NRW-Staatspreis für das Europäische Parlament

"Gewinn für die Demokratie in Europa"

Das Europäische Parlament ist mit dem Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet worden. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers überreichte die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung an EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek bei einem Festakt am Dienstagabend auf dem Petersberg in Königswinter bei Bonn.

 (DR)

Das vor 30 Jahren erstmals gewählte EU-Parlament könne nun mit dem in Kraft getretenen Lissabon-Vertrag bei fast allen Gesetzen gleichberechtigt mit dem Ministerrat entscheiden, sagte Rüttgers. Dieser «Gewinn für die Demokratie in Europa» werde mit der Auszeichnung gewürdigt.

Der Ministerpräsident bekundete seine Freude darüber, «diesen Preis 20 Jahre nach dem Fall der Mauer einem polnischen Europäer überreichen zu können». Buzek habe mit vielen anderen Landsleuten jahrelang für die Freiheit Polens gekämpft. An den Parlamentspräsidenten gerichtet sagte Rüttgers: «Für Sie war die Wiederherstellung der freiheitlichen Demokratie in Ihrem Land immer auch ganz selbstverständlich verbunden mit einer Heimkehr Polens nach Europa.»

Rüttgers plädierte für eine weitere Stärkung des Europaparlaments und die Einführung eines eigenen Initiativrechtes. Zudem solle es sich zu einer vollwertigen ersten Kammer der europäischen Legislative entwickeln. Daneben müsse der Ministerrat zu einer zweiten Kammer im Sinne eines europäischen Senats werden. Die 1946 von Winston Churchill geforderten «Vereinigten Staaten von Europa» blieben für ihn das große Ziel, führte Rüttgers aus.

Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer würdigte in seiner Rede die Entscheidung, den Staatspreis an das Europäische Parlament zu verleihen, als ein herausragendes Bekenntnis zum Fortgang der europäischen Einigung. Dieses Projekt müsse gegen neue Trends zu einer Re-Nationalisierung in Europa fortgesetzt werden. Fischer kritisierte in diesem Kontext das Karlsruher Urteil zum Lissabon-Vertrag als «skandalös», weil es einen Stillstand in der europäischen Einigung befürworte. Fischer betonte, diese Tendenz werde sich trotz des Karlsruher Urteils nicht in Europa fortsetzen.
Buzek schloss sich in seiner Dankesrede der Forderung Fischers an, die beide in den Worten zusammenfassten: «Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa!»

Die NRW-Landesregierung vergibt den Staatspreis seit 1986 jährlich für herausragende Leistungen in kulturellen, wissenschaftlichen und anderen Bereichen. 2008 ging die Ehrung an Luxemburgs Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker, den niederländischen Regierungschef Jan Peter Balkenende und Belgiens Premierminister Yves Leterme. Zu den bisherigen Preisträgern gehören auch der Soziologe Wolf Lepenies, die Journalistin Carola Stern, die Feministin Alice Schwarzer, die Künstler Gerhard Richter und Georg Meistermann, der Philosoph Jürgen Habermas sowie Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki.