Die Angeklagten im Rote-Khmer-Prozess

Vier Köpfe um Pol Pot

In Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh müssen sich von Montag an vier ehemalige hochrangige Führungsmitglieder der Roten Khmer wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor einem Tribunal verantworten. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) stellt die Angeklagten in Kurzporträts vor.

 (DR)

Khieu Samphan - Der schreckliche Diplomat

Der 79 Jahre alte Khieu Samphan, Sohn wohlhabender khmer-chinesischer Eltern, hat eine schillernde politische Biografie. In der 1982 gebildeten Exilregierung unter König Sihanouk diente er als Außenminister. Während des Rote-Khmer-Regimes von Pol Pot zwischen 1975 und 1979 war der in Frankreich ausgebildete Wirtschaftsexperte Staatsoberhaupt des "Demokratischen Kampuchea".



Die Machtergreifung der Roten Khmer feierte er als "Meisterstück, geschrieben mit frischem Blut unseres Volkes". Nach dem Sturz der Roten Khmer durch die vietnamesische Armee floh er zunächst nach China. Dann zog er als Vertreter der Roten Khmer bei den Vereinten Nationen nach New York; 1991 repräsentierte er seine Kampfgenossen bei den Pariser Friedensverhandlungen. 1998 stellte sich Khieu Samphan der Regierung von Kambodschas Ministerpräsident Hun Sen und wurde vom damaligen König Sihanouk begnadigt.



Ieng Sary - Vom Quartier Latin zu den Killing Fields

Mit 85 Jahren ist Ex-Außenminister Ieng Sary der älteste der vier Angeklagten. Auch nach dem Ende des knapp vierjährigen Regimes von Pol Pot im Jahr 1979 stand Sary bis zu seiner Amnestierung durch König Sihanouk im Jahr 1996 fest zur Rote-Khmer-Bewegung, die sich in Pailin im Westen Kambodschas verschanzt hatte. Die Freundschaft Sarys, der als Sohn eines kambodschanischen Vaters und einer chinesischstämmigen Mutter im heutigen Südvietnams geboren wurde, mit seinem späteren Schwager Pol Pot geht auf die gemeinsamen Studientage in Paris zurück. Dort fanden die beiden im linken Studentenmilieu des Quartier Latin zum Kommunismus. 2007 wurde Sary in seiner Villa in Phnom Penh verhaftet. Er soll eine maßgebliche Rolle bei dem Völkermord an den Khmer Krom aus dem heutigen Vietnam sowie den Cham-Muslimen in Kambodscha gespielt haben.



Ieng Thirit - Die "Eiserne Lady" der Roten Khmer

Als ehemalige Sozialministerin der Roten Khmer soll Ieng Thirit (78) eine entscheidende Rolle bei den brutalen Säuberungskampagnen der kommunistischen Khmer Rouge gespielt haben. Mitte der 1950er Jahre ging die Tochter eines wohlhabenden Richters aus Battambang zusammen mit ihrer älteren Schwester Khieu Ponnary nach Paris, wo sie an der Sorbonne als erste Kambodschanerin einen Abschluss in englischer Literatur erwarb. In Paris heiratete sie Ieng Sary, den späteren Außenminister der Roten Khmer, den sie bereits während ihrer gemeinsamen Schulzeit am renommierten Lycee Sisowath in Phnom Penh kennengelernt hatte. Ihre 2003 verstorbene Schwester war mit Pol Pot verheiratet; damit gehörte die Shakespeare-Expertin Thirit auch zu den privaten Führungskreisen der Roten Khmer. Bis zu ihrer Verhaftung 2007 lebte Thirit zusammen mit ihrem Mann in einer Nobelvilla in Phnom Penh.



Nuon Chea - Chefideologe der Roten Khmer

Der 84 Jahre alte Noun Chea, geboren als Lau Ben Kon im kambodschanischen Battambang, war der zweite Mann nach Rote-Khmer-Führer Pol Pot - daher auch seine Bezeichnung "Bruder Nummer Zwei". Neben seiner Rolle als Chefideologe diente der an der Thammasat-Universität in Bangkok ausgebildete Noun Chea dem Regime als Präsident der Nationalversammlung. Seine politische Karriere begann er in der kommunistischen Partei Thailands. Nach dem Ende der Herrschaft der Roten Khmer im Jahr 1979 flüchte Nuon Chea nach Pailin im Westen Kambodschas, bis heute eine Hochburg ehemaliger Roter Khmer. 1998 stellte er sich der kambodschanischen Regierung; Ministerpräsident Hun Sen nahm ihn herzlich auf. 2007 wurde der als hart und skrupellos geltende Nuon Chea verhaftet. In Interviews beteuerte er wiederholt, von den Massenmorden nichts gewusst zu haben.