Der Berlin-Bonn-Beschluss hat in Bonn viel bewegt - auch wenn nicht alles gelungen ist

Von Leuchttürmen und Investitionsruinen

Leise, aber emsig geht es heutzutage im ehemaligen Bonner Regierungsviertel zu. Wo früher Parteienvertreter, Regierungsmitarbeiter und Diplomaten flanierten, sind inzwischen wieder etliche Kammgarn-Anzugträger präsent. Zahlreiche Unternehmen, Stiftungen und Forschungseinrichtungen bevölkern die früheren Regierungsliegenschaften, viele Gebäude wurden auch neu gebaut.

Autor/in:
Markus Peters
 (DR)

Als am 20. Juni 1991 der Deutsche Bundestag die Verlegung des Regierungssitzes und der meisten Ministerien nach Berlin beschloss, sahen nicht wenige Bonner ihre Stadt vor dem Niedergang. Inzwischen ist der Strukturwandel gelungen, sagt Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD): "Wir sind jetzt die Deutsche Stadt der Vereinten Nationen, konnten uns im Bereich Wissenschaft stark entwickeln und belegen Platz 3 in der "Börsenliga"."



Milliardenentschädigung für Regierungsumzug

Diese Entwicklung war so im Sommer 1991 noch nicht absehbar. Zwar traf die Bonner der Verlust des Regierungssitzes nicht unvorbereitet, immerhin war Berlin schon im Einigungsvertrag vom 3. Oktober 1990 zur neuen Hauptstadt gekürt worden. Rund 1,43 Milliarden Euro stellte der Bund später im Rahmen einer Ausgleichsvereinbarung zu Verfügung, damit Bonn und der benachbarten Region Rhein-Sieg/Ahrweiler eine erfolgreiche strukturelle Anpassung gelingt.



Ein Großteil des Geldes entfiel mit 861 Millionen Euro auf den Wissenschaftsbereich. Damit wurde unter anderem Leuchtturmprojekte wie die Gründung der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg gefördert. Erhebliche Zahlungen wurden auch für Infrastrukturmaßnahmen und Kulturförderung geleistet, nicht immer sinnvoll, wie Stadtoberhaupt Nimptsch heute einräumt: "Man muss zugeben, dass sich damals das Füllhorn des Bundes zu sehr an den Wünschen von Kulturschaffenden als an tatsächlichen Bedürfnissen der Gesamtbevölkerung orientiert hat."



Zur größten Chance und zum größten Problem für Bonn wurde aber das ambitionierte Vorhaben, die ehemalige Hauptstadt zum Zentrum für internationale Zusammenarbeit zu machen. Der Ansatz dafür wurde schon im Bundestagsbeschluss von 1991 gelegt. Das frühere Bundeshaus und seine Umgebung wurden zum UN-Campus deklariert. Tatsächlich haben sich hier inzwischen zahlreiche Einrichtungen der Vereinten Nationen, darunter das bedeutsame UN-Klimasekretariat (UNFCCC) angesiedelt. Auch über 150 Nichtregierungsorganisationen sind inzwischen in Bonn vertreten.



Affäre um Kongresszentrum belastet Bonn

Eigentlich also eine Erfolgsgeschichte, gäbe es nicht die Affäre um das WCCB. Das Kongresszentrum mit angeschlossenem Tophotel sollte der Mittelpunkt des UN-Campus werden, dringend erforderlich, um das hochrangige Konferenzen nach Bonn zu holen. Ein koreanischer Investor wollte den Bau ab Mai 2007 hochziehen. Allerdings explodierten die Kosten von 140 Millionen auf 200 Millionen Euro und dem Investor ging das Geld aus. Die halbfertige Baustelle liegt seit September 2009 brach, verursacht dennoch täglich immense Kosten.



Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft erste Anklagen erhoben, die Ermittlungen gegen frühere leitende Mitarbeiter der Stadt Bonn und die ehemaligen Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) dauern an. Auch wenn die rechtliche Würdigung noch offen ist, so scheint die damalige Spitze der Stadtverwaltung dem Investor mit kaum nachvollziehbarer Naivität begegnet zu sein. Sollte die Stadt den Bau in eigener Regie fertig stellen, sind dafür mindestens 74 Millionen Euro fällig.



Es ist eine vertrackte Situation für Oberbürgermeister Nimptsch, der bereits jetzt einen äußerst knappen Haushalt zu verwalten hat. Schon musste aus Kostengründen das von vielen Bonnern gewünschte Beethoven-Festspielhaus vorerst auf Eis gelegt werden. Im dapd-Gespräch bleibt Nimptsch in Sachen WCCB aber optimistisch: "Die Verantwortung für die Fertigstellung des Konferenzzentrums liegt bei der Stadt Bonn. Bund und Land haben, sofern das Grundstück in kommunalen Besitz übergeht, dafür finanzielle Unterstützung zugesagt." Wenn jetzt alles glattgeht, könnte das Konferenzzentrum ab 2013 genutzt werden. "Bonn wird nach Fertigstellung des WCCB eine herausragende Stellung als Kongressstandort für nachhaltige Entwicklung einnehmen", ist jedenfalls Nimptsch überzeugt.