest und auf die Antwort der Menschen, die an den Gottesdiensten teilnehmen werden. Diese Antwort ist dann auch spürbar in der Kollekte, die die Katholiken in Deutschland in Gottesdiensten am Weihnachtsfest geben werden. Das ist eine große Freude und eine große Hoffnung, die mich erfüllt und ich bin gespannt auf das Ergebnis.



Das Interview führte Christian Schlegel