Früherer Verfassungsrichter Mahrenholz

 (DR)

 Von 1981 bis 1994 gehörte der Sohn eines protestantischen Pfarrers dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts an. Als Berichterstatter wirkte er an zahlreichen bedeutenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts mit, unter anderem zum Hafturlaub bei lebenslanger Freiheitsstrafe, zur Stationierung von Mittelstreckenraketen, zur Kriegsdienstverweigerung, zur parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste, zur Reichweite der Unschuldsvermutung und zur Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe.

1987 wurde Mahrenholz zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzenden des Zweiten Senats ernannt. In seine Amtszeit fiel eine Reihe von wichtigen Verfahren, beispielsweise zum Schwangerschaftsabbruch und zum Vertrag von Maastricht.

Der gebürtige Göttinger studierte in Tübingen und Göttingen Theologie, Psychologie und Philosophie sowie anschließend Rechtswissenschaften. Nach seinen juristischen Staatsexamina und der Promotion war der Sohn des Pastors und Kirchenmusikers Christhard Mahrenholz 1959 zunächst am Kirchenrechtlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) tätig. Ab 1960 folgten verschiedene Stationen in der niedersächsischen Kommunal- und Landesverwaltung.

1967 wurde er zum Direktor des Funkhauses Hannover des Norddeutschen Rundfunks gewählt. Zum Staatssekretär und Leiter der Staatskanzlei in Niedersachsen wurde er 1970 ernannt. Von 1974 bis 1981 war er SPD-Abgeordneter im niedersächsischen Landtag, von 1974 bis 1976 zudem niedersächsischer Kultusminister.

Nach seiner Zeit in Karlsruhe hatte der Jurist weitere wichtige Ämter inne. Die Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft wählte ihn 1998 zu ihrem Präsidenten, das Präsidium der Deutschen Sektion der Internationalen Juristen-Kommission im Jahre 1990 zum Vorsitzenden.

Mahrenholz war Ehrenpräsident der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung. Die Befassung mit dem Holocaust war ein Lebensthema. Obwohl er einerseits die umfassende Verantwortung der Deutschen für Auschwitz und die Shoah betonte, hat er anderseits immer auch seine Stimme erhoben, wenn er um die aktuelle Situation Israels besorgt war. So hat er in einem in der Zeitung Ha'aretz abgedruckten Leserbrief in den 90er Jahren die Besetzung und die Siedlungspolitik im Westjordanland durch Israel mit deutlichen Worten kritisiert. (KNA, 01.02.2021)