Ursprünglich lagen die Päckchen nicht unter dem Weihnachtsbaum, sondern kamen am Nikolaustag, benannt nach dem Bischof Nikolaus aus der Stadt Myra im antiken Lykien. "Der Legende nach hat dieser heilige Nikolaus Kinder beschenkt. Das taten die Menschen dann auch, sagt Reinbold.
Vom Nikolaus zum Christkind
Mit der Reformation im 16. Jahrhundert veränderte sich diese Tradition. "Evangelische Christen lehnten die Verehrung von Heiligen
ab. Aber man konnte und wollte den Leuten natürlich das Schenken nicht verbieten", sagt der Theologe. Also wanderte der Termin der Geschenke allmählich auf das Weihnachtsfest. An die Stelle des Bischofs trat das Christkind: eine zarte Figur, die an das Kind in der Krippe erinnert.
In manchen Ländern gibt es auch am Dreikönigstag Geschenke - passend zu den drei "Königen" beziehungsweise "Weisen" aus dem Morgenland, die das neugeborene Jesuskind mit Gold, Weihrauch und Myrrhe beschenken. Später kommt in vielen Ländern der Weihnachtsmann dazu, eine Mischung aus Nikolaus, Märchengestalt und Werbefigur.
Schenken in anderen Religionen
Menschen beschenken sich jedoch schon viel länger, als sie Weihnachten feiern, sagt Reinbold: "Das Schenken ist offenbar tief in
der menschlichen DNA verankert. Alle Kulturen und Religionen kennen es, schon seit ältester Zeit." Wer Beute oder Wissen hatte, gab davon etwas ab. Wer heiratete, wurde beschenkt. Wer Gäste hatte, verteilte Gastgeschenke. Damals wie heute stärken Geschenke menschliche Beziehungen.
Auch in anderen Religionen spielen Geschenkbräuche eine zentrale Rolle: Jüdinnen und Juden schicken zu Purim üppige Essenspakete und zum Lichterfest schimmernde Schokoladentaler. Muslime verteilen zum Fest des Fastenbrechens nach dem Ramadan und zum Opferfest Geldscheine und Süßigkeiten an Kinder. Hindus schenken zu Diwali leuchtende Lampen, Süßigkeiten oder kleine Goldmünzen. "In vielen Religionen zeigt sich eine ähnliche Idee: Wer empfängt, soll Gott oder den Göttern danken und seinerseits schenken", sagt Reinbold.