Kirche und Wirtschaft streiten über Reformationsfeiertag 2017

Zu teuer?

Gegen einen Feiertag zum Reformationsjubiläum 2017 formiert sich Widerstand bei Arbeitgebern. Die evangelische Kirche setzt in der Debatte auf Überzeugungsarbeit und warnt davor, den Jubiläumstag zum "Spielball finanzieller Interessen" zu machen.

 (DR)

Die evangelische Kirche und Wirtschaftsvertreter streiten über einen einmaligen gesetzlichen Feiertag zum 500. Jahrestag der Reformation am 31. Oktober 2017. Während Unternehmensverbände auf die hohen Kosten eines arbeitsfreien Tages verweisen, stellen Spitzenrepräsentanten der Kirche die herausragende kulturelle Bedeutung des Jubiläums heraus. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 kirchenkritischen Thesen veröffentlicht. Dieses Datum gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, aus der die protestantischen Kirchen hervorgingen. Die rheinische Vizepräses Petra Bosse-Huber erklärte, die Zweifel aus der Wirtschaft über die Bezahlbarkeit seien zwar verständlich.

Das Reformationsjubiläum 2017 markiere für Deutschland jedoch ein wirklich außergewöhnliches Ereignis. "Dieses Ereignis ist es wert, mit einem einmaligen gesetzlichen Feiertag begangen zu werden", sagte die Theologin in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Nutzen größer als Schaden

Auch der westfälische Vizepräsident Albert Henz unterstrich die Bedeutung des Reformationstages. Der Thesenanschlag Martin Luthers an die Wittenberger Schlosskirche habe nicht nur die Reformation der Kirche in Gang gesetzt, sagte Henz in Bielefeld dem epd. Er beeinflusse auch bis heute Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur. Die Warnungen aus der Wirtschaft vor finanziellen Verlusten durch einen Feiertag halte er für überzogen. "Unterm Strich wird der gesellschaftliche Nutzen größer sein als der volkswirtschaftliche Schaden", sagte Henz.

Ein einmaliger gesetzlicher Feiertag sei angesichts der positiven Wirkungen der Reformation mehr als angemessen, sagte der Theologische Kirchenrat der Lippischen Landeskirche, Tobias Treseler, in Detmold dem epd. Forderungen der Wirtschaft nach Vor- oder Nacharbeit des einmaligen arbeitsfreien Tages seien jedoch wenig sensibel. "Wer möchte, dass Arbeitnehmer für dieses einmalige Jubiläum die Zeche zahlen, sei daran erinnert, dass bereits seit 1995 der Buß- und Bettag in fast allen Bundesländern als gesetzlicher Feiertag abgeschafft wurde", erklärte der Theologe.

Vizepräsident Thies Gundlach vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unterstrich: "Mit den Verbänden und Vertretern der Wirtschaft treten wir gerne in ein konstruktives Gespräch über das Reformationsjubiläum und dessen Bedeutung für unsere Gesellschaft ein." Die wachsende Zahl von Bundesländern, die den Tag zu einem einmaligen gesetzlichen Feiertag erklären wollten, sei erfreulich.

In fünf ostdeutschen Bundesländern ist der Reformationstag bereits regelmäßiger gesetzlicher Feiertag. Zur EKD-Initiative für einen bundesweit einmaligen Feiertag zum Reformationsjubiläum 2017 haben die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Saarland, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen entweder bereits entsprechende Beschlüsse gefasst oder Unterstützung signalisiert.

Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen, Luitwin Mallmann, hatte nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagsausgabe) gewarnt, dass der Feiertag allein in Nordrhein-Westfalen für die Wirtschaft Kosten von "bis zu 500 Millionen Euro" verursache. "Bundesweit kommen da leicht mehrere Milliarden Euro zusammen", rechnete Mallmann vor.

Diese Position wird auch von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände geteilt. Der Volkswirtschaftler Peter Bofinger hält die Bedenken der Arbeitgeber für übertrieben. Zwar sei es "mechanistisch schon richtig", dass der Produktionsausfall durch einen Feiertag in Deutschland bis zu zehn Milliarden Euro betragen könne, sagte er dem epd. Allerdings falle ja weder die Nachfrage durch einen weiteren Feiertag völlig weg, noch sei es unmöglich, diesen Ausfall über das ganze Jahr hinweg auszugleichen. Ähnlich argumentiert der Bremer Wirtschaftwissenschaftler Rudolf Hickel.


Quelle:
epd