Erstes Bundestreffen der Kirchenclowns

«Nicht nur Schenkelklopfer»

Gabi Kracker steckt in einem Clownskostüm und steht vor der Laurentiuskirche in Halle. "Hallo und Willkommen" begrüßt sie mit verstellter Stimme Gottesdienstbesucher am Samstagabend. Sie ist eine von 35 Kirchenclowns, die sich an diesem Wochenende zu ihrem ersten Bundestreffen in der Stadt an der Saale versammelt haben.

Autor/in:
Markus Nowak
Steffen Schulz alias Clown Leo ist der Organisator des Bundestreffens (KNA)
Steffen Schulz alias Clown Leo ist der Organisator des Bundestreffens / ( KNA )

Die 46-jährige Kracker ist als Clown "Dilämma" bereits öfter vor größerem Publikum aufgetreten. Gleich wird die Floristin aus Fürth den Gottesdienst mit ihren Kollegen gestalten. Kein Posaunenchor, sondern ein ungewöhnliches Orchester beschallt das Gotteshaus: Ein Clown spielt Akkordeon, ein weiterer bläst durch einen Küchentrichter und ein Dritter entlockt einer Fuchsschwanzsäge schräge Töne. Für manche Kirchgänger sicher ein skurriler Anblick, aber nicht für Steffen Schulz alias Clown Leo. Er ist der Organisator des Narrentreffens und seit mehr als elf Jahren hauptberuflich als Kirchenclown bundesweit in Gebetshäusern unterwegs. Seine Tätigkeit ist für ihn eine "Ausdrucksform des Glaubens".



Schulz ist so etwas wie ein Pionier seiner Zunft. "Clowns sind nicht nur Schenkelklopfer, sondern auch traurige Gestalten", sagt der 39-Jährige. Sie bilden damit aus seiner Sicht das Auf und Ab, das Lustige und Traurige des wahren Lebens ab. Der evangelische Altbischof von Magdeburg, Axel Noack, findet sogar, dass Clowns echte Vorbilder für Christen sein können. "Sie erleiden Missgeschicke und kommen wieder hoch."



Außer heiterem Clownstheater, Methodenseminaren und Spielen wurde während des ersten Treffens der christlichen Narrenzunft auch die Problematik einer Verkündigung der Frohen Botschaft auf humoristische Weise erörtert. So stellt Noack zugleich klar, dass Kirche einen besonderen Charakter habe, dem bei Auftritten gleich welcher Art Rechnung zu tragen sei: "Kirche ist ein Ort, an dem Gottes Ehre wohnt." Renate Schlegel ist Noacks Mahnung wichtig: "Wir nähern uns dem Gotteshaus und den Menschen mit Respekt", sagt die 52-Jährige. Erst vor kurzem hat sie eine berufsbegleitende Fortbildung zur Kirchenclownerie abgeschlossen. "Es geht ja nicht darum, alles durch den Kakao zu ziehen", auch das habe sie dabei gelernt.



Ob man in der Kirche lachen darf, diese Frage erörterte Magdeburgs katholischer Bischof Gerhard Feige in seiner Predigt während des Gottesdienstes am Samstag. "Lachen, das Furcht tötet, ist ein besonderer Zugang zu Gott", lautete sein Credo. Auf diese Weise könnten Clowns spielerische Zugänge zum Evangelium eröffnen. Eine ähnliche Auffassung vertritt Renate Schlegel alias Berta Oimerle. Ihrer Erfahrung nach wird "Liturgie für die Gottesdienstbesucher verständlicher". Und das, obwohl die meisten Kirchenclowns lediglich das sogenannte Grammelot sprechen, eine lautmalerische und von Gesten begleitete Theatersprache, und die Heilige Schrift meist nur mit musikalischer Begleitung inszenieren.



Die noch junge Tradition der Kirchenclowns kann nach Ansicht der Protestantin Schlegel frischen Wind in "festgefahrene Gottesdienstabläufe" bringen. Eine besondere Offenheit für das Thema gebe es vor allem in katholisch geprägten Landstrichen, in denen karnevalistisches Brauchtum gepflegt werde. Einen Eindruck, den ihr Kollege Steffen Schulz alias Clown Leo bestätigt. Obwohl Protestant, werde er immer wieder auch von katholischen Kirchengemeinden angefragt.