Erdogan: "Keine Alternative" zur Vollmitgliedschaft - Premier wirft CSU-Chef Huber Unkenntnis vor

Streit um EU-Beitritt der Türkei

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz eindringlich für den Beitritt seines Landes in die Europäische Union geworben und damit einen offenen Streit mit deutschen Unionspolitikern entfacht. "Wir wissen, wo wir hin wollen und das ist die Vollmitgliedschaft", sagte Erdogan am Samstag in seiner sehr selbstbewusst vorgetragenen Rede. Den Vorschlag von CDU und CSU für eine "privilegierte Partnerschaft" zwischen der Türkei und der EU wies Erdogan als unfair zurück.

Autor/in:
Ulrich Meyer
 (DR)

CSU-Chef Erwin Huber erwiderte, seine Bedenken gegen eine EU-Vollmitgliedschaft seien keine Diskriminierung der Türkei. Die Integrationsfähigkeit der EU sei aber begrenzt. Deshalb werbe er weiter für eine "privilegierte Partnerschaft". Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok sagte, die politischen Kriterien für einen Beitritt seien bislang keineswegs erfüllt. Als Beispiel nannte er die Aufhebung des Kopftuchverbots an türkischen Universitäten.

Erdogan sagte, ihm gefalle der Begriff "privilegierte Partnerschaft" überhaupt nicht. Zu einer Vollmitgliedschaft gebe es "keine Alternative". Die Türkei sei bei der Erfüllung der Beitrittskriterien gut vorangekommen. Er warf Huber Unkenntnis der tatsächlichen Situation in der Türkei vor. Es gebe keine Probleme bei der Integration in die EU. "Jeder weiß das", sagte Erdogan. Und wer es noch nicht wisse, sei wohl nie in der Türkei gewesen.

Zugleich warnte der türkische Premier davor, den Islam als Argument gegen einen Beitritt zu missbrauchen. Die EU sei doch kein "Christenclub". Der Islam stehe für "Frieden und Toleranz gegenüber Andersgläubigen". Wer den Islam mit etwas anderem assoziiere, "kennt den Islam nicht".

Erdogan stellte in seiner Rede auch die strategische Bedeutung seines Landes heraus. Schon jetzt führe die viertgrößte Energie-Importroute der EU durch die Türkei. Ihre Funktion als "Energiekorridor" verdreifache die Bedeutung der Türkei. Er vertrete zudem ein "Schlüsselland" im Zentrum einer kriegsgeschüttelten Region. Erdogan forderte die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz auf, die Bewerbung der Türkei um einen der nichtständigen Sitze im UN-Sicherheitsrat zu unterstützen.

Der türkische Premier kritisierte zugleich das Verhalten einiger europäischer Staaten gegenüber der kurdischen Terrororganisation PKK und ihren Tarnorganisationen. Selbst per Interpol gesuchte Terroristen würden nicht an die Türkei ausgeliefert, sondern frei gelassen. "Das verstehen wir nicht", sagte Erdogan. Die PKK finanziere sich über Menschenschmuggel und Drogenhandel. Insofern schadeten zögerliche Länder ihrer eigenen Jugend. Er kündigte an, die Türkei werde ihre militärischen Operationen gegen die PKK im benachbarten Nordirak fortsetzen, bis diese Bedrohung für ihre Bürger beseitigt sei.