Papst Pius X.

Bischof von Rom und Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche

Guiseppe Sarto, geboren am 2. Juni 1835 zu Riese/Treviso, entstammte einer Bauernfamilie. Er wurde 1858 Priester, 1884 Bischof von Mantua, 1893 Patriarch von Venedig und Kardinal. Nach dem Tod Leos XIII. wurde er am 4. August 1903 zum Papst gewählt. Persönlich anspruchslos und fromm, blieb er stets Seelsorger. Durch seine Dekrete über die häufige Kommunion und Frühkommunion der Kinder wirkte er bahnbrechend. Er bemühte sich um die Reform der Kurie, des kirchlichen Rechts, der Liturgie und des Theologiestudiums. Dagegen zeigte er eine unnachgiebige Haltung auf politischem, sozialem und wirtschaftlichem Gebiet. Vor allem schritt er ohne Rücksichtnahme gegen den Modernismus ein. 

Kindheit und Jugend und erste Jahre als Priester

Sarto war das älteste von acht Kindern eines Gemeindeboten und einer Schneiderin. 1850 trat er mit einem Stipendium des Patriarchen von Venedig – einem Landsmann – in das Paduaner Priesterseminar ein, absolvierte seine Studien mit Bestnoten und wurde 1858 zum Priester geweiht. 

Große Verdienste und Anerkennung erwarb er sich als Pfarrvikar von Tombolo bei Padua und ab 1867 als Erzpriester von Salzano bei Venedig. Er bemühte sich um gesicherte Einkommen für die einfachen Menschen und half wo er konnte, auch bei einer Cholera-Epidemie; er hatte ein Herz für Menschen in Not. Von seinen pfarrlichen und später bischöflichen Einkünfte gab er an die Armen weiter. 1904 ehrte ihn die Gemeinde dafür mit einer Gedenktafel an der Kirche.

Bischof mit Dispens, Patriarch und Kardinal

1875 wurde Sarto gegen seinen Willen zum Domherrn und Kanzler des Bistums Treviso berufen und mit der Leitung des Priesterseminars betraut. 1884 ernannte ihn Leo XIII. mit Dispens vom fehlenden Doktortitel zum Bischof von Mantua. "Die Last ist zu schwer, sie übersteigt meine Kräfte und Fähigkeiten", meinte er und bat Rom vergeblich, von der Ernennung abzusehen. Die Erziehung des Klerus als der Grundlage der Diözese durch eine solide wissenschaftliche Ausbildung war ihm wichtig, denn sie war für ihn die Antwort auf die glaubensfeindlichen Zeitströmungen. Die Kleriker sollten wachsam gegen den katholischen Liberalismus sein, dessen Repräsentanten er als Wölfe im Schafspelz bezeichnete.

1893 bestellte ihn der Papst zum Patriarchen von Venedig und kreierte ihn zum Kardinal. Anliegen war ihm auch hier nichts anderes, als die Wahrheit schützen und verteidigen und Gutes tun, deshalb kümmerte er sich weiter um die Armen, gründete Sparkassen für Arbeiter und setzte sich für eine gerechte Entlohnung ein.

Auch in seinen hohen Ämtern blieb der Bauernsohn Giuseppe Sarto ein Mann einfacher Gewohnheiten und eines bescheidenen Lebenswandels, den modernen Zeitströmungen abhold und misstrauisch gegenüber Neuerungen. Alle seine Wirkungsstätten lagen im Norden Italiens, Auslandsreisen unternahm er nicht. Auch auf eine tiefere theologische oder philosophische Bildung und das Erlernen von Fremdsprachen verzichtete der Patriarch, seinen Klerus leitete er mit starker Autorität.

Das Pontifikat 

Als nach dem Tod Papst Leos 1903 Österreich die Wahl seines Kardinalstaatssekretärs durch ein Veto verhinderte, ging Sarto als neuer Papst aus dem Konklave heraus. Unter Tränen soll er damals die Kardinäle gebeten haben, von seiner Wahl abzusehen, da er dem Amt nicht gewachsen sei; aber er nahm die Wahl schließlich doch an und wählte als Papstnamen Pius, um an seinen Vorvorgänger Pius IX. zu erinnern und sich so von seinem Vorgänger Leo XIII. abzusetzen, desssen Öffnung zur Moderne zu unvorsichtig gewesen sei. 

In seiner Antrittsenzyklika forderte er zum Widerspruch gegen die moderne Wissenschaft auf und mahnte zum Gehorsam der Gläubigen. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt gab er die Überarbeitung und Zusammenfassung des Kirchenrechts in Auftrag - eine längst überfällige Reform, die Pius X. nutzte, um das Unfehlbarkeitsdogma und die päpstlichen Befugnisse in anwendbares Kirchenrecht zu überführen. Er beendete mit Hilfe seines Kardinalstaatssekretärs Merry del Val diplomatische Annäherungen an Länder mit republikanischer Verfassung, brüskierte Staatsoberhäupter und kassierte so unter vielem anderen die außerordentlich scharfe Trennung von Kirche und Staat in Frankreich ein. Lediglich das Verhältnis zum italienischen Staat besserte er durch die Abkehr von einer totalen Verweigerungshaltung. Christlichen sozialen Bestrebungen nahm er dagegen durch klerikale Gängelung die Schlagkraft.

Pius gilt als Reformer und wurde vor allem bekannt als Seelsorger, ein innerlicher und frommer Mann, einfach und verständlich in seiner Rede, der die Nähe einfacher Menschen suchte. Sein eigenes Bistum Rom sollte Vorbild sein für andere. "Alles in Christus erneuern" lautete sein Leitmotiv. Die Erneuerung des Gottesdienstes war ihm ein Anliegen, er setzte die gregorianischen Gesänge in der Liturgie wieder ein, stellte ein neues Brevier als Standard für die ganze Kirche auf, befürwortete eine frühe Erstkommunion schon im Alter von sieben Jahren und die regelmäßigen Eucharistiefeiern, förderte die Bildung seiner Priester, führte regelmäßig Visitationen durch und nutzte wo immer möglich die Gelegenheit, als Beichtvater den Menschen im Beichtstuhl nahe zu sein. Er rief auch die Laien zur Durchführung sozialer Aktionsprogramme unter Aufsicht der Kirche auf, womit er die römisch-katholische Aktionsbewegung vorwegnahm.

Furcht vor dem sogenannten Modernismus

Papst Pius hob das allgemeine Niveau der Priesterausbildung durch die zentralisierte Einrichtung von Seminaren mit einer Studienordnung, die ihr Augenmerk auf Katechismusunterricht und Predigt richtete, sich intellektuell aber aus Furcht vor dem sogenannten Modernismus – der Anpassung theologischer Lehrinhalte an die universitäre Gedankenwelt um den Preis katholischer Selbstaufgabe – verengte. 

Liturgisch bedeutsam waren die Abkehr vom bislang vorherrschenden konzert- und opernhaften Musikstil durch Wiederherstellung des Gregorianischen Chorals, die Umgestaltung des Breviers und des Messbuchs sowie die Betonung der "participatio actuosa – tatsächlichen Teilnahme" der Gläubigen an der Messfeier. Weitere Erfolge waren die Reorganisation der Kurie als Zentralinstanz der Weltkirche und die Kodifizierung des Kirchenrechts. Für die Laien erschien 1908 sein bündiger Katechismus, an dem er beinahe 40 Jahre gearbeitet hatte. Auf Pius’ Dekrete gehen der häufige Empfang der Eucharistie und die Erstkommunion der Kinder bereits im Grundschulalter zurück.

Bruch mit Frankreich und Spanien

Politisch und philosophisch war Pius X. sehr konservativ. In der Enzyklika "Vehementer nos, Wir sind verzweifelt" von 1906 lehnte er jeden Kompromiss mit dem Laizismus, dem französischen Modell der Trennung von Staat und Kirche, ab; darüber kam es 1905 zum Bruch mit Frankreich, später auch mit Spanien - das 1910 deshalb die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abbrach -, 1911 auch mit Portugal. Auch die Demokratie als Staatsform beurteilte er skeptisch, denn sie gefährde die Kirchenhierarchie.

Hieb gegen Protestanten und Antimodernisten-Eid

1910 kam es zu Spannungen mit dem Deutschen Reich, weil Pius in der Enzyklika "Editae saepe, Oft gesagt", - gewidmet Karl Borromäus anlässlich des 300. Jahrestages seiner Heiligsprechung - die Protestanten als falsche Propheten bezeichnete, für die das Wort des Apostels Apostels von den Feinden Christi zutreffe, deren Gott der Bauch ist (Philipperbrief 3, 18 - 19). In den USA fiel ein liberaler Bischof in Ungnade, Pius weigerte sich, Präsident Roosevelt zu empfangen. In Südamerika vermittelte er dagegen erfolgreich in Grenzstreitigkeiten. Gemischtkonfessionelle christliche Gewerkschaften lehnte Pius ab, auch den Christdemokraten warf er vor, sich zu sehr um die materiellen Bedürfnisse der Arbeiterschaft zu kümmern und die Haltung der Kirche zu wenig zu berücksichtigen.

In seiner Enzyklika "Pascendi dominici gregis, Gottes Herde" zu weiden von 1907 verurteilte Pius 65 modernistische Behauptungen und die modernistische Bibelkritik als Häresie. Wissenschaftlicher Fortschritt könne nur im Lichte der katholischen Lehre und unter ihrer Führung angestrebt werden. Immer mehr Bücher kamen auf den Index verbotener Schriften und Theologie- und Philosophieprofessoren wurden immer schärfer überwacht, die Entwicklung der Theologie besonders der Exegese und alten Kirchengeschichte, wurde stark behindert, eine Art kirchliche Geheimpolizei aufgebaut. 1910 führte er den Antimodernisten-Eid ein, eine jährlich zu wiederholende Eidesformel aller katholischer Geistlichen, in der sie den in der Enzyklika benannten Irrtümern der Moderne abschwören mussten. Modernismus ist die Synthese und das Gift aller Häresien, er versucht, die Fundamente des Glaubens zu untergraben und das Christentum zu vernichten. 1967 wurde dieser Eid von Papst Paul VI. wieder abgeschafft.

Das Verhältnis zu Österreich und zu Italien konnte er normalisieren, letzteres war vor allem in der Furcht vor Sozialismus begründet, hatte aber auch eine realistische Einschätzung der Frage der Herrschaft über Rom als Grund. Viele seiner pastoralen Maßnahmen stärkten die Kirche. Pius X. hatte eine Seele, die alle rührte, die mit ihm zusammen lebten, schrieb ein Biograf. Wesentliche Verbesserungen setzte er in der Ausbildung des Klerus um, die katholische Aktion stützte er vor allem in Italien. 

Stärkung der Eucharistie und frühere Erstkommunion

1905 forderte er von allen Gläubigen per Dekret, häufiger die Heilige Kommunion zu empfangen. Bis dahin war es für das gemeine Kirchenvolk üblich, nur einmal jährlich während der Osterfeiertage die Eucharistie zu empfangen, die tägliche Kommunion war das Privileg von Ordensleuten und Priestern. Pius knüpfte den Sakramentsempfang nur an zwei Bedingungen: im Stand der Gnade zu sein und die rechte Absicht zu haben. 1910 setzte er das Mindestalter für die Erstkommunion von zwölf auf sieben Jahre herab und wurde so zum populären Papst der Kinderkommunion.

Tod und 

Pius X. erlitt 1913 einen Herzinfarkt, von dem er sich nicht mehr gänzlich erholte. Er starb kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs, dessen Vorzeichen ihn unendlich traurig gestimmt hatten. Der Krieg von 1914, den er schon Jahre zuvor vorausgesehen hatte, brach Pius schließlich das Herz: "Ich spüre es, der Krieg ist mein Tod", schrieb er und starb gut drei Wochen nach dessen Beginn. "Ich würde gerne mein Leben hingeben, wenn ich damit den Frieden Europas erkaufen könnte", sollen seine letzten Worte auf dem Sterbebett gewesen sein. Gleichwohl hatte er zuvor aus seiner Sympathie für den deutschen und besonders den österreichischen Kaiser keinen Hehl gemacht: "Auf Kaiser Franz Joseph, der sein ganzes Leben lang dem Heiligen Stuhl gegenüber loyal und treu ergeben war und der derzeit einen gerechten Krieg führt, kann ich keinen Druck ausüben". Pius sah im Habsburger Reich den letzten Hort des Katholizismus, in Serbien dagegen einen Vasallen des orthodoxen Russland, dessen Expansionsbestrebungen Österreich-Ungarn Einhalt gebieten müsse. Schon vor Kriegsaubruch hatte der bayerische Geschäftsträger am Heiligen Stuhl an München gemeldet: "Der Papst billigt ein scharfes Vorgehen Österreichs gegen Serbien". Nach seinem Tod gab der Vatikan bekannt, dass der Pontifex die Bitte des österreichischen Botschafters, den Feldzug der Donaumonarchie zu segnen, mit den Worten: "Ich segne den Frieden, nicht den Krieg!" abgelehnt habe; zeitgenössische Historiker bezweifelten allerdings die Authentizität dieser Aussage.

Pius wurde im Petersdom beigesetzt, an seinem Grab sollen sich zahlreiche Wunder ereignet haben. Nach seiner Heiligsprechung 1954 wurde er in einen Glassarg umgebettet. Bei der Feier der Eucharistie am Altar über dem Grab haben viele Priester nach ihrem Bekunden erlebt, wie ein zarter Rosenduft zum Altar emporstieg, der Duft der Heiligkeit, der von diesem Papst der heiligen Eucharistie ausgeht. In Deutschland tragen über 60 katholische Kirchen seinen Namen. Die von dem 1988 exkommunizierten Bischof Lefebvre 1970 gegründete "Piusbruderschaft" benennt sich nach Pius X.

Verehrung: Pius X. hatte sich die übliche Organentnahme und Einbalsamierung verbeten – was ihm seither alle Päpste gleichtun – und wurde in einem schmucklosen Grab in der Krypta des Petersdoms beigesetzt. Er wurde 1951 seliggesprochen und ruht seitdem im Altar der Tempelgangkapelle. 1954 wurde er als erster Papst seit Pius V. heiliggesprochen.

Patron: der Esperantisten, der Sonnenuhrenbauer, der Katecheten, des Päpstlichen Werks der Heiligen Kindheit (später Päpstliches Missionswerk der Kinder, heute Sternsinger)

Er wird dargestellt in bischöflichen Gewändern in Kardinalstracht oder in Papstkleidung.

Gedenktag: 21. August

Für "Pius" sind auch folgende Namen gebräuchlich: Pia, Pine

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