Weltjugendtag von Sydney - "Propheten eines neuen Zeitalters" werden

Ein neues Pfingsten aus dem Land des Heiligen Geistes

Ein neues Pfingstwunder wünscht sich der Papst für die Kirche. Von der Altarbühne in Sydney hat er die Geistesgaben auf die Jugend aller Sprachen und Völker herabgefleht, auf das Meer von Fahnen aus Australien, Spanien, Korea, Libanon, Uganda, Chile.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Benedikt XVI. nimmt das Motto des Weltjugendtags beim Wort: «Ihr werdet den Heiligen Geist empfangen»; die Abschlussmesse feiert er als Firmgottesdienst, salbt 24 junge Katholiken zu mündigen Christen. Etwa 400.000 Menschen auf der Rennbahn von Randwick und den anliegenden Flächen sind Zeugen. An alle richtet sich der Appell des Papstes, im Namen Christi «Propheten dieses neuen Zeitalters, Boten seiner Liebe» zu sein. Sie sollen Kirche und Gesellschaft erneuern, den «geistlichen Wüsten» inmitten materiellen Wohlstands Einhalt bieten.

«Gottes Liebe kann ihre Kraft nur entfalten, wenn wir zulassen, dass sie uns von innen verändert», sagt der Papst. Denen, die zum Weltjugendtag gekommen sind, ist das nicht fremd. Während der vergangenen Woche sangen und sprachen mehr als 200.000 Pilger auf Straßen und Plätzen über ihren Glauben, beteten in den Kirchen der Metropole. An drei Vormittagen von Mittwoch bis Freitag hielten Bischöfe an 250 Orten der Stadt Katechesen über Wesen und Wirkung des Heiligen Geistes. Niemand brauchte sich zu schämen, wenn er unter den Augen von Passanten vor einem Beichtzelt im Hyde Park Schlange stand.

Kraft aus der Spiritualität suchen auch die katholischen Aborigines. Die Angehörigen der gerade mal zwei Prozent starken ethnischen Minderheit setzen auf den Papst als Anwalt ihrer kulturellen Identität. Am Donnerstag hießen sie Benedikt XVI. nach seinen drei Erholungstagen in Kenthurst in der Bucht von Sydney willkommen. In allen großen Gottesdiensten waren sie mit traditionellen Tänzen präsent. Der Papst seinerseits sprach ihr Schicksal gleich bei der offiziellen Begrüßung durch Premierminister Kevin Rudd offen an - und lobte die «mutige Entscheidung der australischen Regierung, die in der Vergangenheit begangenen Ungerechtigkeiten gegen die indigenen Völker anzuerkennen».

Auch Klimaschutz und Ökologie schienen immer wieder durch; mit dem Heiligen Geist, dem Motto des Weltjugendtags, verbinden Christen die Hoffnung auf eine erneuerte Schöpfung. Benedikt XVI. setzte das Thema schon auf dem Hinflug; bei seiner ersten Begegnung mit Jugendlichen im Hafen Barangaroo rief er sie zum Einsatz für Nachhaltigkeit auf. In der Durchführung des Großtreffens schlug sich der Appell des Papstes nicht unbedingt nieder: Unter Öko-Aspekten war der Kölner Weltjugendtag 2005 schon weiter.

Australische Medien schilderten das Treffen als junges Glaubensfest mit neu entdeckter Innerlichkeit und gesellschaftlichen Impulsen. Doch in die Berichte über den Papstbesuch schob sich teils beherrschend eine inneraustralische Diskussion, die mit dem Weltjugendtag nicht direkt zu tun hatte: Missbrauchs-Skandale in der Kirche. Ausgerechnet Sydneys Kardinal Pell war kurz zuvor ins Kreuzfeuer geraten, weil er 2003 einen Pädophilie-Fall offensichtlich sehr ungeschickt gehandhabt hatte.

Von Beginn des Papstbesuchs an stand die Erwartung im Raum, dass sich Benedikt XVI. als Kirchenoberhaupt formell entschuldigen werde. Dabei ging es nicht nur um eine menschliche Geste, sondern um juristische Haftung - und somit um Entschädigungsansprüche.

Schließlich bekannte der Papst in einer Messe mit Klerikern und Ordensleuten - also dem Ort, der sich am besten dafür anbot - seine Scham. Mit einem kurzfristig ins Skript eingefügten Satz bekräftigte er: «I'm deeply sorry - es tut mir sehr Leid.» Deuter rätselten, ob das nun die gesuchte Entschuldigung war oder nicht.

Die jungen Anhänger des Papstes beim Weltjugendtag erhitzten sich darüber wenig. «Natürlich ist es ein öffentliches Thema, also gibt es keinen Grund, nicht darüber zu reden», sagte Peter Zwaans, ein 27-jähriger Priesteramtskandidat, der an der Messe am Samstag teilgenommen hatte. Der Großteil der Jugendlichen nahm von der Debatte keine Notiz. Für die, die am Sonntag in Randwick um die Kraft des Geist beteten, ging es mehr um ihre Zukunft im Glauben als um alte Fehler der Kirche.