G7-Außenminister verurteilen Moskau - Bahr und Kinkel warnen vor Eskalation

Neue Eiszeit

Die Außenminister der sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) haben das Vorgehen Russlands im Kaukasus verurteilt. Die Anerkennung der Unabhängigkeit der abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien verletze die Souveränität Georgiens und stehe im Widerspruch zu den Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats, heißt es in einer am Mittwochabend in Berlin verbreiteten Erklärung der Außenminister Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Japans, der USA und Großbritanniens.

Autor/in:
Manfred Rey
 (DR)

Zugleich bedauern die G7-Außenminister die «unverhältnismäßige militärische Gewaltanwendung» Russlands in Georgien und fordern den Rückzug der russischen Streitkräfte hinter die vor dem Konflikt bestehenden Linien.

Der Botschafter Russlands in Deutschland, Wladimir Kotenew, kritisierte derweil die Haltung von USA und NATO. Russland befürchte ein neues Aufrüsten Georgiens durch USA und NATO, sagte Kotenew am Mittwoch. Der Botschafter warf den USA vor, Kriegsschiffe, die humanitäre Hilfe nach Georgien liefern sollen, zum Teil mit Raketen zu bestücken, die Moskau oder St. Petersburg treffen könnten.

Kotenew versicherte zugleich: «Wir suchen keine Konfrontation.» Die Anerkennung Südossetiens und Abchasiens sei aber ein Schritt zu einem dauerhaften Frieden in der Region. Russland wolle damit das «Überleben» der Völker angesichts des «aggressiven, chauvinistischen Kurses von Tiflis» sichern.

Auch der SPD-Politiker Erhard Eppler kritisierte die USA. Die Vereinigten Staaten hätten noch nicht begriffen, dass auch andere Staaten Machtansprüche geltend machen können, sagte Eppler am Mittwoch. Russland sei wieder ein mächtiger Staat geworden. Damit sei die Periode der Weltpolitik, «in der die Vereinigten Staaten sich erlauben konnten, was sich sonst niemand erlaubt, zu Ende».

Zwar sei der Zeitpunkt der Anerkennung Abchasiens und Südossetiens falsch gewesen, auf Dauer hätte Russland aber nicht anders handeln können, sagte Eppler. Er habe die Entscheidung des Westens, die Unabhängigkeit des Kosovos anzuerkennen, für richtig gehalten. «Deshalb fällt es mir schwer, die russische Entscheidung anders zu bewerten.»

Eppler hält es für wahrscheinlich, dass die 180 US-Militärberater in Georgien und damit auch die Regierung in Washington von den Kriegsvorbereitungen des georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili wussten. «Das hätte man an denen vorbei nicht machen können», sagte er.

Diese Auffassung teilt auch der SPD-Politiker Egon Bahr, der zugleich vor hysterischen Reaktionen gegenüber Russland warnt. Der Nachschub für die deutschen und amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan gehe über Russland. Moskau sei für Regelungen mit dem Iran ebenso unentbehrlich wie für Regelungen mit Nordkorea. Zudem drohe eine Destabilisierung international vor allem durch die Unsicherheiten in Pakistan. «Zu allem werden wir Russland brauchen», mahnte der SPD-Politiker.

Der frühere Außenminister Klaus Kinkel (FDP) warnte ebenfalls vor einer Eskalation. Mit der Anerkennung Südossetiens und Abchasiens habe Russland «Demütigungen der Vergangenheit» zurückgezahlt. Die Europäer und die NATO müssten darauf «deutlich, klar und fest» reagieren, «aber durch Gespräche und nicht durch sich gegenseitig hochschaukelnde Beschlüsse».

Der ehemalige deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger sprach sich für eine Vermittlerrolle Europas in dem Konflikt aus. «Russland und die USA sind beide Partei», sagte er. Die Europäer hätten bislang versucht, die Gesprächskanäle offen zu halten.

Eine Vermittlerrolle Deutschlands in dem Konflikt lehnt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU) entschieden ab. Die sei «weder sinnvoll noch richtig», betonte er und fügte hinzu: «Entscheidend ist, dass die EU Russland geschlossen und mit Klarheit und Festigkeit gegenübertritt.» Deutschland sei Teil der EU und nicht Vermittler zwischen der EU und Russland.