Kardinal Pizzaballa spürt in Gaza Wunsch nach "normalem Leben"

Katholische Gemeinde in Gaza

"Die Menschen im Gazastreifen sind hungrig nach Leben", glaubt der lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa. Am Wochenende hat er die Gemeinde besucht und mit ihnen eine Weihnachtsmesse gefeiert.

Pierbattista Pizzaballa bei einem Besuch im Gazastreifen im Juli 2025 / © Latin Patriarchate of Jerusalem (KNA)
Pierbattista Pizzaballa bei einem Besuch im Gazastreifen im Juli 2025 / © Latin Patriarchate of Jerusalem ( KNA )

Im Heiligen Land ist es nach den Worten des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, an der Zeit, nach vorne zu schauen. Bei seinem jüngsten Besuch im Gazastreifen habe er eines sehr stark gespürt: den "Wunsch, nach zwei Jahren Krieg wieder zum normalen Leben zurückzukehren", sagte der italienische Ordensmann am Montag vor Medienvertretern. Pizzaballa hatte am Wochenende Gaza und die dortige katholische Gemeinde besucht.

Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Debbie Hill/OSV news (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Debbie Hill/OSV news ( KNA )

"Bis jetzt befanden sie sich alle in einer Art Überlebensmodus. Jetzt kommen all die Fragen, vielleicht auch die Müdigkeit dieser zwei Jahre, zum Vorschein, und die Fragen über die Zukunft sind da", sagte Pizzaballa über seine Gemeinde in Gaza. Auf dem Gelände der Pfarrei leben demnach weiterhin rund 400 Christen. Die Zahl der Christen insgesamt sei von 1.017 vor dem Krieg auf "etwas unter 600" gesunken. Er befürchte, dass die Zahl in Zukunft viel geringer sein werde als jetzt, so Pizzaballa. Die Versuchung, abzuwandern, bleibe bestehen.

Optimistischere Atmosphäre

Es sei nicht zu bestreiten, dass der Konflikt und die Probleme weiterhin bestünden. So lebten viele Menschen weiterhin unter elenden Bedingungen in Zelten, die Schulen seien wie die Krankenhäuser größtenteils geschlossen und die Lage sei weiterhin katastrophal. Jedoch herrsche in Gaza eine andere Atmosphäre als bei seinem letzten Besuch vor sechs Monaten. Trotz all der Schwierigkeiten und der katastrophalen Situation sei der Wunsch spürbar, zum Leben zurückzukehren, so Pizzaballa.

Die Sehnsucht nach Normalität äußerte sich nach seinen Worten unter anderem darin, dass Restaurants und Geschäfte langsam wieder öffneten und Universitäten den Betrieb wieder aufnähmen, wenn auch "unter extrem prekären Bedingungen". Die Lebensmittelversorgung in Gaza hat sich laut Pizzaballa entspannt. Es gebe weiterhin Armut, aber keine Hungersnot mehr. Bei der humanitären Hilfe liege die Priorität aktuell auf der Bereitstellung von Medikamenten und medizinischer Ausrüstung.

Nicht nur kritisieren, sondern handeln

Angesichts der "äußerst schmerzhaften" Lage im von Israel besetzten Westjordanland, anhaltender Gewalt israelischer Siedler, einer Fragmentierung der israelischen Gesellschaft und einer insgesamt problematischen politischen Lage sei es schwierig, von Hoffnung zu sprechen. "Aber an Weihnachten feiern wir die Bedeutung der Hoffnung für uns", so der Kardinal.

Wie Jesus in die Geschichte eingetreten sei, ohne darauf zu warten, dass sie perfekt sei, müsse man auch heute in die existierende Realität eintreten und handeln, um sie zu verbessern. "In dieser Realität dürfen wir uns nicht darauf beschränken, Missstände anzuprangern und Schuld zuzuweisen." Es gelte vielmehr, "so viel wie möglich zum Wiederaufbau beizutragen, insbesondere an den am stärksten verwundeten Orten wie Gaza".

Lateinisches Patriarchat von Jerusalem

Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem betreut die römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Seine Jurisdiktion erstreckt sich über das Staatsgebiet von Israel, Jordanien, Zypern und die Palästinensischen Gebiete. Die Ursprünge des Patriarchats liegen in der Zeit der Kreuzfahrer, die sich als "Lateiner" bezeichneten. Es erlosch jedoch mit dem Fall Akkos 1291. Im Jahr 1847 belebte Papst Pius IX. das Patriarchat neu.

Blick auf Jerusalem / © Kyrylo Glivin (shutterstock)
Quelle:
KNA