US-Marine schießt außer Kontrolle geratenen Spionagesatelliten ab

Satellit "torkelte" durchs All

Die US-Marine hat am Donnerstagmorgen deutscher Zeit einen außer Kontrolle geratenen eigenen Spionagesatelliten abgeschossen. Dies habe das Verteidigungsministerium in Washington bestätigt, berichtete der
Nachrichtensender CNN. Dr. Oliver Montenbruck vom "Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt" gibt im domradio-Interview eine Einschätzungen über die Risiken des Manövers.

 (DR)

Nach dem Abschuss wurde der knapp 2,3 Tonnen schwere Satellit mit einer SM-3-Rakete in rund 240 Kilometern Höhe zerstört, die von einem Kriegsschiff im Nordpazifik nahe Hawaii abgefeuert worden war. Damit wollte man verhindern, dass die beim Eintritt in die dichten Schichten der Atmosphäre nicht verglühenden Reste des Satelliten mit einer Masse von rund 1130 Kilogramm, darunter 450 Kilogramm hochgiftigen Hydrazin-Treibstoffs, unkontrolliert auf die Erde fallen und zu einer Gefahr für den Menschen werden. Damit dieser Treibstoff für den menschen wirklich eine Gefahr darstellt, müsse man schon direkt damit in Kontakt kommen. "Es ist kein Giftgas, dass sich ewig weit ausbreitet und in großen Räumen schäden anrichten kann", erklärt Dr. Oliver Montenbruck im domradio-Interview.

Der Raumflugkörper, der offenbar der Fotoaufklärung diente, war am 14. Dezeber 2006 von der Air Force Base in Vandenberg in Kalifornien gestartet worden. Kurze Zeit später brach die Verbindung zu ihm ab, und er torkelte unkontrolliert durchs All. US-Präsident George W. Bush erteilte daraufhin den Befehl zum Abschluss, wie der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater James Jeffries in der vergangenen Woche mitteilte.

Dieser Abschuss könne als sicheres Manöver eingestuft werden, sagt Montenbruck. "Alle übrig gebliebenen Teile des Satelliten werden innerhalb des nächsten Monats verglühen, sodass eine Selbstreinigung der Umlaufbahn stattfindet", so Montenbruck weiter. "Ich denke, dass es eine sinnvolle Entscheidung war, die dazu beigetragen hat, potenzielle Risiken zu vermeiden." Grundsätzlich sei die Gefahr, dass der Flugkörper, im Falle eines natürlichen Eintritts in die Erdatmosphäre, "unkontrolliert fragmentiere". "Das heisst, dass dadurch mehr Teile den Boden erreicht hätten, als wenn man ihn im Orbit zerstört."

In Russland hatte die Ankündigung ein geteiltes Echo ausgelöst. Das Moskauer Verteidigungsministerium zeigte sich besorgt. Es warf den USA vor, unter dem Vorwand der Zerstörung des Satelliten eine neue Art strategischer Waffen testen zu wollen. Der Chef der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, Anatoli Perminow, bezeichnete die Abschussentscheidung hingegen als "richtig". Er betonte: "Wenn ein Satellit nicht mehr steuerbar ist, können seine Trümmer überall herunterfallen." Deshalb sei es notwendig, ihn so früh wie möglich vom Himmel zu holen, stellte der General fest, der vor seiner Roskosmoszeit Chef der russischen Weltraumstreitkräfte war.