Erzbischof Zollitsch kritisiert geplante Boni für Bahn-Spitze

Unverständnis für Millionen-Boni

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, kritisiert die geplanten Boni für den Bahn-Vorstand. Für die Zahlung im Falle des Börsengangs gebe es in der Gesellschaft kein Verständnis, sagte er am Montag im SWR. In der vergangenen Woche waren Bonuszahlungen an die Vorstände der Deutschen Bahn für die Umsetzung des Börsengangs bekannt geworden.

 (DR)

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte die Bonuszahlungen und geplanten Gehaltserhöhungen für den Bahnvorstand. «Dies zeigt einmal mehr, dass der Bahnvorstand überhaupt kein Gespür für die Dinge hat, die die Öffentlichkeit bewegen», sagte Pro-Bahn-Chef Karl-Peter Naumann der «Berliner Zeitung». So werde über Millionenzulagen für die Konzernführung diskutiert, obwohl derzeit viele Reisende mit Behinderungen zu tun hätten.

Nach Medienberichten soll Bahnchef Hartmut Mehdorn nach dem Börsengang der Bahn-Tochter „DB Mobility Logistics" schon bei einem Verkaufserlös von 3,5 Milliarden Euro einen Bonus von 150.000 Euro bekommen. Die höchsten Sonderzahlungen sollen für einen Erlös von mehr als sieben Milliarden Euro vereinbart worden sein. Auch die Grundgehälter und Leistungsvergütungen der Bahn-Manager sollen nach einem Börsengang erhöht werden. „Die Vergütung liegt nach wie vor im unteren marktüblichen Bereich", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" Aufsichtsratskreise.

Tiefensee fordert Bonusverzicht
Im Streit um Bonuszahlungen hat Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) den Konzernvorstand am Wochenende zum Verzicht auf die Prämien aufgefordert. «Ich appelliere an den Vorstand der Bahn: Verzichten Sie auf den Bonus. Einvernehmen ist immer die beste Lösung», sagte Tiefensee an die Adresse von Bahnchef Hartmut Mehdorn der «Bild»-Zeitung.

Die Deutsche Bahn reagierte verärgert auf die öffentliche Kritik von Minister Tiefensee. «Der Vorstand geht davon aus, dass Vergütungsangelegenheiten nicht in der Öffentlichkeit, sondern im dafür aktienrechtlich zuständigen Aufsichtsrat zu besprechen und zu regeln sind», teilte die Deutsche Bahn am Montag mit. Der Vorstand sei über die jüngsten Äußerungen Tiefensees «enttäuscht und verwundert». Tiefensee habe trotz einiger Gespräche in den vergangenen Wochen, auch unter vier Augen, dieses Thema gegenüber dem DB-Vorstand zu keinem Zeitpunkt angesprochen.

Werner Müller, Aufsichtsratschef der Deutschen Bahn, hat die vereinbarten Bonuszahlungen für den achtköpfige Bahnvorstand beim Teilbörsengang der Transport- und Dienstleistungstochter dagegen verteidigt. "Hier zählt das Leistungsprinzip und sonst gar nichts", sagte Müller der "Süddeutschen Zeitung". "Für gute Arbeit beim Börsengang gibt es gutes Geld, für durchschnittliche Arbeit weniger und für schlechte Arbeit gar nichts."

Tiefensee unter Druck
Verkehrsminister Tiefensee räumte unterdessen ein, dass er die Boni nicht rückgängig machen könne. «Ich kann das nicht anordnen. Das Aktienrecht verbietet das», sagte er. Der Minister hatte erst am vergangenen Mittwoch seinen Staatssekretär Matthias von Randow entlassen, weil dieser die Boni am 24. Juni im Aufsichtsrat der Bahn mit abgesegnet hat, ihn aber erst Mitte September unterrichtete, als Änderungen nicht mehr möglich waren. Seither steht Tiefensee unter Druck, zumal er zunächst hatte verlauten lassen, erst vor ein bis zwei Wochen davon erfahren zu haben. FDP, Grüne und Linke fordern seinen Rücktritt. Auch in der großen Koalition schwindet inzwischen der Rückhalt.

Aus der Union kam erneut heftige Kritik. Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) forderte von Tiefensee eine rückhaltlose Aufklärung über die Kommunikationswege im Verkehrsressort. «Der Fall Tiefensee entwickelt sich zu einer Belastung für die Koalition», sagte er dem «Focus». Bahn-Aufsichtsratsmitglied Georg Brunnhuber (CDU) urteilte: «Es ist unmöglich, dass der Minister nichts gewusst hat.» CSU-Verkehrsexpertin Renate Blank verlangte den Rücktritt Tiefensees. Der Minister sei «beim Lügen erwischt worden».

Der Unions-Verkehrsexperte Dirk Fischer (CDU) sagte der «Welt am Sonntag»: «Hätte Tiefensee sein Ministerium ordentlich organisiert, hätte er früher von den Boni erfahren und rechtzeitig reagieren können.» Zugleich forderte Fischer eine Ablösung von Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen (CDU), kritisierte indes Mehdorn und warf ihm Stillosigkeit vor. Die Bahn erfülle einen öffentlichen Auftrag und sei daher «in besonderer Weise auf öffentliche Akzeptanz angewiesen».

Unterdessen stellte sich die SPD-Bundestagsfraktion hinter Tiefensee. «Wir unterstützen den Minister in seiner Forderung an den Vorstand und Aufsichtsrat der DB AG, auf die Bonuszahlungen zu verzichten», sagte Fraktionsvize Klaas Hübner in Berlin. Auch bezüglich der Entlassung seines Staatssekretärs habe Tiefensee den Rückhalt der Fraktion.