US-Zeitungen zu Papstbesuch

Klare Botschaft - wenig Glamour

Die US-amerikanischen Medien widmen dem Besuch von Papst Benedikt XVI. auch am Donnerstag (Ortszeit) großen Raum - trotz anderer Topthemen wie dem Duell der demokratischen Präsidentschaftsbewerber und der Bestätigung des Obersten Gerichtshofs, dass die Todesspritze verfassungsgemäß sei. Die "Washington Post" titelt auf der ersten Seite: "Pontifex ruft nach breit angelegten Heilmitteln" und berichtet von einem effektiven ersten Tag des Kirchenoberhaupts in der US-Hauptstadt. Das Blatt bilanziert, der Papst habe eine ausgewogene Botschaft der Bewunderung für die Vielfalt und Freiheit der amerikanischen Gesellschaft im Gepäck gehabt. Zugleich habe er mit Kritik an ihren Fehlern nicht gespart.

 (DR)

Als sympathisch porträtiert der politische Kommentator der Hauptstadt-Zeitung, Dana Milbank, den Papst. Bei seinem Besuch im Weißen Haus sei Benedikt «offensichtlich auf ein bisschen Chaos eingestellt gewesen». Der Autor lobt die taktvolle Kritik, die der Papst seinem Gastgeber George W. Bush, entgegengebracht habe. Etwas spöttisch bemerkt Milbank, dass Bush den deutlichen Ruf Benedikts nach mehr Frieden und «mehr Diplomatie bei der Lösung internationaler Konflikte» prompt mit einer Darbietung des Armeechors auf dem Südrasen des Weißen Hauses beantworten ließ.

Die Zeitung «Boston Globe» notiert anerkennend, dass der Papst «sich unmittelbar den schwierigen Themen widmete» und die Herausforderungen des katholischen Glaubens in den Vereinigten Staaten umfassend angegangen sei. Er habe deutlich vor den «Gefahren des Säkularismus» gewarnt, schreibt das Blatt. Es hob hervor, dass der Papst sich wie am Tag seiner Anreise erneut gründlich mit dem Thema der Missbrauchsskandale befasst habe.

Dass Benedikts Besuch mehr von ernsten Worten und weniger von Glamour dominiert wird, vermerkt die «New York Times». Dem Papstauftritt fehle «das Euphorische und das Dramatische der USA-Besuche Johannes Paul II.» Dass Benedikt den Missbrauchsskandal bereits während des Fluges von Rom nach Washington angesprochen habe, sei ein Beweis seines «pastoralen Stils», schreibt das Blatt. Der heutige Papst sei nun einmal kein Mann der Massen. Das mache es den US-Fernsehkommentatoren schwer, den Menschen hinter dem Amt vorzustellen.

Auch der «Philadelphia Inquirer» stimmt seine Leser auf die im Vergleich zu seinem Vorgänger weniger fulminante Persönlichkeit des Papstes ein. Ein Ereignis wie die Messe am Donnerstag als ersten Auftritt vor der breiten US-Öffentlichkeit hätte Johannes Paul II.
«mit Leichtigkeit» gehandhabt. Doch, meint das Blatt weiter:
«Benedikts Substanz ist die Gleiche. Nur sein Stil und seine Persönlichkeit sind eben anders.»