Tausende Arcandor-Mitarbeiter demonstrieren für Staatshilfen

Auf die Straße für Karstadt

Mehrere Tausend Mitarbeiter des von der Insolvenz bedrohten Essener Handels- und Tourimuskonzerns Arcandor haben am Mittwoch vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin für Staatshilfen demonstriert. Sie hielten Plakate und Transparente mit Aufschriften wie ""Wir Karstädter sind es wert, Herr zu Guttenberg", "Staatsbürgschaft ist sinnvoller als Arbeitslosengeld" und das "Warenhaus lebt". Auf der Veranstaltung sagte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dass er den Antrag auf Staatsbürgschaft ohne "Vorfestlegungen" prüfe.

 (DR)

Unterdessen schaltete sich auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in die Debatte um staatliche Hilfen für Arcandor ein. Eine solche Unterstützung sei «keineswegs» undenkbar, sagte er im ARD-«Morgenmagazin». Zuvor hatten dies etliche Politiker eher ausgeschlossen. Zu Arcandor gehören unter anderem die Warenhauskette Karstadt und das Versandhaus Quelle.

Guttenberg sagte, er wolle keine «vorauseilende Auskunft» geben. Allerdings werde mit dem Antrag auf Staatsbürgschaft «verantwortungsvoll und mit Vernunft» umgegangen. In Berlin demonstrierten nach Polizeiangaben rund 6000 Arcandor-Mitarbeiter für Staatshilfen. Die Gewerkschaft sprach von 7000 Teilnehmern, darunter 1300 Teilnehmer aus NRW.

Der Quelle-Betriebsrat plädierte derweil auch für die Gewährung von Staatshilfen, um den »inzwischen erfolgreich eingeleiteten Restrukturierungsprozess fortführen zu können«. Arcandor sei nur »aufgrund der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise vorübergehend auf die Unterstützung des Staates durch eine Bürgschaft angewiesen, um die langfristige Finanzierung des Konzerns sicherzustellen". Eine Insolvenz würde den Staat beziehungsweise den Steuerzahler mit geschätzten 1,5 Milliarden Euro belasten.

Auch Steinbrück schloss Staatshilfen nicht aus. «Bei Arcandor hängen mehr Arbeitsplätze dran als direkt bei Opel. Es sind über 50 000 Menschen, die davon betroffen sind», betonte er. Der Minister plädierte dafür, dass das «Für und Wider» in den Gremien, die über eine Bürgschaft entscheiden, «sehr solide» abgewogen werde.

Der Vorstandsvorsitzende des Handelskonzerns Metro, Eckhard Cordes, wandte sich hingegen erneut gegen Staatsbürgschaften für Arcandor. Das Essener Unternehmen sei nicht «systemrelevant», sagte Cordes am Dienstagabend dem Fernsehsender N24. Außerdem hätten Staatsbürgschaften einen wettbewerbsverzerrenden Einfluss. Zudem könnten bei einer Insolvenz mit einem guten Insolvenzverwalter überlebensfähige Teile des Geschäfts fortgeführt werden. Erst vergangene Woche hatten sich Arcandor und Metro darauf geeinigt, dass sie den Zusammenschluss ihrer Töchter Karstadt und Kaufhof zu einer »Deutschen Warenhaus AG« prüfen wollen. Weitere Gespräche oder Treffen gab es seitdem nicht.

Unterdessen hat Arcandor die Veröffentlichung seiner Halbjahreszahlen zum zweiten Mal verschoben. Anstelle am 29. Mai würden die Geschäftszahlen von Oktober 2008 bis März 2009 jetzt erst am 18. Juni veröffentlicht. Das MDAX-Unternehmen begründete dies mit den laufenden Finanzierungsverhandlungen.

Der angeschlagene Arcandor-Konzern benötigt eigenen Angaben zufolge für seine Finanzierung 650 Millionen Euro Staatsbürgschaft und 200 Millionen Euro Kredit. Am Wochenende hatte Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick erneut erklärt, dass Staatshilfen ohne Alternative seien. Dem Vernehmen nach würde auch eine Fusion von Karstadt und Kaufhof nichts daran ändern, dass ohne zusätzliche Gelder die Insolvenz droht. Für Donnerstag (28. Mai) ist eine Sitzung des staatlichen Bürgschaftsausschusses geplant, bei dem Arcandor Staatsbürgschaften einfordern will. Mit einer Entscheidung ist in dieser Sitzung nicht zu rechnen.