Streit um Vatikan-Position zu Homosexualität

Empörung aus Reflex?

Die Haltung des Vatikan zu Homosexualität sorgt in Italien für heftige Diskussionen. Verbände und Medien warfen der Kirche am Dienstag vor, die Diskriminierung und sogar die Bestrafung von Homosexuellen zu befürworten. Auslöser der Debatte sind Äußerungen des Vatikan-Vertreters bei der UNO, Erzbischof Celestino Migliore. Der dementiert.

 (DR)

Migliore hatte sich in einem Interview kritisch zu einer Initiative Frankreichs bei der UNO geäußert, die Strafbarkeit von Homosexualität weltweit aufzuheben. Paris will der UN-Vollversammlung laut Medienberichten eine Erklärung zur Abstimmung vorlegen, in der alle Staaten aufgefordert werden «sicherzustellen, dass sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität unter keinen Umständen Grund für Bestrafung sein darf».

Migliore hatte sich in einem Interview des Pressedienstes «I.Media» in New York gegen jede ungerechte Diskriminierung von Homosexuellen gewandt. Gleichzeitig warnte er aber davor, dass durch die angestrebte Regelung künftig Staaten an den Pranger gestellt oder unter Druck gesetzt werden könnten, die eine Verbindung zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht als Ehe anerkennen.

Keine Diskriminierung beabsichtigt
Es gehe dem Heiligen Stuhl keinesfalls um eine Diskriminierung und Bestrafung von Homosexuellen, erläuterte Vatikansprecher Federico Lombardi der Zeitung «Il Giornale» (Dienstag): «Keiner will die Todesstrafe für Homosexuelle verteidigen.» Der katholische Katechismus schließe die Todesstrafe und alle Strafmaßnahmen oder Diskriminierungen gegenüber Homosexuellen aus.

In der neuen Initiative gehe es aber um eine Gleichstellung aller sexuellen Orientierungen, gab Lombardi zu bedenken. Das könne zur Diskriminierung jener führen, die für eine Privilegierung der Ehe zwischen Mann und Frau als grundlegender Form des sozialen Lebens einträten. «Nicht von ungefähr haben sich nur 50 UN-Mitgliedstaaten hinter die Initiative gestellt, während sich mehr als 150 nicht angeschlossen haben», so der Vatikansprecher. Der Heilige Stuhl stehe also nicht allein.

In der italienischen Tageszeitung „La Repubblica" schlagen dennoch die Wellen hoch: Ein transsexueller Politiker der Partei „Kommunistische Wiederergründung" erklärte, er warte immer noch „auf ein Mea Culpa für die Scheiterhaufen des Mittelalters", während ein Abgeordneter von Silvio Berlusconis Regierungspartei den Vatikan verteidigt: „Wer will den ausschließen, dass künftig die Gegner von „Homo-Ehen" vor Gericht gestellt oder persönlich angegriffen werden?"

Hinter Erzbischof Migliore stellt sich auch der christdemokratische Politiker Rocco Buttiglione (UDC). Er präzisiert, die Kirche sage doch gar nicht, dass Homosexualität ein Verbrechen sei. Sie wende sich aber, so Buttiglione wörtlich, „gegen die Initiative einiger europäischer Staaten oder vielleicht auch der Brüsseler Bürokratie, für Homosexuelle einen Sonderstatus zu schaffen". An seiner kirchennahen Haltung zum Thema Homosexuelle war vor einigen Jahren Buttigliones Berufung in die EU-Kommission spektakulär gescheitert.