Christian Felber

Christian Felber / © Krumpen (ak)

Christian Felber, Wissenschaftler und Publizist, Tänzer und Aktivist hat sich in den letzten Jahren ganz seiner Idee einer neuen Wirtschaft, der Gemeinwohlökonomie, wie er sie nennt, verschrieben. Deswegen reist Christian Felber in der ganzen Welt umher – und aus seiner Idee ist in kaum einem Jahrzehnt eine Bewegung auf drei Kontinenten und fast 50 Staaten geworden. Auch die theologische Universität Vallendar hat ihn eingeladen. Nach seinem Vortrag dort räumt er in seinem dichten Terminkalender Zeit für die Sendung Menschen frei.

Und weil Christian Felber ein großer Naturliebhaber ist, treffe ich ihn im Park.

Alle Menschen wollen ein gutes Leben

"90% der Menschen wünschen sich ein anderes Wirtschaftssystem" zitiert Christian Felber eine Studie der Bertelsmann Stiftung und ergänzt, dass das ein stabiler Wert sei, den Menschen in ganz reichen, wie ganz armen Ländern überall auf der Welt nennen. Die Menschen strebten überall nach Grundwerten, "nach Menschenwürde, Gerechtigkeit und Solidarität, nach Nachhaltigkeit und Klimaschutz, nach Mitentscheidung und Verringerung der Machtkonzentration." Die Summe dieser Werte nennt Christian Felber Gemeinwohl.
Und um dieses, unser aller Gemeinwohl, dreht sich sein Denken, Streben und Arbeiten. "Wenn Magret Thatcher und Angela Merkel sagen, "there is no alternative", es gebe keine Alternative, "dann nimmt uns das jede Freiheit. Aber die Demokratie lebt von Alternativen!" sagt er, leidenschaftlich.

Geld muss Mittel für ein gutes Leben sein

Im Kern gehe es um zwei verschiedene Sonnensysteme. "Im Sonnensystem des Kapitals geht es um endloses Wachstum, um Gewinn und Konkurrenz." Diese Werte erhöhten den Arbeitsdruck, verschlechterten dadurch Arbeitsbedingungen, verletzten die Menschenwürde. "Natürlich richtet der Kapitalismus nicht nur Schaden an, mehr Reichtum und Wohlstand", aber letztlich stelle er ein ganz anderes Wertesystem dar, eines, in dem das Geld und seine Vermehrung zum Zweck werde.

"Geld muss aber Mittel sein für ein gutes Leben", zitiert Christian Felber Aristoteles. In Felbers Ökonomiemodell geht es darum um andere Werte. Sein Sonnensystem der Ökonomie hat die Leitsterne Gemeinwohl und Menschenwürde und ihn ihm gehe es um "individuelle und kollektive Werte": Solidarität, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit. "Das Wachstum steht nicht an erster Stelle."

Gemeinwohlökonomie vorleben

Die weltweite Finanzkrise nach dem Konkurs der Lehman Brothers Bank war der Ausgangspunkt, dass Christian Felber, der u.a. schon Attac Österreich mit gegründet hatte, eine neue Wirtschaft denken wollte. "Aber ich will nicht nur für eine andere Wirtschaft streiten. Ich will sie auch leben!"

Weil viele andere Menschen das auch wollen, gibt es alleine in Deutschland 45 Regionalgruppen, die schon mal ernst machen und vor Ort andere Lösungen suchen. Unternehmen machen mit und selbst Kommunen erstellen eine sogenannte Gemeinwohlbilanz. Was das ist, eine Gemeinwohlbilanz, wer sie erstellt und wie ein Wirtschaftssystem aussähe, das das Gemeinwohl in den Blick nimmt – das erzählen wir in der Sendung genauer.

Warum Christian Felber sich und die Wirtschaft gerne auf den Kopf stellt

Christian Felber ist Profitänzer. Und so wie er die Wirtschaft mit Blick auf das große Ganze sieht, so soll auch in seinem eigenen Leben für alles wirklich Wichtige Platz sein, gleichzeitig. Platz für Tanz und Natur, Platz für Sinn und den Einsatz für eine andere Wirtschaft. Und auch Platz ist für das, was Christian Felber das große Geheimnis, in dem alles andere wurzele, nennt.

Dass (und wie) Christian Felber dieses große Geheimnis schon als Kind erfahren hat – und warum er sein Leben danach ausrichtet – auch das verrät Christian Felber in der Sendung.

Danach stellt er sich nicht nur für Fotos auf den Kopf – sondern fragt mich plötzlich, ob ich die Welt mal aus einer anderen Perspektive sehen wolle? Als ich nicke, nimmt er mich rücklings auf seinen Rücken – und für eine Weile baden meine Augen im Himmel über den vom Herbstwind gejagte weißgraue Wolken ziehen.

Der Himmel ist, finde ich, ein sehr gutes Ende für diese kleine Reportage und wünsche: so viel Freude beim Hören, wie wir beim aufnehmen hatten!

(Eine Wiederholung vom 30.09.2018)