Kirche in Australien in schwieriger Situation

Hochburg des Säkularismus

Benedikt XVI. hatte kurz nach seiner Wahl zum Papst keinen allzu guten Eindruck vom Land "down under". Die großen Volkskirchen drohten auszusterben, dies sei ganz besonders in Australien der Fall, sagte er während einer Rede vor italienischen Priestern 2005. Auch in Europa sei dieser Trend festzustellen, weniger allerdings in den USA. Gut möglich, dass Australiens oberster Katholik, Kardinal George Pell, den Papst während des katholischen Weltjugendtags in Sydney vom 12. bis 21. Juli vom Gegenteil überzeugen will.

Autor/in:
Eva Schatz
 (DR)

Doch bis jetzt hält sich die Begeisterung vor Ort in Grenzen - und das gilt nicht nur für die Bewohner Sydneys, denen die Weltjugendtagsorganisatoren geraten haben, wegen des zu erwartenden Verkehrschaos am besten gar nicht vor die Tür zu gehen. Außerdem gibt es täglich neue Negativschlagzeilen und empörte Leserbriefe in den Medien. «Verschwendung von Steuergeldern» lautet der häufigste Vorwurf.

In der Tat fällt die Unterstützung der Regierung großzügig aus.
Während beim vergangenen Weltjugendtag in Köln rund 15 Prozent der Gesamtkosten aus öffentlichen Mitteln getragen wurden, kommt auf die australischen Steuerzahler einiges mehr zu: Allein der Beitrag des Staates New South Wales beläuft sich auf deutlich mehr als 100 Millionen Dollar, die australische Regierung steuert noch einmal 55 Millionen Dollar bei.

Regierungssprecher rechnen dafür mit Einnahmen von 150 Millionen Dollar für den Staat New South Wales, doch Belege gibt es dafür keine. Und Geld ist bei weitem nicht der einzige Streitpunkt: Seit 1.Juli sind verschärfte Sicherheitsbestimmungen in Kraft getreten, die Polizisten das Recht geben, Passanten zu durchsuchen und festzunehmen, sobald sie durch ihr Verhalten Pilger stören.
Anfänglich hieß es, dass sogar das Tragen von provokanten T-Shirts und das Verteilen von Kondomen in diese Kategorie falle - Bürgerrechtsaktivisten liefen Sturm.

Inzwischen ist die Landesregierung etwas zurückgerudert und versichert, dass die geplanten Protestaktionen von Lesben- und Schwulenorganisationen, Atheisten sowie den Opfern von sexuellem Missbrauch durch Priester ohne Einschränkung stattfinden sollen.

Angesichts dieser negativen Stimmung erscheint Australien tatsächlich als Hochburg des Säkularismus. Die Bevölkerungsstatistik von 2006 zeigt, dass der Anteil der Nichtgläubigen im Land stark zugenommen hat. Er liegt mittlerweile bei 19 Prozent, ebenso hoch wie der Anteil der anglikanischen Kirche.

Katholiken stellen mit 26 Prozent die größte Gruppe. Vor 100 Jahren sah die religiöse Landkarte Australiens noch ganz anders aus: Die Bevölkerung war hauptsächlich englischen Ursprungs und protestantisch. In diesem Erbe sieht der katholische Historiker Paul Collins auch den Grund für die oftmals harschen Angriffe gegenüber Katholiken. «Hier zeigt sich ein bösartiger anti-katholischer Charakterzug in unserer nationalen Psyche. Viele Menschen denken, es sei in Ordnung, auf Katholiken herumzutrampeln. Und da Katholiken in Australien ja keine unterdrückte Minderheit sind, machen sie gute Miene zum bösen Spiel.»

Seit dem zweiten Weltkrieg und der nachfolgenden Einwanderungspolitik ist die australische Gesellschaft wesentlich diversifizierter. Christen stellen nur noch einen Anteil von 64 Prozent dar. Wer außerdem die Forschungsergebnisse zur religiösen Einstellung von Australiens Jugend betrachtet, könnte dem Papst durchaus zustimmen.

Nach der Studie «The Spirit of Generation Y» (2003-2006) glauben nur noch knapp die Hälfte der Jahrgänge 1981 bis 1995 an Gott. Der Anteil der rein säkularen Jugend in Australien beträgt 28 Prozent.

Nur noch knapp jeder Zehnte ist davon überzeugt, dass es eine einzige, wahre Religion gibt. Kardinal Pell zog das Fazit, diese Tendenz gehe über Toleranz und Ökumene hinaus und hin zu Durcheinander. Er erhofft sich vom Weltjugendtag nicht nur ein allgemeines Erstarken im Glauben, sondern auch einen messbaren Anstieg bei der Zahl der Priesterseminaristen. Denn Priestermangel ist eines der drängendsten Probleme der katholischen Kirche in Australien.

Doch der Weltjugendtag wird nach Ansicht von Paul Collins kaum etwas dagegen ausrichten können. Collins glaubt nicht, dass Religiosität in Australien keinen Platz mehr habe. «Australier denken einfach, sie seien nicht religiös, weil sie annehmen, dass man sich dazu wie die Katholiken in den USA verhalten müsse.» Welchen Eindruck Papst Benedikt von den australischen Katholiken gewinnt, wird sich zeigen.