Europaparlament billigt umstrittene Abschiebe-Richtlinie

Festung Europa

Das Europaparlament hat die umstrittene EU-Abschiebe-Richtlinie gebilligt. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Straßburg einem mit dem EU-Ministerrat ausgehandelten Kompromissvorschlag zu. Damit kann die Richtlinie rasch in Kraft treten. Die Neuregelung sieht unter anderem Höchstgrenzen für die Dauer von Abschiebehaft vor. Sie soll in der Regel sechs Monate nicht überschreiten, kann in bestimmten Fällen aber bis auf 18 Monate ausgedehnt werden.

 (DR)

Im Grundsatz soll von Abschiebung bedrohten Ausländern aber die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise gegeben werden. Unter bestimmten Umständen kann für Ausländer ohne gültige Papiere mit der Abschiebung ein Wiedereinreiseverbot für die EU von bis zu fünf Jahren Dauer verhängt werden. Derzeit gibt es in sieben EU-Staaten keine Höchstgrenzen für Abschiebehaft. Dazu zählen unter anderem Großbritannien, Schweden und die Niederlande.

Am Dienstag hatten EU-Ministerrat, EU-Kommission und Europaparlaments-Berichterstatter Manfred Weber (CSU) die Neuregelung gegen Kritiker verteidigt. EU-Innenkommissar Jacques Barrot sagte, die neuen Normen verpflichteten die EU-Staaten, bei Abschiebungen die Europäische Menschenrechtskonvention zu achten.

Besonders die Rechte von Kindern würden gestärkt. Weber betonte, erstmals würden der Zugang zum Gesundheitswesen und für Minderjährige zu Bildung gewährleistet. Europaabgeordnete der Linken, der Grünen und der Sozialisten verurteilten die Neuregelung dagegen als Beitrag zum Aufbau einer «Festung Europa».

Kirchen, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen hatten das Vorhaben ebenfalls kritisiert. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der französischen Tageszeitung «La Croix» sagte der Sekretär des Päpstlichen Migrantenrates, Erzbischof Agostino Marchetto, Einwanderer dürften nicht kriminalisiert werden, weil sie Einwanderer seien. Es dürfe keine Haft für Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften geben.

Die Neuregelung war über Jahre bei den EU-Innenministern umstritten.
Sie stimmten bereits zu Monatsanfang dem mit Vertretern des Europaparlaments gefundenen Kompromiss zu, den das Parlamentsplenum jetzt billigte.