Dr. Elisabeth Müller

Dr. Elisabeth Müller / © Angela Krumpen (ak)

„Es ist so ein Geschenk, so eine tolle Familie zu haben“, sagt Dr. Elisabeth Müller leidenschaftlich, als ich sie in ihrem Garten besuche. Wobei die promovierte Pharmazeutin weiß, wovon sie spricht: sie kommt selbst aus einer großen Familie und auch als Mutter überblickt sie einen langen Zeitraum: fünf ihrer Kinder studieren schon, sind junge Erwachsene, nur eines besucht noch die Schule.

 Ich muss  einfach zeigen, wie toll das ist

Als ihr jüngstes Kind in die zweite Klasse kam, stand Elisabeth Müller vor der Frage, was sie mit dem neuen Freiraum anfangen wollte: mehr in der Apotheke arbeiten, z.B.? In jenem Sommer hatte eine ihrer Kusinen einen Kindergarten mitgegründet: „Ich bewunderte sie, wie sie das so einfach machte“. Dachte, das könne sie selber nicht. Aber die Kusine war anderer Meinung: „Sag einfach ja, wenn eine Aufgabe kommt“, riet die Kusine.

Ohne diese Inspiration hätte Elisabeth Müller vielleicht nein gesagt, als kurz darauf ein Bekannte fragte, ob sie nicht gemeinsam was für kinderreiche Familien tun wollten. So aber sagte sie zu und gründete mit Freunden einen Verein.

Auf Sie haben wir gewartet

Obwohl die Verbandsgründer von Anfang an Nägel mit Köpfen machen - „wir haben das gleich groß gedacht, als wir den Verband gegründet haben. Wir wollten nicht, dass da ein Kopfverband entsteht, der irgendwo weit weg auf Bundesebene sitzt und haben gleich in allen Bundesländern Ansprechpartner gesucht“ - war Elisabeth Müller mehr als skeptisch, ob sie überhaupt etwas erreichen könne: „Ich erwartete nichts, dachte, man kann eh nichts bewegen.“

Da aber hatte sie sich getäuscht: Schon kurz nach der Gründung gab es ein so reges Medieninteresse, dass Elisabeth Müller schon bald zu Günther Jauch ins Fernsehen und ins Bundesministerium für Familien eingeladen wurde. Wo, sie zu ihrer großen Überraschung mit den Worten: „Auf Sie haben wir gewartet“ mit offenen Armen empfangen wurde.

Kinderreiche Familien sind nicht nur asozial. Oder adelig

Bei so viel Rückendeckung machte sich der Verband mit Schwung an die Arbeit. Untersuchte als erstes in einer Studie das Bild der kinderreichen Familien in den Medien. „Kinderreiche Familien kamen nur in prekären Situationen vor – oder wenn der Bundespräsident kam, um die Patenschaft zu übernehmen.“ 

„Man hatte einfach gar nicht mehr auf unsere Lebensform geschaut!“ analysiert Elisabeth Müller. Und arbeitet daran, dass das anders werden kann: „Letztes Jahr haben wir 60 bis 70 Familien an die Medien vermittelt, um überhaupt wieder Beispiele für dieses Modell zu haben.“

Die Frage: "Leiste ich mir noch ein Kind?"  ist eine gesellschaftliche Aufgabe

Wie viele Kinder passen in ein Auto? Wie fahren wir in Ferien? Kinderreiche Familien werden schnell mit sozialer Ungerechtigkeit konfrontiert. Die Frage: Leiste ich mir noch ein drittes Kind, sei keine Privatsache, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe, ist Elisabeth überzeugt. Denn: „Unsere Kinder werden später die Rente bezahlen. Aber was ist mit der Mutter der Kinder? Das kann doch so nicht sein.“ 

Elisabeth Müller kämpft politisch mit ihrem Verband für die besonderen Bedarfe dieser Familienform: „Eine Familienkarte ist in der Regel auf zwei Kinder beschränkt. Was ist  mit den anderen vier?“

Offensein fürs Leben

Warum das Leben mit vielen Kindern Elisabeth Müller hat offener werden lassen, warum sie allen jungen Müttern diese Offenheit wünscht, welcher im März 1993 der schönste Moment ihres Lebens war und warum eine Plakataktion für kinderreiche Familien ihr großer Traum wäre – das erzählt Elisabeth Müller in dieser Sendung Menschen nachdenklich, mit viel Herz und  - offen für das Leben. Viel Freude beim Hören!

(Erstausstrahlung: 08.09.2019)