EU-Sondergipfel zum Kaukasus Konflikt demonstriert Geschlossenheit

Tiefe Besorgnis

Die Europäische Union hat Russland im Kaukasus-Konflikt zur Deeskalation aufgerufen und zugleich Georgien wirtschaftliche Hilfen in Aussicht gestellt. Der französische Präsident und amtierende EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy sprach am Montag zum Abschluss des Sondergipfels in Brüssel von einer "äußerst schweren Krise" in der Region und von "unverhältnismäßigen Reaktionen" Russlands. Auf Sanktionen der EU wurde indes verzichtet, um eine Gesprächsbereitschaft der Europäer zu signalisieren.

 (DR)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich zufrieden, dass eine Einigung der 27 Staats- und Regierungschefs in der Kaukasus-Frage gelungen sei. Dies müsse als «Signal der Einigkeit und Geschlossenheit» gewertet werden. Neben der «tiefen Besorgnis» über die angespannte Lage sei das Verhalten Russlands einmütig als völkerrechtswidrig verurteilt worden. Eine Lösung des Konflikts sollte nun auf Grundlage des Sechs-Punkte-Planes geschehen, wobei die territoriale Integrität Georgiens respektiert werden müsse.

Der von Sarkozy einberufene Sondergipfel hatte am frühen Nachmittag begonnen, um über den Fünf-Tage-Krieg in Georgien und seine Konsequenzen für die Europäische Union zu beraten. Radikale Forderungen wie nach Sanktionen oder einer grundlegenden Neubewertung des Verhältnisses der EU zu Russland konnten sich aber nicht durchsetzen. Selbst die umstrittenen Verhandlungen mit Moskau über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen sollen nicht ausgesetzt, sondern nur «verschoben» werden.

Kurz vor Beginn des Gipfels hatte Merkel zur Geschlossenheit der EU aufgerufen. Mit Blick auf die Zerstörungen in dem Kaukasusland und die rund 20 000 Kriegsflüchtlinge fügte sie hinzu, es gehe in Brüssel auch um Hilfen für den Wiederaufbau. Georgien wurde dafür eine Freihandelszone mit der EU in Aussicht gestellt. Zur Umsetzung rascher Hilfen verständigten sich die EU-Spitzen ferner auf eine internationale Geberkonferenz, die auch Abchasien und Südossetien einbeziehen soll.

Auf Vorschlag der französischen EU-Ratspräsidentschaft verurteilte der Gipfel die Anerkennung Abchasiens und Südossetiens durch Russland ebenso wie die völkerrechtswidrige Stationierung von Truppen im georgischen Kernland. Zugleich bot die EU an, Beobachter oder Truppen nach Georgien zu entsenden, um mögliche Fortschritte eines Friedensplanes abzusichern.

Sarkozy betonte, die Entscheidungen der EU seien «nicht gegen Russland gerichtet». Vielmehr müsse es darum gehen, völkerrechtliche Normen anzuerkennen und auf ihre Einhaltung zu dringen. Sarkozy kündigte an, er wolle bereits am 8. September zusammen mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sowie dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana erneut nach Moskau reisen. Dabei soll es um die Frage gehen, wie der Rückzug der russischen Truppen, der von der EU als ungenügend angesehen wird, umgesetzt werden kann.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, der EU-Sondergipfel sei sich einig gewesen, bei aller Klarheit zum russischen Vorgehen im Kaukasus auch zu sagen, dass eine Lösung des Konflikts ohne Moskau «nicht hinzukriegen» sei. Eine nächste Bewertung der Lage solle auf dem Oktober-Gipfel der EU schon mit Blick auf den EU-Russland-Rat vorgenommen werden, der für den 14. November in Nizza geplant ist.

Der letzte Sondergipfel der EU fand 2003 statt und befasste sich damals mit der Haltung zum Irak-Krieg. Sarkozy betonte, damals habe sich Europa uneins gezeigt und sei daher «ohnmächtig» gewesen. Heute indes sei die EU einig. Das eröffne auch einen Weg zum Dialog mit Russland.